Heinz-Christian Strache bei der Verkündigung seines Rücktritts als Vizekanzler 2019.

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Am Dienstag um neun Uhr geht der erste Strafprozess los, der auf den Ermittlungen rund ums Ibiza-Video basiert – DER STANDARD berichtet live. Das war am 17. Mai 2019 öffentlich geworden, der spätere Vizekanzler Heinz-Christian Strache und der damalige FPÖ-Nationalratsmandatar Johann Gudenus hatten darin vor einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte unter vielem anderen von der Möglichkeit gesprochen, Spenden für die FPÖ über parteinahe Vereine fließen zu lassen.

Von Dienstag bis mindestens Freitag steht nun Strache vor dem Straflandesgericht Wien und Einzelrichterin Claudia Moravec-Loidolt, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat den Ex-Vizekanzler der Bestechlichkeit und seinen Freund Walter Grubmüller, den Betreiber der Privatklinik Währing in Wien angeklagt. Wie berichtet wirft sie Strache rund um die Novellierung des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) Bestechlichkeit und Grubmüller Bestechung vor.

Spende und Flug

Für die WKStA ist eine 10.000-Euro-Spende Grubmüllers an die FPÖ vom 29. August 2017 der Beleg für einen Gesetzeskauf. Strache, damals Oppositionsabgeordneter, soll im Gegenzug FPÖ-Mandatare zur Einbringung eines Initiativantrags verleitet haben. Zudem soll sich Strache im Konnex mit dieser Gesetzesänderung Anfang Mai 2018 damals schon in seiner Funktion als Vizekanzler gemeinsam mit seiner Frau von Grubmüller zu einem Flug im Privatjet und einem Aufenthalt in dessen Haus in Korfu einladen haben lassen.

Beide hatten die Vorwürfe bei ihrem Bekanntwerden bestritten, für beide gilt die Unschuldsvermutung. Stark anzunehmen ist, dass beide auf unschuldig plädieren werden. Kernfragen im Prozess werden sein, ob Oppositionspolitiker Strache 2017 beim Initiativantrag überhaupt irgendetwas bewirken hätte können und ob Reise und Spende mit einem Amtsgeschäft Straches zusammenhingen.

Start mit Angeklagten

Die Richterin, die 2013 etwa die Causa Immofinanz rund um Karl Petrikovics oder im Vorjahr die Causa Stadterweiterungsfonds (endete mit Freisprüchen) verhandelt hatte, hat einen straffen Prozessfahrplan vorgegeben. Jeden Tag wird von neun Uhr in der Früh bis 17 Uhr verhandelt (eine Mittagspause wird es wohl geben).

Am Dienstag werden im Großen Schwurgerichtssaal die Plädoyers des Staatsanwalts und der Verteidiger zu hören sein; Strache wird von Anwalt Johann Pauer und Grubmüller von seinem Bruder, Anwalt Helmut Grubmüller vertreten. Anschließend wird die Richterin die Angeklagten befragen. Am Mittwoch geht es dann mit den Zeugenbefragungen los, etwa mit jener des Chefs der Privatkliniken-Gruppe der Uniqa, der Premiqamed, und dem Vizepräsidenten der Wirtschaftskammer Österreich, Matthias Krenn. Da wird es wohl um die Gesetzeswerdung der entsprechenden ASVG- und Prikraf-Novellen gehen. Zudem soll am Mittwoch eine FPÖ-Buchhalterin aussagen.

Exgesundheitsministerin als Zeugin

Tags darauf wird ehemalige FPÖ-Prominenz "in der Mitte" Platz nehmen, wie Sessel und Tischchen vor dem Richtertisch im Großen Schwurgerichtssaal genannt werden, von dem aus Angeklagte und Zeugen aussagen: Exgesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein, Ex-FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch, der Gesundheitsreferent im FPÖ-Parlamentsklub Fritz Simhandl sowie der ehemalige Kabinettschef Straches und Hartinger-Kleins.

Vorausgesetzt, das alles geht sich zeitlich aus und es kommen keine weiteren Zeugen dazu, ist der Freitag für die Schlussplädoyers reserviert – und fürs Urteil. Die Strafdrohung: sechs Monate bis fünf Jahre Haft. (Renate Graber, 6.7.2021)