Eigene Uhr, eigener Ausstatter und dazu die offizielle Uniform von Armani. Italiens Fußball-Teamchef Roberto Mancini kann guten Gewissens als der Influencer der internationalen Trainerriege bezeichnet werden. Wenn der 56-Jährige am Spielfeldrand steht, sitzt das Outfit wie eine Eins: schneeweißes Hemd, dunkle Krawatte, blank polierte Lederschuhe. Die Haare, die Mancini nicht erst seit den Lockdowns über den Kragen fallen, komplettieren sozusagen den Italo-Schmäh: Erinnert er nicht an den "Isch ’abe gar kein Auto"-Angelo aus der Nescafé-Werbung der Neunziger?

Kurz und gut: Was bei manchem Kollegen nach Verkleidung aussieht, wirkt bei Roberto Mancini wie eine geschmeidigen Fingerübung. Selbst wenn unter dem linken Hemdsärmel die nach ihm benannte RM 11-04, ein protziges Uhrenmodell der Marke Richard Mille, hervorlugt. Mancinis Modeverständnis beschränkt sich allerdings nicht auf den Rasen. Der Mann ist Profi und kennt seinen Wert.

Schneeweißes Hemd, dunkle Krawatte, blank polierte Lederschuhe: Roberto Mancini ist der italienische Influencer am Spielfeldrand.
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In Magazinen wird der Trainer nur noch in Polohemden und Hosen der italienischen Marke Paul & Shark abgebildet, Mancini ist jetzt Botschafter des Unternehmens. Als einer der wenigen seiner Zunft hat er einen Instagram-Account mit erwähnenswerten 682.000 Abonnenten. Wie ein echter Influencer listet er hier seine Tätigkeiten als Mode-Testimonial auf.

Das modische Verständnis des Italieners blieb nicht unbemerkt. "Bel Ragazzo" schwärmte die FAZ unlängst, und die deutsche Tennisspielerin Andrea Petkovic twitterte, der Italiener wirke wie ein Prada-Model. Stimmte nicht ganz, Mancini trägt rund um die EM selbstverständlich Emporio Armani. Dennoch kann am Spielfeldrand kaum wer mithalten mit dem 56-Jährigen. Bei Roberto Martínez, dem spanischen Trainer der Belgier, wirken Hemd und Krawatte förmlich und zugeknöpft.

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Zugeknöpft: Roberto Martínez in Hemd und Krawatte.
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Selbst das geöffnete Hemd des Jogi Löw, der als der badische Beau in Dunkelblau (zuletzt in van Laack statt Strenesse) galt, wirkte in seinen letzten Zügen, nunja, bemüht.

Zuletzt wirkte das geöffnete Hemd des Jogi Löw bemüht.
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Dann doch eher Vladimir Petković. Der Mann, der seit sieben Jahren die Schweizer trainiert und die rote Krawatte zu seinem Markenzeichen erklärt hat, gilt immerhin als der George Clooney unter den Fußballtrainern. Dabei darf vermutet werden, dass die Schweizer Mannschaft eitler ist als ihr Trainer: Die "Nati" ließ während der Vorrunde einen Friseur einfliegen, der einigen Spielern die Haare blondierte.

Markenzeichen rote Krawatte: Vladimir Petković trainiert die Schweizer.
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Zugegebenermaßen kann dem Italiener Mancini nur einer am Spielfeldrand das Wasser reichen: Gareth Southgate. Der englische Trainer machte während der WM 2018 die Westen des Ausstatters Marks & Spencer zum Verkaufsschlager: Deren Absatz stieg angeblich um saftige 35 Prozent. Damals kokettierte Southgate mit seiner Rolle als Influencer: Er kenne seine Stärken und wisse, dass er kein David Beckham sei.

Gareth Southgate hat seine Weste abgelegt, trägt dafür jetzt neben Anzügen des Ausstatters Marks & Spencer das junge Londoner Label Percival.
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Mittlerweile scheint sich Southgate mit seinem Schicksal abgefunden zu haben. Zur EM jedenfalls hat er sich was Neues einfallen lassen. Den Dreiteiler, mit dem er sich vor seinem Großvater, der bei der Royal Navy war, verbeugte, hat er abgelegt – glücklicherweise! Stattdessen trägt Gareth Southgate jetzt nicht mehr nur Anzüge von Marks & Spencer, sondern auch schlichte gestrickte Poloshirts des jungen Londoner Labels Percival.

Das zeugt von Selbst- wie Stilbewusstsein. Nur eine Frage bleibt: Ist der Trainer dabei, wenn seine Mannschaft ihre Wette mit Phil Foden einlöst? Im Falle eines EM-Titels färben sich die Three Lions die Haare wasserstoffblond. (Anne Feldkamp, 1.7.2021)