Im Fall der getöteten 13-Jährigen gab es eine weitere Festnahme.

Foto: APA / Herbert Neubauer

Wien – Nach der Festnahme eines dritten Tatverdächtigen am Mittwoch im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod eines 13 Jahre alten Mädchens am Wochenende in Wien-Donaustadt ist die Fahndung nach einem vierten möglichen Mittäter im Laufen. Gesicherten Informationen der APA zufolge wird seit Dienstag nach einem 22-jährigen, mehrfach vorbestraften gebürtigen Afghanen mit europäischem Haftbefehl gesucht.

Am Mittwochabend hatte die Exekutive in Wien in dieser Sache einen dritten Verdächtigen festgenommen. Der 23 Jahre alte, ebenfalls aus Afghanistan stammende Mann soll sich im Tatzeitraum in der Wohnung eines bereits inhaftierten 18-jährigen Landsmanns aufgehalten haben, in die sich die 13-Jährige freiwillig begeben hatte. Dort sollen ihr Drogen verabreicht worden sein und anschließend Missbrauchshandlungen stattgefunden haben. "Ermittelt wird wegen sexueller Übergriffe. Welcher Tatbestand dabei erfüllt worden ist, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen", meinte dazu Nina Bussek, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien.

23-Jähriger amtsbekannt, in Wien gefasst

Unklar ist, wie das Mädchen zu Tode kam. Informationen der APA zufolge soll der 18-Jährige die Minderjährige – möglicherweise hatte sie infolge der konsumierten Drogen das Bewusstsein verloren – aus seiner Wohnung getragen und auf einem davor befindlichen Grünstreifen gegen einen Baum gelehnt haben, wo Passanten Samstagfrüh den leblosen Körper entdeckten. Einem beigezogenen Gerichtsmediziner zufolge war die 13-Jährige erstickt. Detaillierte Aufschlüsse erhofft sich die Anklagebehörde vom Obduktionsgutachten sowie in Auftrag gegebenen toxikologischen und molekulargenetischen Fachgutachten.

Beim festgenommenen dritten Verdächtigen handelt es sich um einen 23-jährigen, bereits amtsbekannten Afghanen. Er soll dem Vernehmen nach bereits wegen Suchtgiftdelikten verurteilt worden sein. Der junge Mann wurde am Mittwochabend gegen 22 Uhr bei der U-Bahn-Station Michelbeuern in Wien-Alsergrund von Beamten des Landeskriminalamtes gemeinsam mit Polizisten der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) gefasst. Gegen ihn besteht der Verdacht, dass er "an der Tathandlung beteiligt gewesen sein dürfte, die zum Tod der 13-Jährigen geführt hat", sagte Polizeisprecher Markus Dittrich. Laut Franz Ruf, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, befand sich der Afghane seit 2015 in Österreich.

Vierter Verdächtiger auf der Flucht

Wie die "Kronen Zeitung" online berichtete, sollen die Ermittler davon ausgehen, dass das Mädchen von einer Gruppe junger Männer missbraucht wurde. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es seitens der Polizei nicht. "Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Weitere Tatverdächtige können nicht ausgeschlossen werden", sagte Dittrich. Ruf sprach in diesem Zusammenhang am Rande des runden Tischs von Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) von einer "dynamischen Entwicklung" bei den Ermittlungen. Details dazu nannte er nicht.

Der offenbar dringend der Mitbeteiligung verdächtige vierte, auf der Flucht befindliche 22-Jährige wurde bereits dreimal gerichtlich verurteilt, zuletzt im Februar 2020 wegen Suchtgifthandels zu neun Monaten Haft. Später stand er in einer weiteren Verhandlung gemeinsam mit dem 18-Jährigen wegen räuberischen Diebstahls vor Gericht, wurde dabei jedoch freigesprochen. Der 18-Jährige fasste dagegen zehn Monate unbedingt aus.

U-Haft für 18- und 16-Jährigen beantragt

Der 18-Jährige sowie ein 16 Jahre alter, bisher unbescholtener Afghane, der sich erst seit 7. April 2021 in Österreich aufhält, befinden sich im Zusammenhang mit dem Tod der 13-Jährigen seit Montagnachmittag in Haft. Die Staatsanwaltschaft hat am Donnerstag die Verhängung der U-Haft beantragt, teilte Behördensprecherin Bussek der APA mit. Darüber entscheiden wird das Landesgericht vermutlich am Freitag.

Der 18-Jährige war in der Gemeindewohnung gemeldet, in der die Übergriffe auf die 13-Jährige stattgefunden haben sollen. Die Polizei kam durch eine Zeugenaussage auf die Spur der beiden Burschen. Der Ältere wurde bereits dreimal gerichtlich verurteilt. Er bestritt in seiner Einvernahme, etwas mit der Tötung des Mädchens zu tun zu haben. Der Jüngere wiederum schwieg bisher.

Der 18-Jährige lebt seit Sommer 2015 in Wien. Er wurde von der Wiener Kinder- und Jugendhilfe in unterschiedlichen Einrichtungen betreut. Zuletzt wohnte er in der Gemeindebauwohnung in der Erzherzog-Karl-Straße. Offenbar habe es bisher offiziell jedoch nie Beschwerden über den Tatverdächtigen gegeben, wie eine Sprecherin der Wiener Kinder- und Jugendhilfe mitteilte. Der 16-Jährige war erst im April im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Österreich gekommen und ist unbescholten.

Duldung wurde von BFA ausgesprochen

Indes hat das Bundesverwaltungsgericht (BvWG) die Schuldzuweisung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) nach dem Mädchenmord in Wien zurückgewiesen. Der Direktor des BFA, Gernot Maier, hatte in dem Fall des 18-jährigen Tatverdächtigen darauf verwiesen, dass das BFA nach mehreren Verurteilungen den Schutzstatus für den Afghanen aufgehoben habe. Vor einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Beschwerde des jungen Mannes habe man aber keine Abschiebung durchführen können. Und die Beschwerde sei seit November 2019 unerledigt.

Ein Sprecher des Bundesverwaltungsgerichts bestätigte am Donnerstag zwar die lange Verfahrensdauer, aber: "Die Abschiebung war nicht Gegenstand des Verfahrens, das bei uns anhängig ist." Der Gerichtssprecher verwies darauf, dass das BFA selbst die Duldung des mittlerweile 18-Jährigen in Österreich ausgesprochen habe. Demnach hat das BFA zwar den subsidiären Schutz des Jugendlichen aufgehoben, gleichzeitig aber verfügt, dass der damals Minderjährige nicht abgeschoben werden kann.

Hätte das BFA die Abschiebung nach Erreichen der Volljährigkeit durchführen wollen, hätte es beim Gericht einen Fristsetzungsantrag stellen können, argumentierte der BvWG-Sprecher. Die lange Verfahrensdauer begründet das Bundesverwaltungsgericht mit den tausenden Asylverfahren seit 2014. Allein Afghanen haben demnach 36.603 Beschwerden gegen Asylbescheide eingebracht, mehr als 3.700 sind noch anhängig. (APA, red, 1.7.2021)