Epidemien und Pandemien haben immer wieder stark in den Lauf der Geschichte eingegriffen. Aufgrund ihrer periodischen Wiederkehr und der damit verbunden Unsicherheiten lagen Regelungen, wie man die Seuchengefahr erkennen und Gegenmaßnahmen treffen konnte, im Interesse der zeitgenössischen Obrigkeiten. So auch die von Paul de Sorbait auf Anordnung der niederösterreichischen Landstände publizierte Pest-Ordnung von 1679. Sie sollte dem Leser einen "heylsamen Schildt wider die Pestilentzische Pfeyle" zur Hand geben. Die darin enthaltenen Ratschläge basieren auf einem Manuskript des Arztes Johann Wilhelm Mannagetta.

Strafe Gottes für die Sünder? Vermeintliche Ursachen der Pest

In dem Werk werden mehrere Ursachen für die Pest genannt – eine allgemeine zeitgenössische Bezeichnung für eine hochansteckende Krankheit mit hoher Sterblichkeit, die "gleich einem Chamäleon" mit verschiedenen Symptomen auftreten konnte (Typhus, Beulenpest, Pocken). Erstens sei dies die sündige Lebensführung des Menschen, die die Seuche als gerechte Strafe Gottes nach sich ziehe. Zweitens werden Beispiele für Magie und Zauberei aufgezählt, darunter von Menschen in böser Absicht und im Bunde mit dem Teufel verursachte Epidemien. Die dritte Ursache bilden hygienische Missstände und Unachtsamkeiten, wie etwa die Verschmutzung der Gassen, die Verunreinigung des Wassers und der Luft.

Neben der Miasmentheorie, also der Entstehung und Ausbreitung von Krankheiten durch faulige Prozesse in der Luft und im Wasser, wird ebenso bereits die Verbindung mit tierischen Krankheiten (wie der Tollwut) und deren potenzielle Gefahr für den Menschen erkannt und beschrieben. "Das offt mancher die Pest auß Forcht / Schröcken / vnd Einbildung / ihme selbsten verursacht", weist nicht nur auf die hypochondrische Veranlagung mancher Zeitgenossen, sondern auch auf die psychischen Auswirkungen solcher Pestwellen hin, ein Thema, das auch heute wieder Aktualität erlangt hat.

Empfohlene Gegenmaßnahmen: Beten, beten, beten

Für die Menschen der Zeit eine ganz zentrale Frage: Wie kann man der Pestilenz beikommen? Analog zu den Ursachen werden in der Pest-Ordnung auch als Gegenmaßnahmen eine gottesfürchtige Lebensführung, Ordnung und Sauberkeit auf den Straßen und in den Häusern, die Reinigung der Luft durch Ausräucherung, Quarantänemaßnahmen, Ernährungsvorschriften und Arzneien empfohlen. So soll man etwa, bevor man das Haus verlässt und unter die Leute geht, "ein wenig Brodt mit gesaltzenem Butter vnd etlichen Weinrautten=Blättlein esse[n]." Daneben werden unter anderem Blutwurz (Tormentill), Geißraute, Baldrianwurzel und in Essig eingelegte Wacholderbeeren als Heilmittel genannt. Die tatsächliche Wirksamkeit solcher Präventivmaßnahmen lässt sich heute nur noch schwer nachvollziehen. Als nichtintendierter Nebeneffekt der Reinigung und Räucherung wurde unter Umständen die Anzahl der Ratten, deren Flöhe die Krankheit auf den Menschen übertrugen, in den Städten reduziert. Als einziges erwiesenes Mittel galt schon den Zeitgenossen die Quarantäne, sprich die rigorose Abschottung der Städte nach außen beziehungsweise die Isolation der Erkrankten in Pestlazaretten.

Titelblatt der Pest-Ordnung, Wien 1679, Digitalisat der SLUB Dresden.
Foto: Public Domain

Tag und Nacht im Einsatz: Johann Wilhelm Mannagetta

Autor des Manuskripts war der in Wilhelmsburg nahe St. Pölten geborene Johann Wilhelm Mannagetta (1592–1666). Als Sohn eines bürgerlichen Lederermeisters studierte er zunächst in Wien Philosophie und dann in Padua Medizin. Seine erfolgreiche Karriere an der Universität Wien begann 1620 als Vertretungsprofessor für Mathematik, dann wurde er auf Lehrstühle für Philosophie und Medizin berufen und in der Folge zwischen 1624 und 1662 elfmal zum Dekan der medizinischen Fakultät und siebenmal zum Rektor gewählt. Auch am Habsburgerhof war Mannagetta als kaiserlicher Leibarzt, Protomedikus (oberster Arzt) von Niederösterreich und Historiker in verschiedenen Funktionen anzutreffen. Für seine Dienste "bey allen furgangenen Raißen, vnd offtmals erzeügenden lebensgefährlichen Zueständen, Tag vnnd Nacht" wurde er 1630 zum Hofpfalzgraf ernannt und 1637 gemeinsam mit seinen Brüdern Matthias, Karl und Franz in den Ritterstand erhoben. Obwohl Johann Wilhelm zweimal verheiratet war, starb er kinderlos. Sein Vermögen ging auf seine noch zu Lebzeiten gegründete – und bis heute existierende – Mannagetta-Stiftung über. Den dazu "tauglichen" Söhnen und männlichen Nachkommen seiner Brüder wurde ein Studienstipendium, den weiblichen Nachkommen hingegen ein Heiratsgut ausgezahlt.

Wirkung bis ins 18. Jahrhundert

Außer seinem posthum gedruckten Pest-Manuskript ist von Johann Wilhelm unter anderem auch eine Beschreibung des Kurbads in Bad Deutsch-Altenburg (Pollhaimerisch Badbuch) und eine historische Abhandlung über zwölf Habsburgerkaiser (Corona duodecim Caesarum ex Augustissimam Domo Austriacam) erhalten. Obwohl er die Pest von 1679 nicht mehr erlebte, konnte er bei zahlreichen kleineren Ausbrüchen in den 1640er- und 1650er-Jahren, bei denen immer auch Professoren der medizinischen Fakultät als Pestärzte eingesetzt wurden, praktische Erfahrungen sammeln. Seine Ratschläge fanden mit der Pest-Ordnung von 1679 weite Verbreitung und wurden noch im 18. Jahrhundert wiederaufgelegt. (Simon Edlmayr, 5.7.2021)