Die Stadt Vancouver im Westen Kanadas, umgeben von einem Hitzeschleier. Die Todeszahlen in der Region British Columbia liegen 195 Prozent über dem Durchschnitt.

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Vancouver/Washington – Die anhaltende Hitzewelle in Teilen Nordamerikas hat bereits zahlreiche Menschenleben gefordert. Im Westen Kanadas teilte die Gerichtsmedizin der Provinz British Columbia mit, dass von Freitag bis Mittwoch 486 plötzliche und unerwartete Todesfälle gemeldet worden seien, die mit den Auswirkungen der Hitze in Zusammenhang stünden. Diese Zahl werde vermutlich noch steigen. Auch die benachbarten US-Staaten Washington und Oregon meldeten im Zuge der Hitzewelle zahlreiche Tote.

Die Todeszahlen in British Columbia liege 195 Prozent über dem üblichen Durchschnitt eines vergleichbaren Zeitraums, fügte die Behörde hinzu. Von einem Zusammenhang mit der extremen Hitze sei auszugehen. 49,6 Grad Celsius zeigte das Thermometer am Dienstag in Lytton (Provinz British Columbia) an, wie die örtliche Wetterbehörde auf Twitter mitteilte. Das sei ein "Allzeit-Temperaturrekord".

Heißeste Temperaturen seit Aufzeichnungsbeginn

In der betroffenen Region wurden klimatisierte Zentren eingerichtet, in denen Menschen Zuflucht vor der Hitze finden können. Die Gerichtsmedizinerin Lisa Lapointe rief dazu auf, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen und gefährdeten Personen zu helfen.

"Wir befinden uns mitten in der heißesten Woche, die British Columbia je erlebt hat", sagte der Regierungschef der Provinz an der Westküste des Landes, John Horgan. Er rief dazu auf, nach Menschen zu sehen, die gefährdet sein könnten, kalte Kompressen im Kühlschrank aufzubewahren und sich im kühlsten Teil des Hauses aufzuhalten. Bereits am dritten Tag in Folge waren in Kanada die heißesten Temperaturen im Land seit dem Beginn der Aufzeichnungen gemessen worden.

In der Stadt Vancouver starben seit Freitag 65 Menschen, darunter zahlreiche ältere Menschen mit Vorerkrankungen, wie die nationale Polizeibehörde RCMP mitteilte. "Wenngleich das noch untersucht wird, spielt die Hitze bei der Mehrzahl der Todesfälle eine Rolle", sagte ein Polizeivertreter. Auch in anderen Gemeinden gab es zahlreiche Tote, zunächst lagen aber noch keine offiziellen Zahlen vor.

Eines der eigens eingerichteten "Cooling Centres" in Vancouver.
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Wetterphänomen "Hitzekuppel"

Auch in Teilen der USA hat die enorme Hitzewelle erste verheerende Folgen. Allein im Bezirk Multnomah County, der mit Portland die größte Oregons einschließt, seien seit Beginn der großen Hitze am Freitag 45 Menschen im Zusammenhang mit den exzessiven Temperaturen gestorben, teilte die Behörde für Gerichtsmedizin am Mittwoch (Ortszeit) mit. In Oregons nördlichem Nachbarstaat Washington stieg die Zahl der Toten auf 13, wie die Zeitung "The Seattle Times" am Mittwoch berichtete.

Sowohl in Portland als auch in Seattle wurden die höchsten Temperaturen seit dem Beginn der dortigen Aufzeichnungen im Jahr 1940 gemessen. Klimaanlagen und Ventilatoren waren vielerorts ausverkauft. Menschen suchten zum Teil in Tiefgaragen oder in ihren klimatisierten Autos Schutz vor der Hitze.

Für die extreme Hitze verantwortlich ist das Phänomen der "Hitzekuppel", das heißt, der Hochdruck in der Atmosphäre hält die heiße Luft in der Region fest. Laut den Wetterexperten der "Washington Post" ist die Intensität dieser Hitzekuppel "statistisch gesehen so selten, dass sie im Durchschnitt nur einmal alle paar tausend Jahre zu erwarten" sei.

Nach Einschätzung von Wissenschaftern verschärft der Klimawandel Trockenheit, Hitze und Wetterextreme, die zu heftigeren Waldbränden beitragen können. US-Präsident Joe Biden wandte sich mit Blick auf eine Temperatur von 46 Grad in Portland mit beißender Ironie gegen Klimaskeptiker. "Macht euch keine Sorgen, es gibt keine Klimaerwärmung", erklärte er. "Das existiert nicht. Das ist die Frucht unserer Einbildungskraft." (APA, 1.7.2021)