Idylle, Kitsch und Kindheitserinnerungen in "Sehnsucht nach Grado", in ORF2.

Foto: ORF/Gernot Stadler

Die Kindheitserinnerungen anderer können rührend, interessant, verkitscht oder peinlich sein – oder alles auf einmal. Diese Achterbahn der Gefühle bereitet der Zuschauerin die Dokumentation "Sehnsucht nach Grado" am Sonntagabend in ORF2. Die Buben von einst erzählen von idyllischen Sommerferien in den 1960er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Natürlich sind sie verklärt, lückenhaft und verkitscht, denn so müssen Kindheitserinnerungen und nicht anders.

Seit 150 Jahren fahren Österreicher in "ihr" Grado ans "Küstenland". Und auch heute tun es einige den Urgroßeltern gleich und verbringen regelmäßig ein paar Tage oder Wochen im kleinen Lagunenstädtchen. Das österreich-ungarische Großreich ist schon lange nicht mehr, und Grado kein kaiserlicher Kurort. Ein paar Spuren sind noch da, auch wenn sie nicht unbedingt zu den schönsten Ecken im Badeort gehören.

Apropos schön: Das Schönste und das, was sich an Grado über Jahrhunderte wohl am wenigsten verändert hat, ist der feine helle Sand und der breite, flach abfallende Strand. Generationen von gelangweilten Eltern standen hier stundenlang im Wasser und auf der Sandbank herum, damit die Kleinen endlich im Salzwasser plantschen und Sandburgen bauen können.

Sie merken es schon, die Autorin kennt Grado und hat bereits eine ambivalente Beziehung zum traditionsreichen Badeort entwickelt. Ja, die Lagune ist einzigartig und idyllisch, gutes Essen gibt es auch, wenn man die Tipps der Grado-Veteraninnen zugesteckt bekommt. Aber behäbig, ein wenig muffig und fad ist es halt auch. Die ORF-Dokumentation und die strahlenden Augen, der Buben von damals erinnern daran, wieso man dann doch immer wieder hinfährt: Wir bauen vor, für verklärte Kindheitserinnerungen im Jahr 2080. (Olivera Stajić, 4.7.2021)