Besonders in Europa klaffen die Prognosen vieler Wetter-Apps deutlich auseinander.

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Oh, oh, Kaltluftfront aus Nordwest! Und dann auch noch die alarmierende Pushnachricht: Eine Gewitterwalze rollt auf die Stadt zu, Abendessen im Schanigarten abgesagt! Wetter-Apps haben unser Leben ein wenig besser gemacht. Wir müssen nicht mehr bangend gen Himmel schauen oder den abendlichen Bericht im Anschluss an die Nachrichten abwarten. Besonders für mittelfristige Pläne ist es wesentlich praktischer, die Fünf-Tages-Prognose inklusive See- oder Bergwetter-Details am Handy abzurufen oder sich per Push über Änderungen informieren zu lassen.

Doch welche Apps sind zuverlässig – und vor allem: Warum klaffen Vorhersagen unterschiedlicher Anbieter oft so weit auseinander? Der Grund liegt in der Regionalität der jeweiligen Wetter-App. Sie bestimmt, welche Daten und Vorhersagemodelle zum Einsatz kommen. Die beiden meistgenutzten globalen Modelle, die für die Berechnung von mittel- bis langfristigen Wetterprognosen verwendet werden, sind das US-amerikanische Global Forecast System (GFS) und das Modell des European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF). Da sie die Entwicklung des Wetters auf der ganzen Welt über einen längeren Zeitraum berechnen, ist die Auflösung der Prognosen recht niedrig. Das amerikanische Modell bietet dabei ein Raster von 28 Kilometern, das ECMWF ist mit neun Kilometern um einiges feiner.

Während sich das europäische Vorhersagemodell in den vergangenen Jahren als treffsicherer erwiesen hat, ist das GFS unter den App-Anbietern das weiter verbreitete. Denn das GFS wird von der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) betrieben und aus öffentlicher Hand finanziert. Die Daten stehen der Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung, können also einfach gezogen werden. Deshalb basieren die meisten Gratis-Wetter-Apps auf dem GFS-Modell. In den USA werden sie meist durch feiner aufgelöste und aktuellere Daten der einzelnen US-Staaten ergänzt. Für Nutzer in Europa, einem Kontinent, in dem Ballungsräume um einiges enger nebeneinanderliegen, ist das US-Modell zu grob, um für die einzelnen Orte genaue Prognosen zu liefern. Gebraucht werden daher regionale Institutionen, die globale Modelle mit eigenen Berechnungen und Messdaten präzisieren.

Es geht besser

In Österreich ist dafür die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zuständig. Wie Christoph Wittmann, Leiter der Modellentwicklung an der ZAMG erklärt, werden für Mittel- und Langfristvorhersagen die Berechnungen des ECMWF verwendet. Für kurzfristige Regionalvorhersagen kämen dann zusätzlich feinmaschige Modelle zum Einsatz, die speziell für den Alpenraum entwickelt wurden. Eines davon nennt sich AROME-Aut. Das Modell wird alle drei Stunden neu berechnet und ist auf 2,5 Kilometer genau. Im Vergleich zu den globalen Modellen lassen sich dadurch die Unterschiede zwischen einzelnen Regionen besser darstellen. "Dafür können regionale Modelle nur für die nächsten Stunden oder ein, zwei Tage Vorhersagen liefern", erläutert Wittmann. ECMWF liefert dabei wichtige Informationen über großräumige Wetterlagen wie Hitzewellen.

Täuschende Zeichen

Auch die ZAMG bietet ihre Vorhersagen in einer eigenen App namens "Wetter Zone" an. Im Gegensatz zu pragmatischeren Wetter-Apps, in denen auf einen Blick die Wetterlage der nächsten Woche angezeigt wird, setzt die ZAMG-App auf eine österreichweite und kurzfristige Darstellung. Außerdem gibt es einen schriftlichen Wetterbericht. Durch die vorsichtige Aufbereitung der Vorhersagen wird die Enttäuschung gemindert, die oftmals von eindrucksvollen Regen-Icons ausgelöst wird, da sie die Wahrscheinlichkeit für Regen nicht visualisieren können. Prognosen, die weiter als fünf Tage in die Zukunft blicken, sollten ohnehin mit Vorsicht genossen werden.

Doch welchen Wetter-Apps kann man in der Flut von Gratisanwendungen nun vertrauen? Wer für internationale Prognosen und Widgets eine Ergänzung zur ZAMG-App sucht, ist gut beraten, kein weiteres Geld für Apps auszugeben, die mehr versprechen, als sie können. Denn es finden sich immer wieder Anwendungen, die nur auf dem groben GFS-Modell basieren, dafür aber Icons, witzige Designs und viel Werbung bieten. Dabei sind die vorinstallierten Wetter-Apps auf Android und iOS ganz passable Optionen. Betrieben werden sie von IBMs The Weather Channel, und sie versprechen ein feinmaschiges Vorhersagemodell mit einer globalen Auflösung von beeindruckenden drei Kilometern. (Tiana Hsu, 6.7.2021)