Die Wohnhausanlage in Wien-Donaustadt, in der der 18-Jährige wohnte. Diese könnte auch die Tatwohnung gewesen sein. Die 13-Jährige, die zuletzt im Raum Tulln lebte, soll unter Drogen gesetzt, sexuell missbraucht und getötet worden sein.

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Wien – Einer der Verdächtigen im Wiener Mordfall um ein 13-jähriges Mädchen wird seit dem Sommer 2015 von der Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) betreut. Der heute nach Angaben der Behörde 18-jährige Afghane kam als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Wien und war "sowohl in einem Krisenzentrum, einer Wohngemeinschaft, einer Einrichtung der Grundversorgung und im Betreuten Wohnen" untergebracht, wie es zum STANDARD in einer Stellungnahme heißt. Verantwortlich für die Behörde ist seit dem Start der rot-pinken Stadtregierung im Herbst 2020 Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr von den Neos.

Seit 2018 lebte der Verdächtige im Rahmen des Betreuten Wohnens in einem Gemeindebau in der Donaustadt. Diese Betreuung wurde trotz seiner Volljährigkeit und einer unbedingten Haftstrafe im Vorjahr wegen räuberischen Diebstahls zuletzt um weitere sechs Monate verlängert. "Die MA 11 hat die gesetzliche Verpflichtung, alle Minderjährigen in Wien zu betreuen und zu versorgen und hat Obdachlosigkeit/Wohnungslosigkeit von Kindern und jungen Erwachsenen zu verhindern", heißt es von der Behörde.

Bei einer Pressekonferenz mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wurde am Mittwoch bekannt, dass der Verdächtige ab 2018 elf polizeiliche Anzeigen kassierte – unter anderem wegen Suchtgifthandels, gefährlicher Drohung und Raufhandels. Vor der unbedingten Haftstrafe gab es auch zwei bedingte. Laut MA 11 gab es für deren Zuständigkeitsbereich hingegen "keine Hinweise, dass wir öfter kontrollieren sollten, und es gab keine Beschwerden", wie eine Sprecherin sagte.

Letztkontakt mit Mitarbeitern der MA 11 am 22. Juni

Im Rahmen des Betreuten Wohnens gebe es üblicherweise zwei- bis dreimal pro Woche Kontakt mit Betreuern, dazu komme im Durchschnitt alle 14 Tage ein Hausbesuch. Unterstützt würden junge Erwachsene bei Behördenwegen, aber auch bei Bildungsmaßnahmen und der Arbeitssuche. Zuletzt hatten die Betreuer am 22. Juni mit dem 18-Jährigen Kontakt.

Die letzte jährlich stattfindende Revision fand zudem am 9. Juni statt. Hier prüfen zwei MA-11-Mitarbeiter der Gruppe Recht unter anderem pädagogische Standards, die Örtlichkeiten oder die räumliche Ausstattung. Es wurden "keine Mängel oder Auffälligkeiten festgestellt", wie es heißt.

Laut Behörde gelang durch die Betreuung der Wiener Kinder- und Jugendhilfe "im vorliegenden Fall" auch ein Pflichtschulabschluss. Eine Kochlehre wurde begonnen und aufgrund einer Erkrankung abgebrochen. Zuletzt fand der 18-Jährige "auch eine Arbeitsstelle in der Gastronomie".

Abschiebung von Asylbehörde "als unzulässig erklärt"

Die erstinstanzliche Aufhebung des subsidiären Schutzes per 7. Oktober 2019 hatte für den Afghanen im Zuständigkeitsbereich der MA 11 keine Konsequenzen, weil die Abschiebung "von der Asylbehörde als unzulässig erklärt" worden sei, wie es eine Sprecherin formulierte. Zudem waren die Vorstrafen zu diesem Zeitpunkt bedingt ausgesprochen. "Er wurde daher weiter im Betreuten Wohnen betreut." Laut dem Büro des für die MA 11 zuständigen Stadtrats Wiederkehr lebte der 18-Jährige allein in der Sozialwohnung in Wien-Donaustadt. "Uns ist nur eine gemeldete Person bekannt."

16-jähriger Afghane der MA 11 "nicht bekannt"

Der ebenfalls festgenommene 16-jährige Afghane ist der MA 11 "nicht bekannt". Der dritte am Mittwochabend Festgenommene, ein amtsbekannter und bereits verurteilter 23-jähriger Afghane, wurde 2015 im Rahmen einer kurzen Beratungseinheit von der MA 11 betreut. Es ging bei dem damals fast Volljährigen um Themen wie die Grundversorgung. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (David Krutzler, 1.7.2021)