In der Commerzialbank Mattersburg gab es jede Menge Kunden, die es nicht gab.

Foto: Matthias Cremer

Wien – In der Commerzialbank Mattersburg gab es, wie man aus den Geständnissen des Exbankchefs Martin Pucher und seiner Kollegin K. und aus bisherigen Ermittlungsergebnissen weiß, jede Menge Kunden, die es nicht gab. Vor allem Kreditkunden wurden erfunden, die Bilanz des Instituts wurde so um an die 700 Millionen Euro aufgeblasen – bei einer Bilanzsumme von zuletzt rund 900 Millionen. Um Geld ins Haus zu holen, bot das Institut auch besonders gute Konditionen für Einlagen. Das nützten auch große Kunden wie die Wohnbaugenossenschaft Wüstenrot oder Frequentis – die nun allesamt Gläubiger im Konkurs der Commerzialbank sind. Die ist ja nach Auffliegen der Machinationen vor einem Jahr von der Aufsicht zugedreht worden und in der Folge pleitegegangen.

Die Bankchefs mussten den Kreislauf mit den erfundenen Geldern stets in Bewegung und geheim halten, was sich nicht zuletzt darin äußerte, dass K. seit Gründung der Bank 1995 so gut wie nie Urlaub machte – nicht einmal an hohen Feiertagen. Und: Um Liquidität ins Haus zu holen, setzte der Vorstand auch externe Vermittler ein, denen er Provisionen zahlte.

Echtes Geld für Kartenhaus

Einem "Liquiditätsengpass" sei es dann geschuldet gewesen, dass er auch mit zwei Bankmitarbeitern Vereinbarungen für erfolgsabhängige Provisionen getroffen hat, sagte Pucher jüngst aus. 0,3 bis 0,5 Prozent der vermittelten Einlage wurde den beiden mit ihrem monatlichen Gehalt ausbezahlt – schriftlich wurde das vorsichtshalber aber nicht festgehalten.

Zur Einordnung: Die beiden Banker wussten ja, wie es um das Institut in Wahrheit stand und dass sie quasi echtes Geld in ein dem Zusammensturz geweihtes Kartenhaus holten und dafür auch noch Geld für Provisionen ausgaben. Das Beispiel machte aber Schule, irgendwann sei auch ein Filialleiter in die Riege der Provisionäre aufgenommen worden – er hatte sich die Vermittlungsprovision bei Gehaltsverhandlungen ausverhandelt, schilderte Pucher. Festgehalten sei an dieser Stelle, dass für ihn und seine Kollegin sowie für alle anderen rund 28 von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt.

Keine Bitcoins

Zumindest einmal kam es jedoch auch vor, dass der Bankvorstand ein Geschäft ablehnte – und zwar ein recht großes mit einem Scheich aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das war laut einer Aussage Puchers im Mai oder Juni 2020.

Über einen anderen Bankmanager hatte sich der Scheich an die CBM gewendet mit dem Wunsch, um 100 Millionen Dollar Bitcoins zu kaufen. Er habe das abgelehnt, so Pucher, und dem Mann ausrichten lassen, "dass dies über die Commerzialbank nicht möglich wäre". Zudem habe er ihm geraten, "von einer solchen Investition abzusehen".

Wie ein Scheich aus den Emiraten ausgerechnet an die kleine Mattersburger Bank kam? Das hat mit jenem Strohhalm zu tun, an den sich Pucher seit zehn Jahren geklammert hatte, wie er es selbst beschrieb. Der Banker setzte alles auf die Einnahmen aus der Verwertung von Patentrechten auf einen Ölbinder und CO2-Filter rund um Entwicklungen eines deutschen Erfinders. Mit dem Geld sollten die Luftgeschäfte der Bank sozusagen gefüllt, also ausgeglichen werden.

Neun Fremdsprachen

An der Gesellschaft dahinter, der Macom GmbH, war die Bank selbst beteiligt, Investoren für das laut Bankunterlagen "bahnbrechende Projekt" sollten vor allem im arabischen Raum gefunden werden. Für die Kontakte dorthin hat Pucher einen eigenen Verbindungsmann, einen deutschen Staatsbürger aus Burkina Faso, eingesetzt, der angeblich neun Fremdsprachen beherrschte. All das nützte freilich nichts. Das Projekt platzte genauso wie die Hoffnung Puchers, "im schlimmsten Fall wenigstens Topkunden" aus dem arabischen Raum zu gewinnen. (Renate Graber, 2.7.2021)