Warum entschuldigt sich der Papst nicht? Ja, und wofür? Dafür, dass in katholischen Internaten in Kanada tausende Kinder zu Tode gekommen sind.

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Rund 150.000 indigene Kinder wurden vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1996 ihren Eltern weggenommen und großteils in katholische Institutionen gesteckt.
Foto: AP/Chad Hipolito/The Canadian Press

Der kanadische Premier Justin Trudeau hat am Nationalfeiertag am 1. Juli von "entsetzlichen Entdeckungen" gesprochen, die dazu zwingen, "über ein historisches Versagen unseres Landes nachzudenken". Am Vortag wurde die Auffindung weiterer unmarkierter Gräber mit hunderten Überresten indigener Kinder bekanntgegeben – alles bei katholischen Internaten. Rund 150.000 indigene Kinder (!) wurden vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1996 (!) in einem Zwangsumerziehungsprogramm ihren Eltern weggenommen und großteils in katholische Institutionen gesteckt. Dort kamen sie durch Vernachlässigung massenweise um.

Aber nicht nur dort. Vor einigen Jahren flog in Irland ein Megaskandal um von Nonnen geleitete Heime für ledige Mütter und ihre Kinder auf. Seit 1922 sind dort 9000 (!) Kinder gestorben und wurden ebenfalls in unmarkierten Gräbern verscharrt. Groteske Sexualmoral und Sadismus durften sich da ausleben.

Trudeau hat Papst Franziskus aufgefordert, sich zu entschuldigen. Das ist bisher nicht erfolgt, ebenso wenig wie eine wirkliche Aufarbeitung der Missbrauchsskandale. Die katholische Kirche leidet an einem rapiden Bedeutungs- und Autoritätsverlust. Dieses Abblocken kann ihn nur beschleunigen. (Hans Rauscher, 2.7.2021)