Aus dem Leben eines Kanzlers (zitiert nach dem STANDARD-Liveticker von Renate Graber):

Man sei bei den Regierungsverhandlungen eingebunden, involviert in Ministerratsentscheidungen, danach halte man sich fern. Es gebe ja jeden Tag mehr Entscheidungen, als man treffen könne, deswegen: "Je mehr man sich fernhalten kann, umso besser." Bei großen Personalfragen, die in einer Koalition vereinbart werden, sei man eingebunden, sonst sei man "froh, wenn man nicht eingreifen muss, weil die Dinge sowieso laufen".

Man hat sich die Tätigkeit eines Kanzlers dramatischer vorgestellt.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Interessengruppen würden Gesetze mit Spenden kaufen wollen? Da sei jeder ein "fester Trottel", der dafür das Kriminal riskiere.

Ein Schwebekanzler, für fast nichts verantwortlich, an fast nichts beteiligt. Ein Meister des Reframings, der Kunst, Fakten eine andere Bedeutung zu geben. Er sei vor dem Ausschuss "als Gast" (nicht vorgeladen), er mache sich ernstlich Sorgen um die politische Kultur des Landes (wenn die Opposition seine Aussagen hinterfragt). Und dass er sich beim ersten Mal in den Verdacht der Falschaussage hineingeritten hat, sei dem geschuldet, dass er "zu schnell" antwortete.

Man hat sich, ehrlich gesagt, die Tätigkeit eines Kanzlers dramatischer vorgestellt, von schwerer Verantwortung gezeichnet, von zupackender Can-do-Qualität, auch irgendwie bedeutender. Trotzdem so viel "Hass", so viel "Missbrauch" durch die Opposition? Wir blickten mit Kurz in einen Abgrund. (Hans Rauscher, 2.7.2021)