Lewis Hamilton vor Silverstone: "Ich erwarte gar nichts. Ich werde dorthin fahren und alles geben, was ich habe."

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Hat das Kommando übernommen: Max Verstappen.

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Spielberg – Lewis Hamilton rang sich eine halbwegs zuversichtliche Prognose nach der anderen ab, irgendwann ging ihm die Kraft aus. Welche Erwartungen er nach der Enttäuschung von Spielberg an sein Heimrennen in Silverstone habe, wurde der Mercedes-Star wieder und wieder gefragt. Schließlich gab er genervt zu Protokoll: "Ich erwarte gar nichts. Ich werde dorthin fahren und alles geben, was ich habe."

Der Missmut des Formel-1-Rekordweltmeisters war verständlich. Nicht nur, dass er wegen eines Schadens am Unterboden den Großen Preis von Österreich nur als Vierter beendete und nun 32 WM-Punkte hinter dem derzeit unantastbaren Max Verstappen liegt. Viel mehr bedrückte den langjährigen Branchenprimus, dass all die Arbeit des Teams und auch seine Extraschichten im Simulator verpufften: Verstappen feierte beim Heimrennen seines Red-Bull-Teams nicht nur den dritten Sieg in Folge, er musste auch nie ans Limit gehen.

Wolff: "Es sind noch 14 Rennen"

"Max enteilt gerade, im Moment haben wir nicht viel entgegenzusetzen. Wir waren meilenweit weg", fasste Hamilton zusammen: "Sie haben in den letzten Rennen eine Menge Updates mitgebracht, wir keine. Also müssen wir welche bringen, so viel Leistung wie möglich finden – sonst wird das Ergebnis meistens so sein wie hier."

Teamchef Toto Wolff zeigte Verständnis für die Niedergeschlagenheit seines Star-Piloten, der gerade erst seinen Vertrag bis Ende 2023 verlängert hat. Der Österreicher wurde aber nicht müde, Gründe für ein Mercedes-Comeback im WM-Kampf zu finden.

"Es sind noch 14 Rennen. Red Bull braucht nur einen Ausfall, und schon spielen wir wieder oben mit. Wir jagen sie massiv", sagte er. Die Serie von fünf Rennen in Folge ohne Sieg – solange blieb Mercedes zuletzt 2013 ohne Erfolg – sei "Teil einer Reise", fügte Wolff poetisch hinzu: "Im Moment ist es eine schwierige Passage. Das Team muss lernen, damit umzugehen."

Marko: "Wir sind nicht mal voll gefahren"

Anlass zur Hoffnung gibt es tatsächlich noch. Hamilton liebt Silverstone, siebenmal gewann der Sir auf der Traditionsstrecke, deren viele schnelle Kurven auch dem Mercedes W12 entgegenkommen sollten. Weiter bestätigte Wolff am Sonntag, dass die Silberpfeile ein Aerodynamik-Upgrade im Gepäck haben werden – Hamilton wird es freuen. Außerdem steigt im Home of British Motor Racing die Premiere des Sprint-Qualifyings.

Anders ausgedrückt: Wenn in Silverstone am 18. Juli unter all diesen Vorzeichen die Trendwende misslingt, dann kann Mercedes nach sieben Jahren an der Spitze der Formel 1 die WM wohl abschreiben.

Bei Red Bull gab man sich nach dem souveränsten Sieg in dieser Saison betont gelassen. "Wir sind nicht mal voll gefahren", sagte Motorsportberater Helmut Marko: "Wir gehen jetzt mit unglaublichem Selbstvertrauen nach Silverstone. Unser Paket funktioniert überall."

Ausgerechnet Verstappen, der als erster Pilot der Formel-1-Geschichte in nur 15 Tagen drei Rennen gewann und nebenbei seinen ersten Grand Slam schaffte (Pole Position, Start-Ziel-Sieg, schnellste Rennrunde), wählte eine defensivere Prognose. "Wir müssen jedes Wochenende sicherstellen, dass wir da sind. Wir hatten hier in Österreich ein dominantes Auto. Aber Silverstone ist etwas ganz anderes", sagte der 23-Jährige. Ausführungen, die man in ähnlicher Form schon oft von Hamilton gehört hat – in besseren Zeiten allerdings. (sid, 5.7.2021)