Die Leica Q2 und die Q2 Monochrom gleichen einander in Sachen Bedienung. Der Unterschied: Eine von ihnen kann keine Farbfotos aufnehmen.

Foto: STANDARD / Manakas

Digitale Fotografie – das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem eigenen Ideen heutzutage gar grenzenlos freier Lauf gelassen werden kann. Fast jeder von uns trägt ein Smartphone samt mehrerer Kameras bei sich, Apps wie Instagram machen schnelle Nachbearbeitung zum Kinderspiel. Aber auch in der Welt professionellerer Geräte schreiten die Entwicklungen voran, kompakte Kameras kommen dem Mythos der eierlegenden Wollmilchsau immer näher. Trotzdem geht der Trend vielerorts in Richtung eines simpleren, minimalistischeren Erlebnisses. Während sich manch einer in analoge Welten hineinwagt, setzen sich andere ganz bewusst Grenzen bei der Nutzung ihrer modernen Geräte.

Und dann gibt es noch Leica; den wohl einzigen Hersteller, der gleich mehrere Geräte im Sortiment hat, die schlicht nur Schwarz-Weiß-Aufnahmen erlauben. Doch warum werden diese überhaupt gekauft, kosten sie doch deutlich mehr als das übliche – bereits kostspielige – Modell? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage konnte DER STANDARD die Leica Q2 und die Q2 Monochrom testen – und einem Verständnis der monochromen Begeisterung ein Stück näher kommen.

Foto: STANDARD / Manakas

Dabei wurde schnell klar, dass man umdenken muss. Wir Menschen sehen (glücklicherweise) in Farbe, diese Kamera hingegen nicht. Häufig erwischt man sich deshalb insbesondere zu Beginn dabei, wie man eine Szenerie festhalten möchte, weil sie aufgrund der Farben beeindruckt. Fallen diese weg, muss man nach Kontrasten zwischen Licht und Schatten Ausschau halten.

Einschränkung als Freudenpotenzial

Dieser ungewöhnliche Fokus schränkt ein, da gerade in den Sommermonaten die lebendigen, vielfältigen Farben der Stadt und vor allem der Natur dazu verführen, sich auf ebendiese zu konzentrieren und sie einzufangen. Immer wieder erwischt man sich dabei, wie man die Kamera zum Auge führt und erst beim Blick durch den elektronischen Sucher bemerkt, dass sich das Drücken des Auslösers gar nicht lohnen würde. Doch birgt gerade diese Einschränkung auch das größte Freudenpotenzial. Mit der Zeit konzentriert man sich intensiver, geht achtsamer mit der Umgebung und den Limitierungen des eigenen fotografischen Werkzeugs um. Fast unterbewusst beginnt man damit, den eigenen Blick zu schärfen, auf der Suche nach dem einen perfekten Foto ohne Farbe.

Drückt man schlussendlich den Auslöser, ist die Freude umso größer. Insbesondere dann, wenn man die eigene Idee genauso vor sich verwirklicht sieht, wie man sie zuvor bereits in Gedanken konzeptualisiert hat. Doch braucht es für all das tatsächlich eine eigens entworfene Kamera mit monochromem Sensor? Immerhin erlaubt jede moderne Kamera die Aktivierung eines Schwarz-Weiß-Modus für JPEGs. Hat das Gerät einen digitalen Sucher, sieht man schon während des Fotografierens das finale Bild vor sich. Obwohl eine fast 6.000 Euro teure Leica vermutlich für die wenigsten eine vernünftige Wahl darstellt, lässt sich eine klare Antwort auf diese Frage trotz allem nicht finden.

Foto: STANDARD / Manakas

Möchte man nämlich das verlustfreie RAW-Format verwenden, mit dem einem die umfangreichsten Möglichkeiten zur Nachbearbeitung geboten werden, muss man im Falle einer handelsüblichen Kamera erst eine Umwandlung von Farbe in Schwarz-Weiß vornehmen. Für die Konstruktion der monochromen Leicas wurde hingegen der Bayer-Farbfilter weggelassen, der aufgenommenes Licht in Farbe umwandelt – und Abstriche in der Abbildungsschärfe bedeutet. Zudem schafft es vermutlich kaum ein anderer Hersteller, eine vergleichbar minimalistische Nutzeroberfläche zu gestalten, bei der man fast gezwungen ist, sich auf das Belichtungsdreieck (Belichtungszeit, Blende, ISO-Wert) zu konzentrieren und die Einstellungen manuell vorzunehmen.

"Analoge Bedienung" im digitalen Zeitalter

Bedienungsknöpfe sind rar, alle wichtigen Einstellungen trotz allem mittels dedizierter Einstellungsräder, die man bereits von analogen Kameras kennt, intuitiv erreichbar. Möchte man wirklich jeden Faktor manuell bestimmen, wird man dazu gezwungen, einen Gang herunterzuschalten, langsamer und vorsichtiger zu agieren. Interessierten mit entsprechend tiefer Geldbörse, die sich der Vorliebe monochromer Aufnahmen sicher sind, kann eine Q2 Monochrom also durchaus ans Herz gelegt werden.

Foto: STANDARD / Manakas

Ein Muss ist sie jedoch keinesfalls. Möchte man schlicht etwas Neues ausprobieren oder die eigene Leidenschaft wiedererwecken, bieten sich insbesondere all jene Geräte für einen Selbstversuch – der wirklich jedem Enthusiasten nahegelegt werden kann – an, die einen elektronischen Sucher verbaut haben. Denn legt man schlussendlich die selbst auferlegten Fesseln wieder ab, findet man sich mit neuer Energie und Freude am eigenen Hobby wieder, die im besten Fall auch im Alltag erhalten bleiben. (Mickey Manakas, 3.7.2021)