Eine Information vorab, damit Sie sich gleich auskennen mit der Nomenklatur. Wenn Ihnen künftig ein Ioniq unterkommt, ist erstens klar, dass es sich um ein Elektromobil von Hyundai handelt. Zweitens stehen die ungeraden Zahlen für SUVs, die geraden für Limousinen. Ioniq 5, messerscharf geschlossen: SUV. Ioniq 6 und 7 sind als Nächste bereits kommuniziert.

Wobei die Silhouette ja eher wirkt wie ein Golf oder so, aber egal: Steht man dann in echt vor dem Fahrzeug, ist es gleich eine Hausnummer größer, als die Bilder suggerieren mögen, 4,64 Meter lang ist es, und weil man wegen des Unterflurkonzepts etwas höher sitzt, passt SUV als Schubladierung schon.

Klares, geometrisches Design mit Schachbrettkästchen in diversen Größen, auch bei der signifikanten Leuchtengrafik. Bei den Materialien setzt Hyundai auf Rezyklate – und Vegan.
Foto: Hyundai

Legen wir also gleich los, wir sind nicht zum Spaß nach Valencia und Umgebung gekommen, wo die Koreaner zeigen wollen, was der 5er so kann. Erster Eindruck drinnen: enorm viel Platz. Kein Wunder bei drei Metern Radstand. Hinten kein Mitteltunnel, sondern alles flach. Und auf Basis dieser Konfiguration macht Hyundai uns reif für die Insel, irgendwann bleib i dann dort: "Universal-Insel" nennen sie diese 14 cm in Längsachse verschiebbare Mittelkonsole, die auch Damenhandtaschen aufzunehmen vermag.

Wenn schon von Schiebung die Rede ist: Die Rückbank ist ebenfalls potenziell mobil, auf 13,5 cm Länge. Und vor dem Losfahren noch ein Blick in den Kofferraum, Reisezeugs verstauen: Auch da gibt man sich wenig Blöße, Volumen: 527–1587 l.

Foto: Hyundai

Ausgefasst haben wir die Maximalversion, mit großer Batterie, 72,6 kWh, Allradantrieb und 225 kW, schiebt bei Nachfrage gar mächtig an. Abfahrt zunächst im komfortablen Grundmodus, auf den Kurvenstraßen wechseln wir auf Sport, alles gleich viel straffer und spontaner, und man spürt zwar bei fliehenden Kräften die Masse, der Wagen liegt prinzipiell aber tadellos.

Was wir weiters mögen, ist dieses simple Wechseln der Rekuperationsstufen zwischen Einpedalbetrieb und Segeln via Wippen am Volant sowie das Head-up-Display mit Augmented Reality. Findet man derzeit erst bei Mercedes und im VW-Konzern und jetzt eben auch schon bei Hyundai. Hilfreich und gut, diese bei Annäherung an den Richtungswechsel wandernden Pfeile.

Im Ladekapitel eine Klasse für sich: wie Porsche auf Basis 800 V.
Foto: Hyundai

Leicht lesbare Silhouette

Die Formensprache mag einem gefallen oder nicht, objektiv betrachtet ist der Ioniq 5 ein scharf und präzise gezeichnetes Neo-Geo-Objekt, sehr hübsch auch die versenkten Türgriffe. Und es herrscht nicht Kasten-, sondern Kastldenken (in mehreren Größenordnungen), abgeleitet vielleicht vom Schachbrett, womöglich mit dem Anspruch, der Ioniq 5 wäre Hyundais erster Schachspieler auf der E-GMP-Plattform, mehr dazu gleich.

Die Klarheit und Reduziertheit des Außendesigns setzt sich innen fort, der breite Panoramabildschirm erinnert lebhaft an Mercedes’ A-Klasse, allerdings ist der Grundton nicht schwarz, sondern freundlich hell.

Designchef-Urgestein Thomas Bürkle erklärt den Gestaltungsansatz, den er mit "Die Zukunft findet jetzt statt" zusammenfasst: Er habe die Sache architektonisch angegangen, nicht wie sonst üblich vom Auto her, und dabei ein weites, offenes Wohnzimmer gestalten wollen. Zu diesem Konzept zählen auch Frontsitze, die sich zum Entspannen in Lounge-(Liege-)Gestühl verwandeln lassen, beispielsweise für eine Ladedauer. Kleiner Powernap an Bord, schon geht es frisch und munter und geladen weiter. Clevere Idee.

Foto: Hyundai
Grafik: Der Standard

Der 5er ist auch ein Beleg dafür, wie schnell die Koreaner sind. Nach VW sind sie die Ersten, die sich eine rein elektrische Plattform (E-GMP) gezimmert haben und gleich einen Schwung an Autos ins Rennen schicken. Ähnlich wie der VW-Konzern hält es auch Hyundai mit der Konfigurationsvielfalt. Den Ioniq 5 gibt es mit Heckantrieb und Allrad, zwei Batteriegrößen stehen zur Auswahl – mit 58,2 und 72,6 kWh Kapazität – und vier Elektromotoren mit 125, 160, 173 und 22 kW. Die Reichweiten pendeln zwischen 360 und 481 km.

Und dann machen die es doch glatt so wie Porsche. Die haben sich, als erster Massenhersteller der Welt, eine sündteure 800-Volt-Technologie zum Schnellladen zugelegt, das Doppelte der üblichen 400, wodurch sich an einer 350-kW-Station der Akku in 18 Minuten auf 80 Prozent bringen lässt, siehe Powernap. Hut ab! Ioniq 5: ein bemerkenswert geglückter Einstieg in die E-Ära auf der neuen technischen Architektur. (Andreas Stockinger, 15.7.2021)