Soll es zur Abwechslung einmal in die USA oder nach Australien gehen? Nehmen wir uns ein Flugabo in die persönliche Lieblingsmetropole, oder sparen wir noch auf die Expeditionskreuzfahrt in die Antarktis? Vor schwierigen Entscheidungen wie diesen standen reisefreudige Österreicherinnen und Österreicher im Jänner 2020. Damals hatte ein namhaftes heimisches Reisebüro gerade sein jährliches Trendbarometer für die kommende Reisesaison publiziert. Zwei Monate später machte Corona derlei Prognosen einen Strich durch Rechnung. Im zweiten Sommer der Pandemie kann von zeitgeistigem Ortswechseln keine Rede sein, die Ansprüche der Urlauber sind bescheidener geworden.

Spät entschlossen

Im Mai 2021 hatten erst 40 Prozent der Reisewilligen ihren Sommerurlaub gebucht, wie der ÖAMTC bei einer aktuellen Untersuchung herausfand. Die Österreicher scheinen sich in diesem Jahr noch unsicherer zu sein als 2020, ob, wann und wohin sie verreisen. Konkrete Entscheidungen werden sehr spät getroffen, obwohl mehr als 70 Prozent der Österreicher angeben, einen Sommerurlaub zu planen. Noch wichtiger als in anderen Jahren scheint es den Binnenlandbewohnern heuer zu sein, den Urlaub endlich wieder am Strand verbringen zu dürfen – oder zur Not auch an einem See. Der Badeurlaub am Meer ist jedenfalls mit Abstand die liebste Reise der Österreicher auch in diesem Jahr. Die Pläne für eine Reise ins nahe Ausland oder an ein Badegewässer in Kärnten oder der Steiermark halten sich aber derzeit noch die Waage.

In Istrien sind die Strände heuer gut besucht. Kein Wunder, die Österreicher kommen einfach mit dem Auto hin, die Reisewarnung ist aufgehoben und der Wunsch ans Meer zu fahren, war selten zuvor so groß.
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Stichwort nahes Ausland: Dass es im nördlichen Kroatien, sprich in Istrien, heuer noch voller sein wird als im Vorjahr, ist kein Geheimnis. Die Österreicher werden dort und an der Oberen Adria in Italien am häufigsten ihren Auslandsurlaub verbringen. Im drittliebsten Sommerreiseziel der Österreicher ergibt sich ein differenzierteres Bild: Die Inseln, allen voran Kreta, aber auch die großen Ägäis-Eilande wie Lesbos oder die Kykladen-Insel Mykonos sind jetzt schon gut gebucht. In vielen anderen Landesteilen dürfte es eher beschaulich zugehen.

Zug holt langsam auf

Dabei ist zu beobachten, dass die Fluganreise noch vielen als unsicher erscheint, der Anteil liegt gerade einmal bei 17 Prozent. Erstaunlich: Etwa genauso viele Menschen werden in diesem Sommer zusammengerechnet mit dem Zug oder einem Wohnmobil unterwegs sein. So seien etwa die neuen Nachtzugverbindungen in Richtung Süden in diesem Sommer schon fast ausgebucht, weiß Railtours-Chefin Eva Buzzi. Zwei Drittel der Österreicher wollen dennoch wieder mit dem eigenen Auto verreisen, weil den meisten in der Pandemie die Unabhängigkeit bei der Mobilität noch wichtiger geworden ist.

Auch Norwegen macht mit beim "Grünen Pass" der EU. Die Einreise ist wieder recht unkompliziert möglich.
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Überraschend: Knapp mehr als die Hälfte der Österreicher (52 Prozent) gibt an, die Urlaubspläne trotz Corona nicht ändern zu wollen. Womöglich vertrauen viele darauf, dass der seit 1. Juli EU-weit gültige "grüne Pass" einheitliche Regeln für Reisen innerhalb der Union bringt. Das tut er grundsätzlich auch, denn mit den digitalen Corona-Zertifikaten, die über einen QR-Code visualisiert werden, kommt man wieder relativ leicht in die 27 EU-Staaten plus Schweiz, Island, Norwegen und Liechtenstein. Allerdings bleibt es auch im Sommer ’21 nicht aus, sich vor der Reise über die Details zu informieren. So sind etwa die Fristen, ab wann eine Impfung anerkannt wird, unterschiedlich. Die Regeln, ab welchem Alter Kinder getestet sein müssen, divergieren ebenfalls. In manchen Ländern ist zudem eine Online-Registrierung vor der Einreise erforderlich.

Schnelle Recherche

Tatsächlich entspricht der Rechercheaufwand auf EU-Portalen wie "Reopen Europe" nicht einmal dem Zeitverbrauch bei einer Online-Flugbuchung. Wer im Ausland urlauben will und dafür nicht ohnehin die Dienste eines Reisebüros in Anspruch nimmt (das weiß, welche Regeln wo gelten), wird sich heuer wohl nicht mehr so leicht davon abbringen lassen. Denn noch etwas Entscheidendes für Urlauber ist mit Anfang Juli passiert: Das Außenministerium hat die vor 15 Monaten verhängte weltweite Corona-Reisewarnung aufgehoben.

Großbritannien ließe zwar Österreicher ins Land, aber die Rückkehr wird kompliziert für sie. Das Land gilt als Virusvariantengebiet, das Außenministerium hat seine Ampel für das Vereinigte Königreich deshalb auf "rot" gestellt.
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Seitdem existiert auch im Außenministerium eine Art Ampelsystem, mit dem nun operiert wird. Sie sagt weniger etwas über die Gefahren einer Reise in diese Länder aus als vielmehr über die Auflagen, die man bei der Einreise nach Österreich – also auch bei der Rückkehr – zu erfüllen hat. Laut dieser Ampel sind ab sofort nur noch einige wenige Virusvariantengebiete wie Brasilien, Südafrika, Indien oder Großbritannien "rot". Österreichische Urlauber, die aus solchen Ländern zurückkehren, müssen zu Hause in Quarantäne. Der Großteil der außereuropäischen Länder wurde nun aber von "Rot" auf "Orange" geschaltet. Für die Einreise in oder Rückreise aus orangen Ländern ist nur eine volle Immunisierung gegen das Coronavirus oder eine Genesung plus 14 Tage erforderlich. Komplett liberalisiert, also "grün", ist die Einreise aus allen EU-Staaten sowie Serbien, Nordmazedonien und Albanien.

Noch in weiter Ferne

Bedeutet das auch, dass Fernreisen schon in diesem Sommer wieder einfacher möglich sind? Nur bedingt, denn auf der grünen Liste finden sich zwar auch einige außereuropäische Länder wie die USA, Australien, Neuseeland, Japan, Südkorea oder Thailand. Doch wie das Beispiel der USA oder Japans zeigt, akzeptiert die EU nur einseitig wieder Touristen aus diesen Ländern. Europäische Urlauber sind dort weiterhin unerwünscht. Recht speziell ist die Situation in Thailand, dort wurde lediglich Phuket als Testregion für den Tourismus geöffnet. Das Programm läuft unter dem Titel "Sandbox Phuket" und erlaubt Geimpften samt ihren getesteten Kindern die Einreise.

Phuket gilt als Testfall für ganz Thailand: Geimpfte Touristen dürfen jetzt kommen. Sollte sich das bewähren, könnten weitere Öffnungsschritte folgen.
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Während also die meisten Fernreiseziele, die Österreich als "grün" klassifiziert, Österreicher gar nicht einreisen lassen, wird es bei manchen "orangen" Ländern spannend: Nach Mexiko etwa gelangt man theoretisch problemlos – und als Geimpfter auch ohne Schwierigkeiten wieder zurück. Was die praktische Frage aufwirft, ob denn schon jetzt ausreichend internationale Flüge existieren. Verkehrs-Staatssekretär Magnus Brunner betonte im Rahmen der Abschaffung der weltweiten Reisewarnung jedenfalls, dass dies der Fall sei. Zudem wies er darauf hin, dass auch diverse Landeverbote in Wien bald auslaufen werden.

Selten abgehoben

Tatsächlich nehmen die Flugverbindungen wöchentlich zu, doch die Reisenden bleiben zurückhaltend. Im Mai 2021 lag das Passagieraufkommen am Flughafen Wien noch immer 86 Prozent unter dem durchschnittlichen Vorkrisenniveau. Statt beinahe drei Millionen Fluggästen im Mai 2019 hoben zuletzt nur rund 400.000 von dort ab. Woran liegt das? Zum einen ist der außenpolitische Fleckerlteppich erst seit kurzem behelfsmäßig geflickt, zum anderen sind die Erfahrungen mit dem Fliegen in der Krise durchwachsen. Stornierte Tickets wurden auch von großen Airlines teilweise noch nicht zurückbezahlt. Konsumentenschützer verzeichnen Negativrekorde bei der Anzahl der Beschwerden.

Die meisten Urlauber aus Österreich kommen mit dem Flieger nach Griechenland. Das geht in vielen Fällen gut, doch manchmal werden Flüge auch kurzfristig gestrichen.
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Aktuell kommt es bei Billigairlines zu Stornos von deren Seite, wenn Flieger nicht voll sind und somit nicht kostendeckend abheben können. Wer deshalb nicht an seinen Urlaubsort gelangt, ist verärgert – entweder weil er auf den Hotelkosten sitzenbleibt oder, im Fall einer über Reisebüro gebuchten Pauschalreise, weil das gewählte Reiseziel erst recht wieder nicht erreichbar ist und in letzter Minute durch ein anderes ersetzt werden muss. Kein Wunder also, dass der Anteil der Selbstfahrer 2021 enorm hoch bleibt.

Rückkehr ins Hotel

Bei Wahl der Unterkunft hat das Hotel – oft in Verbindung mit einem All-inclusive-Angebot – nach eineinhalb Jahren Pandemie wieder die Nase vorn. Rund ein Drittel der Österreicher übernachtet im Urlaub bevorzugt dort, die Nachfrage nach Ferienwohnungen und -häusern ist hoch geblieben. Aber ein volles Frühstücksbuffet schlägt bald endgültig wieder die Angst vor überfüllten Speisesälen.

Apropos überfüllt: Menschen, die zu vielen Landsleuten auf einem Fleck im Ausland schon vor der Pandemie gerne ausgewichen sind, können dies heuer noch einfacher tun. Dafür müssen sie nur eins und eins zusammenzählen: Die meisten Österreicher wollen ans Meer, wohnen im Hotel, setzen sich dafür ins Auto und fahren für die paar Tage Urlaub nicht allzu weit. Es bleiben also auch in pandemiebedingt schwierigen Reisejahren tausende Kombinationsmöglichkeiten für erholsamen Urlaub in Europa übrig – wenn man nur ein Detail in diesem Muster ändert. (Sascha Aumüller, RONDO, 9.7.2020)