Die Veräußerung von Immobilien, wozu neben Grund und Boden, Gebäuden und Eigentumswohnungen auch grundstücksgleiche Rechte wie Baurechte zählen, unterliegt grundsätzlich der Steuerpflicht – in der Regel ist das die Erhebung der Einkommensteuer als sogenannte ImmoESt.

Der Steuersatz beträgt 30 Prozent vom Veräußerungsgewinn, der sich in der Regel aus der Differenz zwischen Verkaufspreis und Anschaffungskosten ermittelt. Für sogenannte "Altgrundstücke", die vor dem 1.4.2012 angeschafft wurden, kann der Veräußerungsgewinn pauschal ermittelt werden. In diesem Fall beträgt die ImmoESt üblicherweise 4,2 Prozent vom Verkaufspreis.

Bei einer Veräußerung von Eigenheimen (Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen) oder Eigentumswohnungen, die bisher als Hauptwohnsitz gedient haben, bleibt der Veräußerungserlös grundsätzlich steuerfrei. Der Erlös soll nämlich ungeschmälert für die Anschaffung eines neuen Hauptwohnsitzes zur Verfügung stehen.

Für die Hauptwohnsitzbefreiung gibt es zwei unterschiedliche Tatbestände:

  1. Der Verkäufer muss die Immobilie seit ihrer Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz genutzt haben, wobei der Hauptwohnsitz im Rahmen der Veräußerung aufgegeben wird ("Zwei-Jahres-Regel").
  2. Die Immobilie muss innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben, wobei im Rahmen der Veräußerung der Hauptwohnsitz aufgegeben wird ("Fünf-aus-zehn-Regel").
Bei der Veräußerung gilt es einige Stolperfallen zu beachten.
Foto: Getty Images/iStockphoto/Sitthiphong

Begründung eines Hauptwohnsitzes

Der Hauptwohnsitz liegt dort, wo die beziehungsweise der Steuerpflichtige lebt und zu dem sie oder er eine enge persönliche und wirtschaftliche Beziehung hat. Die Meldung nach dem Meldegesetz ist nur als Indiz anzusehen. Es gibt immer nur einen Hauptwohnsitz. Bei mehreren Wohnsitzen ist daher festzustellen, welcher als Hauptwohnsitz anzusehen ist. Als Kriterien dafür können beispielsweise der Ort der Postzustellung, die Angabe als Wohnanschrift gegenüber Ämtern und Behörden und/oder die Höhe des Wasser- und Stromverbrauchs Aufschluss geben. Ein Nebenwohnsitz ist nicht von der Hauptwohnsitzbefreiung erfasst.

Im Detail gibt es vieles zu beachten: So ist die Hauptwohnsitzbefreiung zum Beispiel nur dann anwendbar, wenn das Eigenheim oder die Eigentumswohnung im Ausmaß von mindestens zwei Dritteln der Gesamtnutzfläche eigenen Wohnzwecken dient. Schädlich wäre daher eine Nutzung für betriebliche Zwecke (zum Beispiel Homeoffice), wenn diese mehr als ein Drittel der Nutzfläche umfasst. Die gleichen Grundsätze gelten im Fall einer Vermietung für fremde Wohnzwecke.

Beispiel: Jemand nutzt 15 Prozent (Variante: 40 Prozent) seiner Eigentumswohnung betrieblich (zum Beispiel Ordination, Büro) und den Rest privat (Hauptwohnsitz, Fristerfordernis erfüllt). Im Falle der Veräußerung der Eigentumswohnung tritt (auch für den betrieblich genutzten Teil) keine Steuerpflicht nach § 30 EStG ein.

Variante: Die Hauptwohnsitzbefreiung ist nicht anwendbar, da mehr als ein Drittel für betriebliche Zwecke genutzt werden.

Beispiel: Ein Student wohnt in einer Eigentumswohnung (Hauptwohnsitz, Fristerfordernis erfüllt), vermietet jedoch ein Zimmer (25 Prozent der Gesamtnutzfläche der Wohnung) an eine Studienkollegin. Im Falle der Veräußerung der Eigentumswohnung tritt keine Steuerpflicht ein, weil mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche eigenen Wohnzwecken dienen.

Die unentgeltliche Überlassung für Wohnzwecke an nahe Angehörige ist für die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung unschädlich.

Umfang der Hauptwohnsitzbefreiung

Die Hauptwohnsitzbefreiung bezieht sich grundsätzlich auf das gesamte Gebäude. Grund und Boden wird in dem Ausmaß einbezogen, wie er üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist. In welchem Umfang ein Bauplatz üblicherweise erforderlich ist, bestimmt sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) nach der Verkehrsauffassung. Das BMF geht bei Grundstücksgrößen bis zu 1.000 Quadratmeter Gesamtgrundstücksfläche von einem üblicherweise erforderlichen Bauplatz aus.

Die Mitveräußerung von zwei KFZ-Abstellplätzen ist von der Hauptwohnsitzbefreiung mit umfasst. Die isolierte Veräußerung eines KFZ-Abstellplatzes fällt hingegen nicht unter die Hauptwohnsitzbefreiung.

Besonderheiten bei der Fristberechnung

Die Hauptwohnsitzbefreiung muss dem Veräußerer selbst zustehen. Bei Erbfall und Schenkung scheidet die Hauptwohnsitzbefreiung nach der Zwei-Jahres-Regel somit aus. Denn der Erbe beziehungsweise Beschenkte als Veräußerer kann selbst kein Eigentum von Beginn an haben, nachdem er das Eigentum erst durch den Erb- oder Schenkungsweg erwirbt. Hingegen kann für Erben und Schenkungsempfänger die Befreiung nach der Fünf-aus-Zehn-Regel greifen, wenn sie innerhalb der letzten zehn Jahre vor Veräußerung mindestens fünf Jahre in der Eigentumswohnung gewohnt haben. In die fünfjährige Frist sind dabei nach der Rechtsprechung des VwGH auch Zeiten einzurechnen, in denen der steuerpflichtige Mieter oder sonstiger Nutzungsberechtigter (zum Beispiel aufgrund eines Fruchtgenussrechts) war.

Beispiel: Frau Müller erbt die Eigentumswohnung ihrer Eltern, aus der sie seit über fünf Jahren ausgezogen ist und veräußert diese. Die Hauptwohnsitzbefreiung ist nicht anwendbar. Hätte Frau Müller hingegen innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens fünf Jahre die Eigentumswohnung als Hauptwohnsitz genutzt, wäre die Befreiung anwendbar.

Beispiel: Herr Kastner hat im Jahr 2009 eine Wohnung als Mieter bezogen. Im Jahr 2019 erwarb er durch Ausübung einer Kaufoption die Wohnung und zog in eine andere Wohnung. Im Jahr 2021 veräußert Herr Kastner die Wohnung. Vom Zeitpunkt der Veräußerung aus gesehen hat er innerhalb der letzten zehn Jahre die Wohnung mindestens fünf Jahre genutzt; die Hauptwohnsitzbefreiung ist somit (bis 2024) anwendbar.

Genau prüfen

Die Hauptwohnsitzbefreiung ist für die Praxis sehr bedeutsam, enthält aber zahlreiche Stolperfallen. Einige davon haben wir in diesem Beitrag angesprochen. Vor der Veräußerung einer Immobilie, die bislang als Hauptwohnsitz gedient hat, sollten die Voraussetzungen für die Erfüllung der Hauptwohnsitzbefreiung im Detail geprüft werden, um nicht gegebenenfalls in die "Steuerfalle" zu tappen. (Dominik Bertagnol, 7.7.2021)