Betriebe ziehen weg, Ortskerne verwaisen, und betagte Menschen bleiben zurück: So sieht es in Österreichs strukturschwachen Regionen aus. Gerade alte Menschen müssen oft zum Arzt, sind aber wenig mobil. Und oft wird der Weg zur Arztpraxis weiter und weiter. Das ist ein wachsendes Problem, für das es dringend eine Lösung braucht.

In Summe steigt zwar die Zahl der Ärzte in Österreich, viele von ihnen arbeiten aber Teilzeit. Außerdem wächst auch die Bevölkerungszahl. Und älter werden wir auch alle.

Der Wahlarztsektor boomt.
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Zugleich boomt im niedergelassenen Bereich der Wahlarztsektor. Dieser kann Versorgungsengpässe nur bedingt abfangen, denn Wahlärzte müssen sich nicht an Mindestöffnungszeiten halten. Sie dürfen sich auch aussuchen, wo sie ihre Ordination eröffnen. Dass ihre Wahl da ausgerechnet auf eine ausgedünnte ländliche Region fällt, darf bezweifelt werden.

Aus Sicht der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) ist der Wahlarztboom keine schlechte Sache. Wahlarztbesuche kommen sie günstiger als der Arztbesuch auf Kasse: Die ÖGK erstattet dafür jeweils nur 80 Prozent des Kassentarifs. Das Ärztehonorar ist oft deutlich höher – und die Differenz von der Patientin oder dem Patienten aus eigener Tasche zu bezahlen.

Mosaiksteinchen

Wer zum Kassenarzt will oder muss, für den wird es aber zunehmend schwieriger, ein Angebot zu finden: Rund 200 Kassenverträge sind unbesetzt, 120 davon betreffen die Allgemeinmedizin. Und das betrifft längst nicht nur ländliche Regionen, sondern auch städtische Gebiete.

Wie aber bringt man Medizinerinnen und Mediziner dazu, sich um Menschen in Regionen zu kümmern, aus denen immer mehr Leute wegziehen? Dass Ärztinnen und Ärzte einander inzwischen auch anstellen können, kann zur Lösung ein kleines Mosaiksteinchen beitragen. Es ermöglicht, Arbeit untereinander aufzuteilen. Primärversorgungseinheiten können auf manch jungen Mediziner anziehender wirken als das Einzelkämpfermodell. Und Teilzeitoptionen könnten das Pendeln in Orte interessant machen, in denen man nicht samt Familie ziehen will oder kann.

Es muss aber noch deutlich mehr passieren, um diese Entwicklung aufzuhalten. Und rascher. Seit Jahren wandert ein erklecklicher Teil der Medizinabsolventen nach dem Abschluss ins Ausland ab. Die Corona-Pandemie dürfte das Problem noch zusätzlich befeuern. Ärzte sind wohl international gefragter denn je. Es ist wirklich allerhöchste Zeit zu handeln. (Gudrun Springer, 30.6.2021)