Für die Sprint-EM in Kitzbühel unterbrach Alois Knabl das Höhentraining in St. Moritz.

Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Aktuell trainiert er mit Julia Hauser (links) und Lukas Hollaus in Nasushiobara. Lisa Perterer ist direkt ins olympische Dorf gereist.

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Wäre Alois Knabl ein Vogel, würde er natürlich gerne zu einer Medaille bei den Olympischen Spielen in Tokio fliegen. "Aber es würde schon reichen, wenn es sich so anfühlt, als würdest du fliegen."

Der 29-jährige Tiroler ist Triathlet, und sein Tag X ist der 26. Juli. In zehn Tagen also stürzt er sich schwimmend, radelnd und laufend in einen Glutofen. "Wobei mir die Hitze in Tokio gar nicht solche großen Sorgen macht", sagt Knabl zum STANDARD. Schon eher fürchtet er sich vor den Corona-Tests nach dem Zieleinlauf. Bei einem Wettkampf in Yokohama Ende Mai mussten die Athleten gleich nach dem Finish in ein Röhrchen spucken. "Das hat bei einigen ewig gedauert. Du bist total ausgetrocknet, da bleibt dir einfach die Spucke weg."

Streng, aber freundlich

Eine negative Stimmung wegen Olympia in Japan, die über die Medien transportiert wurde, hat Knabl zumindest vor sechs Wochen in Yokohama so noch gar nicht wahrgenommen. Im Gegenteil: "Die Volunteers und die Leute waren total freundlich, und wir waren happy, endlich wieder an Wettkämpfen teilnehmen zu können." Dafür nahm er auch eine tägliche Warte- und Transportzeit von bis zu drei Stunden für netto eine Stunde Training in Kauf. "In den fünf Tagen in Yokohama durfte ich einmal eine Stunde an die Luft."

Knabl ist Heeressportler, er ist die Nummer 31 der Triathlon-Weltrangliste. Sein Olympiaticket fixierte er bereits 2019 beim Testevent auf dem Olympiakurs, wo er mit Platz zwölf die beste Platzierung eines Österreichs im olympischen Triathlon holte. Seinem Traum ordnet er alles unter. Zuletzt ging es für sechs Wochen ins Höhentrainingslager nach St. Moritz in der Schweiz. Mit einer Masse an neu gebildeten roten Blutkörperchen wird die olympische Distanz von 1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und noch zehn Kilometer Laufen in Angriff genommen.

Virtuell statt gar nichts

Die Vorbereitung lief gut, an seinem Trainingsstützpunkt in Innsbruck gibt es aber nach wie vor kein 50-Meter-Schwimmbecken. Einmal gab es gar einen virtuellen Wettkampf, im März in Rotterdam. Bei den "SLT-Arena Games" spielte sich das ganze Rennen rund um ein Becken ab. Nach dem Schwimmen ging es für die Triathleten auf ihre Fahrradrollentrainer, zum Abschluss aufs Laufband. "Es ist weit weg von der Realität, aber besser als kein Wettkampf. Algorithmen rechnen den Windschatten aus, das Körpergewicht spielt noch eine größere Rolle. Wer weniger wiegt, tritt auch weniger Watt. Es war mehr eine Show", sagt Knabl.

In Tokio wird es Ende Juli mehr als 30 Grad haben, dazu 80 bis 90 Prozent Luftfeuchtigkeit, und das Meerwasser in der nach einer künstlichen Insel benannten Odaiba-Bucht wird ebenfalls keine Abkühlung liefern.

Knabl hat im Vorfeld mit Kühlwesten und Mentholkaugummis, die von innen kühlen sollen, experimentiert. "So richtig vorbereiten darauf kannst du dich aber nicht. Und es würde auch zu viel Kraft kosten, dauernd in der Sauna zu trainieren."

40 Stunden sind zu viel

Knabl, einst Junioren-Europameister im Wintertriathlon, trainiert im Schnitt 35 Stunden die Woche, es waren auch schon einmal 40. "Das war aber dann zu viel."

Die große Herausforderung im Triathlon sieht Knabl darin, eine gute Balance zwischen Muskelmasse und Gewicht zu finden. "Fürs Schwimmen und Radeln brauchst du Kraft, fürs Laufen musst du leicht sein. Zwei Kilo mehr oder weniger machen den Unterschied aus, ob du Erster oder 40. wirst."

An einem normalen Tag ist um sechs Uhr Tagwache, dann wird in Innsbruck in der Früh fünf bis sieben Kilometer geschwommen, weiter geht es mit Lauftraining und am Nachmittag mit Radfahren.

Zu Gast in Nasushiobara

Ab Freitag wird in ähnlichem Umfang in Nasushiobara, rund 180 Kilometer nördlich von Tokio, geübt. Das Team – neben Knabl die Wienerin Julia Hauser (27) und der Salzburger Lukas Hollaus (34); die Kärntnerin Lisa Perterer (29) hat sich für die Anreise direkt ins olympische Dorf entschieden – nutzt damit Kontakte zu einer Partnerstadt von Linz, die der Verband 2017 in Yokohama geknüpft hatte.

Eine Medaille für Österreich wäre in jedem der drei Olympiabewerbe (26. Juli Männer, 27. Juli Frauen, 31. Juli Mixed-Staffel) eine faustdicke Überraschung. Knabl wollte für sich aber auch nicht allzu sehr tiefstapeln: "An einem guten Tag traue ich mir einen Top-Ten-Platz zu." (Florian Vetter, 16.7.2021)