Die Tageszeitung "Österreich" muss berichtigen, dass Raphaela Scharf (rechts) die Zeugin Katia Wagner bereits nominiert hatte, als Michael Rami (links) noch nicht ihr Anwalt war.

Foto: APA / HANS PUNZ

Wien – Die Causa Fellner ist um ein Urteil reicher: Die Ex-oe24.tv-Moderatorin Raphaela Scharf hat am Montag vor dem Wiener Straflandesgericht gegen die Mediengruppe Österreich einen Etappensieg erreicht. Teile der Berichterstattung in der Tageszeitung "Österreich" vom 9. Mai über die anhängigen Verfahren in der Belästigungscausa seien irreführend, so das Urteil. Innerhalb von fünf Werktagen muss "Österreich" nun eine Gegendarstellung veröffentlichen. Fellners Anwalt, Peter Zöchbauer, kündigte dennoch volle Berufung an.

Prozessgegenstand waren zwei "Österreich"-Artikel über laufende Gerichtsverfahren: eines, das Scharf gegen ihren damaligen Arbeitgeber wegen ihrer fristlosen Entlassung führt, und ein anderes, das Medienmacher und Mastermind hinter der Mediengruppe Österreich, Wolfgang Fellner, gegen Scharf führt. Er klagt auf Unterlassung der Vorwürfe, Scharf bei einem Fotoshooting begrapscht zu haben. DER STANDARD berichtete, dass Fellner die Vorwürfe in diesen Artikeln bestreitet, sich aber für seine Wortwahl entschuldigte. Die Vorwürfe zweier Ex-Mitarbeiterinnen erklärte er als Kampagne von den Konkurrenzsendern Puls24 und Krone.tv. Mittlerweile erhob Angela Alexa als dritte Frau öffentlich Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen Fellner, sie arbeitet derzeit bei Radio Arabella.

Zeugin Wagner nicht "hervorgezaubert"

"Österreich" muss diese Darstellung nun in mehreren Punkten berichtigen: So wurde in einem der Artikel behauptet, Scharfs Anwalt Michael Rami habe mit der Zeugin Katia Wagner eine weitere Frau "hervorgezaubert", die Fellner sexuelle Belästigung vorwirft. Tatsächlich wurde Wagner aber bereits von Scharfs früherem Anwalt als Zeugin genannt. Rami übernahm die Vertretung Scharfs erst im März dieses Jahres, die beiden Verfahren begannen jedoch bereits im Mai bzw. Juni 2019. Rund fünf Monate später begann Scharf für Krone.tv zu arbeiten. Weil Fellner seine Klage gegen Scharf Ende Mai auf den Vorwurf beim Fotoshooting einschränkte, wurde Wagner bislang nicht ausführlich zu ihren Vorwürfen vor Gericht befragt.

Ebenso Thema war die Forderung nach einer Gehaltserhöhung: Fellner sieht Scharfs Vorwürfe als "Rache-Aktion", weil er ihre Forderung nach mehr Gehalt laut Artikel wenige Tage vor dem Fotoshooting abgelehnt hatte. Tatsächlich sagte Fellner selbst vor Gericht, dass er ihre Forderung in der Höhe für überzogen hielt, sich aber für eine Erhöhung einsetzen werde. Somit stellte Fellner Scharf eine Gehaltserhöhung in Aussicht.

Gleichbehandlungsanwaltschaft muss erwähnt werden

Außerdem muss "Österreich" veröffentlichen, dass sich Scharf sehr wohl gegen Fellner persönlich wehrt, nämlich vor der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Dass dies kein Verfahren vor Gericht sei, wie in den Veröffentlichungen behauptet, sei irrelevant: Leserinnen und Leser würden aus den Artikeln laut Richter Christian Noe schließen, dass überhaupt keine rechtlichen Schritte eingeleitet worden seien.

Überhaupt seien die Veröffentlichungen in diesem Teil zu wenig ausgewogen gewesen: So behauptete "Österreich", Scharf hätte sich bei nicht näher definierten Rechtsberatern erkundigt, wie sie eine "Kündigung wegen sexueller Belästigung" argumentieren könne. Ihr sei gesagt worden, dass sie "handfeste Beweise" brauche, und sie habe Fellner am nächsten Tag des Übergriffs beim Fotoshooting bezichtigt. Dies ist laut Gegendarstellung unwahr: Scharf habe sich diesbezüglich nie erkundigt. Sehr wohl aber kontaktierte sie die Gleichbehandlungsanwaltschaft, weil sie sich von Fellner mit Nachrichten, Aufforderungen zum Abendessen, Umarmungen und Kussversuchen belästigt fühlte.

Die begehrte Gegendarstellung muss trotz Berufung innerhalb von fünf Werktagen veröffentlicht werden. Nicht Teil der Gegendarstellung ist eine inkriminierte Passage der Artikel über Fotos des Shootings, die in den Verfahren von Fellner als Beweismittel vorgelegt wurden. Sie sollen zeigen, dass während des Shootings keine Übergriffe stattfanden. Im Herbst gehen Unterlassungs- und Entlassungsverfahren in die nächste Runde. (Laurin Lorenz, 5.7.2021)