Die genauen Umstände des Tods der 13-Jährigen werden noch ermittelt.

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Wien – Im Zusammenhang mit der am vergangenen Wochenende in Wien getöteten 13-Jährigen sind nun drei Verdächtige – junge Afghanen im Alter von 16, 18 und 23 Jahren – in Untersuchungshaft genommen worden, ein vierter Verdächtiger befand sich am Sonntag noch auf der Flucht. Der 22-jährige Afghane dürfte sich ins Ausland abgesetzt haben. Die Eltern des Mädchens lassen unterdessen eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich wegen möglichen Behördenversagens prüfen.

Eltern wollen mögliche Fehler der Behörden prüfen

"Diese Überlegung ist mit Sicherheit in meinem Kopf", meinte der Rechtsvertreter der Familie, Florian Höllwarth, bereits am Freitag im Gespräch mit der APA. Es gelte jetzt, zunächst den Akt zu studieren und das Strafverfahren abzuwarten. Er werde "in aller Ruhe und eingehend" mögliche Fehler der Behörden prüfen, die für ihn nahe liegen. Denn unter den festgenommenen Tatverdächtigen befänden sich Männer, die längst einen rechtskräftig negativen Asylbescheid erhalten hätten und sich zum Tatzeitpunkt nicht mehr im Land befinden hätten dürfen. "Das verstehen die Leute nicht. Einerseits werden gut ausgebildete, bestens integrierte Geflüchtete abgeschoben, Lehrlinge, die einen Arbeitsplatz ausfüllen und für ihren Chef da sind. Und diese Leute (gemeint: die Tatverdächtigen, Anm.) sind unkontrollierbar weiter da und ihr Asylverfahren kann nicht zu Ende gebracht werden", hielt Höllwarth fest.

Der jüngste Verdächtige, der 16-Jährige, soll die 13-Jährige gekannt haben, sich am 25. Juni mit dem im Bezirk Tulln (NÖ) wohnhaften Mädchen am Wiener Donaukanal getroffen und die Unmündige dann mit in die Wohnung des 18-Jährigen in die Donaustadt genommen haben. Dort sollen der 13-Jährigen Drogen verabreicht worden sein, mindestens zwei junge Männer sollen sich an ihr vergangen haben. Die genauen Umstände ihres Todes sind noch unklar, ein Gerichtsmediziner hatte Ersticken als kausal für das Ableben des Mädchens angenommen und Verletzungsspuren festgestellt, die darauf hindeuten könnten, dass sich die 13-Jährige gewehrt hatte. Die Strafverfolgungsbehörden hoffen, dass das schriftliche Obduktionsgutachten sowie Expertisen aus den Fachgebieten der Toxikologie und Molekulargenetik nähere Aufschlüsse zu den Vorgängen bringen, die zum Tod des Mädchens geführt hatten.

Inhaftierte nicht geständig

Die beiden jüngeren aus Afghanistan stammenden Burschen, die als erste in U-Haft genommen wurden, hatten vor der Haftrichterin Angaben gemacht und sich nicht geständig gezeigt. Sie behaupten, das Mädchen hätte aufgrund der konsumierten Drogen – es soll sich um eine größere Menge Ecstasy gehandelt haben – das Bewusstsein verloren. Der 16-Jährige behauptet, er habe die Rettung gerufen. Er – und nicht der 18-jährige Wohnungsbesitzer, wie es zunächst geheißen hatte – soll die 13-Jährige aus der Wohnung getragen und auf einer davor befindlichen Grünfläche abgelegt haben. Um 6.59 Uhr war bei der Rettung ein Notruf eingegangen. Zeugen hatten die 13-Jährige an einen Baum gelehnt entdeckt und mit der Reanimation begonnen. Einsatzkräfte übernahmen, die Versuche, die Jugendliche wiederzubeleben, blieben aber erfolglos.

Der APA vorliegenden Informationen zufolge behauptet der 23-Jährige, er habe mit der Tat nicht das Geringste zu tun. Er will gar nicht in der Wohnung des 18-Jährigen gewesen sein.

Gegen den 16- sowie den 18-Jährigen wird im gegenwärtigen Zeitpunkt wegen Vergewaltigung mit Todesfolge sowie Missbrauchs einer wehrlosen Person (§ 205 StGB) ermittelt. Beim 23-Jährigen geht die Staatsanwaltschaft im Moment offenbar nicht davon aus, dass er für den Tod der 13-Jährigen verantwortlich bzw. mitverantwortlich war. Bei ihm wird in Richtung Vergewaltigung und Missbrauch einer Wehrlosen ermittelt. Dies könnte – sollte sich die Beweislage ändern – allerdings modifiziert werden. Wesentlich dafür dürfte das schriftliche Obduktionsgutachten sein, das noch nicht vorliegt und von dem sich die Strafverfolgungsbehörden nähere Aufschlüsse zur Todesursache erhoffen. Die U-Haft der drei – als Haftgründe wurden Flucht-, Tatbegehungs- und Verabredungsgefahr angenommen – sind bis 16. bzw. 19. Juli rechtswirksam.

Flüchtiger in der Vergangenheit sechs Mal angezeigt

Am Samstag wurde bekannt, dass der noch flüchtige 22-Jährige seit 2018 bereits drei Mal gerichtlich verurteilt war, zuletzt im Vorjahr. Dabei war schon 2017 seine Abschiebung für zulässig erklärt worden. Der Afghane hatte als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling 2015 einen Asylantrag in Österreich gestellt. Im Oktober 2017 erging eine negative Asylentscheidung, ein Rückkehraufforderung wurde erlassen. Dagegen erhob der Mann der APA vorliegenden Informationen zufolge Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht – die offenbar fast vier Jahre später nach wie vor anhängig ist. Dabei sieht eine Bestimmung im Asylgesetz (§ 27 AsylG) sinngemäß vor, dass ein Beschwerdeverfahren schnellstmöglich zu beenden ist, wenn gegen den Betreffenden bereits ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in die Wege geleitet ist. Das Bundesverwaltungsgericht war am Samstag für eine Stellungnahme telefonisch nicht zu erreichen.

Den der APA vorliegenden Informationen zufolge war dem 22-Jährigen obendrein im Juni 2018 per Verfahrensanordnung der Verlust seines Aufenthaltsrechts wegen Straffälligkeit mitgeteilt worden. Er wurde insgesamt sechs Mal polizeilich angezeigt, darunter wegen Suchtmittelhandels, Hehlerei und Körperverletzung. Seit 2018 wurde er jährlich ein Mal gerichtlich abgeurteilt, angeblich jeweils nach dem Suchtmittelgesetz.

Bezogen auf das allfällige Strafausmaß, das den Tatverdächtigen im Fall einer Anklageerhebung droht, würde es übrigens keinen Unterschied machen, ob sie wegen Mordes oder Vergewaltigung mit Todesfolge belangt werden. Die Obergrenze des Strafrahmens wäre dieselbe – der 16-Jährige müsste nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) mit bis zu 15 Jahren, der 18-Jährige als junger Erwachsener mit bis zu 20 Jahren und die über 21-Jährigen mit zehn bis 20 Jahren oder lebenslanger Haft rechnen. (APA, 4.7.2021)