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Während manche Clubbetreiber es kaum erwarten können und guter Dinge sind, rechnen andere bereits mit erneuten Lockdowns im Herbst und fürchten, bald wieder schließen zu müssen.

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Mit ganz wenigen Abstrichen ist ab Donnerstag, 00.00 Uhr, in Österreich Feiern wie früher wieder möglich. Die Clubs dürfen in ihrer vollen Pracht eröffnen: ohne Abstandsregeln, ohne Masken. Die Gäste sollen tanzen, schwitzen und im legalen Rahmen "alles, was Spaß macht" (Sebastian Kurz, ÖVP), tun.

Apropos legaler Rahmen: Die Bundesverordnung vom 28.6.2021 sieht vor, dass nur Getesteten, Geimpften und Genesenen der Zutritt gewährt wird. Die Lokale müssen das am Eingang kontrollieren. Bis 22. Juli besteht auch eine Registrierungspflicht, außerdem dürfen die Clubs nur zu 75 Prozent ausgelastet sein (eine hundertprozentige Auslastung ist auch jetzt bereits möglich, erfordert aber bürokratischen Aufwand). Darüber hinaus steht Clubs im Sinne des Hausrechts zu, Zugangsregeln zu verschärfen.

In Moment ist Wien das einzige Bundesland, das der Bundesverordnung, die quasi das Mindestmaß an Regeln vorgibt, weitere Einschränkungen hinzufügt: Zwar gilt auch in Wien die Drei-G-Regelung, allerdings werden bei den Antigentests nur noch solche akzeptiert, die unter Aufsicht, zum Beispiel in einer Teststraße oder Apotheke, durchgeführt worden sind. Auch die Registrierungspflicht wird über 22. Juli hinaus bestehen bleiben.

DER STANDARD hat in die Runde gefragt, wie die Stimmung ob der Öffnungen bei den Betreibern ist und was die Besucher erwartet.

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Tobias Grubinger vom Sodaclub, Salzburg

"Eine alte Dame, was Clubjahre angeht" nennt Tobias Grubinger den kompakten Sodaclub in Salzburg. Seit 2007 gibt es ihn bereits, es handelt sich um einen Familienbetrieb. Grubinger junior übernahm 2015 die Programmierung zwischen House und Techno. Corona war die herausforderndste Zeit in der Geschichte des Clubs, zum Glück sind die staatlichen Hilfen gut angekommen, erzählt er.

Außerdem hatte man endlich Zeit, den Schuppen auf Vordermann zu bringen. Vorigen Sommer wurde wie bei vielen Clubs auf Barbetrieb umgestellt; Stehtische wurden gekauft und mit begrenzter Besucherzahl geöffnet. Auch wenn das nicht dem klassischen Clubbetrieb entsprach, wurde das Angebot gut angenommen.

Sieht er dem richtigen Aufsperren positiv entgegen? "Die Freude überwiegt, natürlich könnte es mit steigenden Zahlen im Herbst und Winter zu Einschnitten kommen. Dann sind wir wieder die Ersten, die zumachen müssen. Damit rechnen wir schon", sagt Grubinger. Neugestartet wird wie fast überall mit Resident DJs, also lokalen Talenten, die den jeweiligen Clubs verbunden sind und gut beim Stammpublikum ankommen. Internationale Acts sind aktuell aufgrund der Reisebestimmungen ohnehin kaum zu bekommen.

Eröffnungsprogramm: Das DJ-Duo Unknowns verlegt am Donnerstag Deep House und Techno.

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Sebastian Schatz vom Sass, Wien

Auch unter den Clubs gibt es Streber. Zu ihnen gehört das Wiener Sass. Dort wurde eine Lüftung installiert, die alle drei Minuten die gesamte Raumluft umwälzt. "Viel sicherer als bei uns wird es nicht. Wir haben eine Luftqualität wie in einem OP-Saal." Wieder am offenen Musikherzen operieren zu dürfen, darauf freut man sich in dem kleinen Club im ersten Bezirk, wenn auch etwas verhalten. Seit 14 Jahren gibt es das Sass, das sich durch qualitative Booking im Elektronikbereich, moderate Preise und ein diverses Publikum auszeichnet.

"Wir rechnen damit, dass wir im Herbst oder Winter wieder gelockdownt werden." Denn die Lockerungen bezüglich der Masken im Handel und den Öffis gefallen Sebastian Schatz gar nicht. "So desensibilisiert man die Menschen, sie werden sich automatisch weniger testen lassen. Wir Nachtgastronomen spüren dann aber wieder als Erste die Konsequenzen: Sobald die Zahlen in die Höhe gehen, müssen wir zusperren."

Von der Politik wünscht er sich, dass die "super Testmöglichkeiten, die ,Alles gurgelt‘-PCR-Test-Aktion gratis weitergeführt und mehr für das Impfen der Jungen kampagnisiert wird".

Eröffnungsprogramm: Von Donnerstag bis Sonntag wird im Sass mit lokalen Größen wie Gerald VDH oder Therese Terror quasi durchgefeiert.

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Manuel Leimer vom Club Spielplatz, Linz

Im Club Spielplatz, einer mittelgroßen Location in Linz, die es seit 2016 gibt, sind die Lounges fürs Eröffnungswochenende schon ausreserviert. Darüber könnte sich Manuel Leimer freuen, aber die Sorge überwiegt. Er hält die Öffnungen für nicht ausreichend durchdacht, die Durchimpfung der Jungen für nicht weit genug vorangeschritten.

Dass nun wieder so viele Menschen ohne Maske und Beschränkungen zusammenkommen dürfen, ist eine Situation, die es seit Corona so noch nicht gab, sagt er. Nicht nur um die Gesundheit der Gäste, auch um seine eigene und die seines Teams ist er besorgt. "Mein erster Impftermin ist erst in zwei Wochen, viele aus dem Personal, die um die 20 Jahre alt sind, sind auch noch nicht geimpft. Wir müssen aber jedes Wochenende da drinstehen. Natürlich testen wir, sicher fühlt man sich aber nicht."

Für die ersten drei Wochen, in denen die Auslastung bei 75 Prozent liegen darf und die Gäste sich registrieren müssen, zieht er extra zusätzliches Personal für den Eingang hinzu, damit es sich dort nicht staut. "Wir werden die Richtlinien ganz genau befolgen, alles kontrollieren. Trotzdem kann ich nur hoffen, dass niemand mit einer Delta-Variante bei uns reinkommt."

Eröffnungsprogramm: Am Freitag wird unter dem Motto "Der erste Rave" zu Techno getanzt, am Samstag folgt "This is Hip Hop".

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Thomas Eller vom Flex, Wien

Seit der Gründung des Ur-Flex in Meidling anno 1990 ist Thomas Eller im Dienst. Der Mann hat viel gesehen und erlebt. Die Frage, ob Corona die härteste Zeit fürs Flex war, kostet ihn nur ein müdes Lächeln. "Das Flex hatte immer eine harte Zeit. Es gab ständig Menschen, die es abschaffen wollten, egal ob es ein Beamter, Anrainer oder irgendein rechtsdralliger Typ war."

Eller freut sich, wieder aufsperren zu können. Päpstlicher als der Papst werde er dabei sicher nicht vorgehen. Freilich hält man sich an die vorgegebenen Maßnahmen. Sie im Sinne des Hausrechts zu verschärfen, wie manch anderer Club andenkt, kommt für ihn nicht infrage. Hat er Angst, dass im Herbst der nächste Lockdown bevorsteht? "Nein, wo soll das Problem sein? Wenn die Fakten, die jetzt auf dem Tisch liegen, stimmen, nämlich dass die Zweifachimpfung gegen Delta wirkt, dann wird’s eine flache Welle mit wenig Hospitalisierungen und Intensivpatienten geben, und die Sache ist gegessen." Die "Medienpanik", wie er sagt, vergälle ihm nur die Freude am Aufsperren. Wird es in Zukunft anders sein als früher? Eller kommt ins Philosophieren frei nach Heraklit: "Man steigt nie in denselben Donaukanal, man trinkt nie dasselbe Wieselburger."

Eröffnungsprogramm: Ein vier Tage langes Freudenfest im Garten, auf der Terrasse und im Club mit ungefähr 60 heimischen DJs steht an.

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Frederik Lordick vom Dachsbau, Innsbruck

Im Dachsbau, einem süßen Kellerclub in Innsbruck, herrscht große Freude, wieder ohne Einschränkungen feiern zu können. 2016 wurde der Club von Mitbewohnern gegründet – mit Fokus auf alternative Hip-Hop-Spielarten und progressive elektronische Musik. Auch Konzerte für kleine bis mittelgroße Bands wurden veranstaltet.

Das erste Jahr war schwierig, der schlechte Ruf des vorigen Betreibers der Location lastete schwer auf den Schulder der Club-WG. 2019 lief es endlich richtig gut, der Club war immer bummvoll. Dann kam Corona. "Wir begannen sofort mit kleinen Umbauarbeiten. Nach zwei Wochen starteten wir mit dem Streaming von Liveauftritten, wir wollten uns von der Krise nicht lähmen lassen. Das hat sich voll ausgezahlt." Neben einer Late-Night-Show, einer Kochshow und einem Skate-Contest wurden neue Formate entwickelt, der Club zum TV-Studio umgebaut. So entstand ein neues Businessmodell, erste Kundenaufträge im Bereich Streaming trudelten herein. Unerwartet, aber gut.

Wünsche? "Dass man mehr Freiflächen aktiviert. Auch die Stadt hat durch die Pandemie verstanden, dass Leute draußen veranstalten wollen."

Eröffnungsprogramm: Die Familie ist zurück: So begehen die vielen Resident DJs des Dachsbau den Donnerstag, Freitag gibt es dann basslastige Popowackelmusik von der Hamburger DJ Mell G. (Amira Ben Saoud, 30.6.2021)