2019 bei der Präsentation der "West Side Story", die wegen Corona verschoben werden musste und nun ab Donnerstag gezeigt wird, sah man Peter Edelmann noch mit Landeshautmann Hans Peter Doskozil.

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Burgenland schien lange die Heimat unbegrenzter Operettenmöglichkeiten zu sein – mit Mörbisch als Hauptstadt der Herzen. In ihrer goldenen Ära, als unter Harald Serafin eine Publikumsexplosion erfolgte, sorgte man mit über 200.000 Zuschauern und Serafins Marketingtalent für Furore. Doch der Boom ebbte bereits unter Serafin etwas ab. Im Gegenzug breitete sich der Operettenstil zusehends in Richtung Personalfragen aus. Für ungebetene, jedoch erheiternde Konflikte war gesorgt.

Als etwa Dagmar Schellenberger 2013 die Intendanz von Serafin übernahm, war es der scheidende Prinzipal selbst, der seine Skepsis bezüglich der Dame öffentlich kundtat. Im Rückblick wirken diese Scharmützel, denen auch Versöhnung folgte, jedoch wie eine zarte Ouvertüre. Als die Ära Schellenberger nach fünf Jahren eher abrupt zu Ende ging, folgte nämlich ein erstes wirklich großes Stück abseits der Bühne. Es sollte Mörbisch endgültig zum Mekka der unfreiwilligen kulturpolitischen Operette heranreifen lassen. Die "Minutenära" von Gerald Pichowetz beendete die Kulturpolitik nämlich selbst. Noch vor ihrem Beginn.

Edelmanns Ruhe

Das Kunststück: Kurz nach der Präsentation der neuen Lichtgestalt zeigten sich die Pichowetz-Fans überrascht von den Kosten seiner Pläne und setzten ihn vor die Tür, um ihn vor Gericht wiederzusehen. Pichowetz hatte geklagt, schließlich kam es zum Vergleich mit Stillschweigevereinbarung.

Immerhin: Mit Peter Edelmann wurde ein Nachfolger gefunden, mit dem sich in Mörbisch der unkünstlerische Lärm zu legen schien.

Diese Ruhe scheint mittlerweile jedoch lediglich an der Oberfläche zu herrschen – Landesvater Hans Peter Doskozil (SPÖ) betätigte sich nämlich als Kulturpolitiker. Er bestellte Alfons Haider, der in Stockerau ein Festival geleitet hatte, bis die dortige Politik den Geldhahn zudrehte, zum Generalintendanten der Kultur-Betriebe Burgenland. Dies bedeutet: Für 2022 soll Haider in Mörbisch auch künstlerisch das Sagen haben.

Allerdings verfügt auch Edelmann als künstlerischer Leiter über einen Vertrag bis August 2022, den er zu erfüllen gedenkt.

Ein Sommermatch?

Natürlich stellen sich diesbezüglich reizvolle Fragen: Wird die Doppelleitung den Seefestspielen zwei Produktionen bescheren? Ein Sommermatch Musical (Haider) gegen Operette (Edelmann)? Eher nicht. Vielmehr scheint die von Edelmann längst in Planung befindliche Lustige Witwe durch Haiders Idee ersetzt zu werden, das Musical The King And I zu spielen.

Haider, der auch SPÖ-Parteiveranstaltungen moderierte, ist politische Rückendeckung sicher. Zudem gilt Doskozil als Musicalfan, der nichts von einer Fixierung auf Operette wissen will. Kurioserweise ist Edelmann, für den Alfons Haider, es sei ausdrücklich erwähnt, immer voll des Lobes ist, nicht fixiert. Die von ihm für heuer konzipierte West Side Story ist tatsächlich ein Musical.

Seltsame Präsentation

Als es jedoch um die Präsentation des Bernstein-Klassikers ging, war Edelmann bei der PR-Bootsfahrt nicht nur nicht eingeladen. Es heißt, er sei explizit gebeten worden, nicht zu erscheinen. Da überkommen den Betrachter kabarettistische Ideen: Sollte er etwa das Stück König Doskozil und ich, Haider nicht stören?

Auf Anfrage des STANDARD bezüglich des kleinlichen Affronts gegenüber Edelmann antwortet Festspieldirektor Dietmar Posteiner: Bei dem besagten Termin sei es um Öffentlichkeitsarbeit für Musiktheater gegangen, für das Haider zuständig sei. Er sei "der ideale Gesprächspartner für Journalisten".

Die Reden

Außerdem sei es um organisatorische Themen im Zusammenhang mit Corona gegangen, wofür ausschließlich Herr Haider über die erforderlichen Informationen verfüge. Haider als Corona-Geheimnisträger? Man lernt nie aus und freut sich nicht nur auf die donnerstägige Premiere von West Side Story. Da es immer Eröffnungsreden gibt, wird man auch sehen, ob das Stück Das Verschwinden Edelmanns um ein weiteres Kapitel erweitert wird.

Politregisseur Doskozil ist jedenfalls für Überraschungen gut. Auf dem Sektor "operettenhafte Personalturbulenzen" könnte er die Mörbischer Tradition spektakulär in eine neue goldene Ära führen.

Im Ernst: Ob Musicals wie The King And I 100.000 Besucher anlocken, muss sich erst zeigen. Erwiesen scheint: Bei Freiluftgroßfestivals reüssiert man leider nur mit echten Blockbustern. Ob Operette, Musical oder Oper spielt da keine Rolle. Siehe auch Bregenzer Festspiele., wo auch großartige Produktionen von nicht gar so bekannten Stücken für gewisse Auslastungsprobleme sorgten. Mögen sie dem Generalintendanten Haider erspart bleiben! (Ljubiša Tošic, 6.7.2021)