Die Befragung von Justizministerin Alma Zadić leitet das Ende des U-Ausschusses ein, der im Finale mit einem Zeugenschwund zu kämpfen hat.

Foto: APA/Fohringer

Der Ibiza-Untersuchungsausschuss neigt sich mangels türkis-grüner Bereitschaft zur Verlängerung dem Ende zu. Die finalen Auskunftspersonen sind dabei allerdings hochrangig: Auf Betreiben der ÖVP stellte sich am Mittwochnachmittag Justizministerin Alma Zadić (Grüne) den Fragen der Abgeordneten. Vom größeren Koalitionspartner wurde Zadić dabei schon im Vorfeld der Befragung mit Attacken eingedeckt. Der türkise Fraktionsführer Andreas Hanger raunte eingangs etwa, sie habe ihr Ministerium womöglich "nicht im Griff". Auch müsse man hinterfragen, was die grüne Ressortchefin für den Schutz der Persönlichkeitsrechte tue. Sie sei schließlich "letztverantwortlich" für die Lieferung von aus ÖVP-Sicht belangloser oder privater Chats an den U-Ausschuss.

Zadić konterte die bereits seit Wochen ventilierten Vorwürfe gleich zu Beginn: Die Justiz handle im Einklang mit der Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), wonach alle Unterlagen dem U-Ausschuss vorzulegen sind, die der Klärung der politischen Verantwortung dienlich seien könnten. Das sei zwar rechtliches Neuland für das Justizministerium, die Staatsanwaltschaften folgten dem höchstgerichtlichen Auftrag aber korrekt und mit großem Einsatz, lobte die Ministerin. Auf die Kanzlerpartei gemünzt forderte sie hingegen: Pauschale Angriffe auf die Justiz seien ebenso abzustellen wie "Einschüchterungsversuche gegen einzelne Staatsanwälte".

Konvolut gegen WKStA

Für längere Diskussionen sorgten zwei am Mittwoch erschienene Medienberichte. Der Kurier schrieb über ein 103-seitiges Konvolut, das aus der Feder von Johann Fuchs, dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, stammen und eine Aufzählung vermeintlicher dienstrechtlicher Verfehlung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) enthalten soll. Zwischen der WKStA und der OStA Wien als ihrer Oberbehörde schwelt ja schon seit längerem ein heftiger Konflikt innerhalb der Justiz, auch Zadić sprach am Mittwoch von "teilweise schikanösen" Berichtsaufträgen, mit denen die Korruptionsermittler in der Vergangenheit zugeschüttet wurden, wobei sie diese Praxis mittlerweile abgedreht habe. Das Dossier über die WKStA kenne sie nicht im Detail, sagte Zadić; klar sei, dass OStA-Leiter Fuchs damit dienstrechtliche Schritte gegen WKStA-Mitarbeiter anregen habe wollen. Zadić hält solche aber nicht für angebracht, ihre zuständige Sektion habe das Papier als "zu dünn" eingestuft.

Die ostentative Verwunderung der ÖVP, dass das Konvolut noch nicht an den U-Ausschuss geliefert worden sei, dürfte sich im Laufe der Befragung am Mittwoch erübrigt haben. Nach Angaben der grünen Fraktionsführerin Nina Tomaselli ist das Schriftstück am selben Tag im Ausschuss eingetrudelt.

Geleakte Kanzler-Töne

Aufregung in die Abgeordnetenreihen brachte auch ein vergangener und zukünftiger Gast in Personalunion. Es handelt sich um Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen zweite Befragung am Donnerstagnachmittag bevorsteht. Doch noch immer schlägt sein letzter Auftritt im Juni des Vorjahres als Auskunftsperson innenpolitisch und rechtlich hohe Wellen. Denn die WKStA verdächtigt Kurz, den Parlamentariern eine Falschaussage über seine Involvierung an der Kür seines Vertrauten Thomas Schmid zum Öbag-Vorstand aufgetischt zu haben. Für die genauere Klärung der damaligen Aussagen vor einer etwaigen Anklage – es gilt die Unschuldsvermutung – hat die WKStA vom Parlament die Tonbandmitschnitte angefordert.

Das Onlinemedium Zackzack hat Auszüge der Audiodateien am Mittwoch publik gemacht, wobei die Fraktionen über den Weg der Töne an die Öffentlichkeit reichlich spekulierten. Die FPÖ ortete etwa die ÖVP hinter den Leaks. U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) meinte wiederum, die Bänder seien definitiv nicht von der Parlamentsdirektion an Medien geleakt worden. Wer aller sonst noch – etwa per Akteneinsicht – Zugang zu dem Material hatte, ließ sich vorerst nicht klären.

Strache und Schmid fehlen

Die angeblich aufgeheizte Stimmung, die Kurz bei der folgenschweren Befragung wahrgenommen haben will, geht aus den Mitschnitten aber nicht unbedingt hervor.

Hitziger ging es jedenfalls im Kroatien-Urlaub von Ex-Vizekanzler Heinz Christian Strache zu. Zwar blieb er vom Brand des Bootes, auf dem er weilte, körperlich unbeschadet, seinen U-Ausschuss-Termin am Donnerstag sagte er aber ab und bat als Ersatz um den letztmöglichen Termin am 15. Juli. Ebenfalls fehlen wird am Donnerstag der kürzlich als Öbag-Chef zurückgetretene Thomas Schmid, der einen Auslandsaufenthalt als Entschuldigung anführt. (Theo Anders, Renate Graber, 30.6.2021)