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Gebetsblockade auf dem Tifliser Rustaweli-Boulevard.

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Demonstranten in traditioneller Tracht.

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Die Angreifer verfolgten Aktivisten, Journalisten und Ausländer.

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Als bekannt wurde, dass die Parade nicht stattfinden wird, brach Jubel aus.

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Außenminister Alexander Schallenberg in Georgien, 26. Juni.

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Vor einer geplanten Demonstration für die Rechte Homosexueller und anderer sexueller Minderheiten in der georgischen Hauptstadt Tiflis hat ein gewalttätiger Mob das Büro der Organisatoren gestürmt und verwüstet. Die Parade wurde darauf abgesagt, trotzdem machten die Angreifer am Montagnachmittag Jagd auf Aktivisten, Journalisten und Ausländer.

Homophobe Gruppen versammelten sich am Montag um gegen die für diese Woche geplante Pride Parade zu demonstrieren.
DER STANDARD

Ein polnischer Reporter, der einen Ohrring trug und deshalb für schwul gehalten wurde, musste mit einer Messerverletzung am Brustkorb ins Spital gebracht werden. Insgesamt wurden laut Polizeiangaben 50 Journalisten Opfer von Gewalt, acht Angreifer wurden festgenommen.

Georgiens einflussreiche orthodoxe Kirche hatte vor dem Marsch auf der geplanten Route Blockaden organisiert, einzelne Priester riefen zur Gewalt auf. Patriarch Ilja II. forderte die Demonstranten zu friedlichem Protest und Gebeten auf, sprach aber auch von einem "pervertierten Lebensstil" und von "LGBTQ+-Propaganda-Aktivitäten".

Kirchlicher Gewaltaufruf.

Sein designierter Nachfolger Schio Mujiri forderte am Montagabend, ein Gesetz zu erlassen, das die Beleidigung religiöser und nationaler Gefühle unter Strafe stellt. Nur so könnten weitere Ausschreitungen verhindert werden, argumentierte der Kirchenmann: "Wie oft auch versucht wird, eine derartige Veranstaltung abzuhalten, unsere Nation wird sich immer geschlossen dagegenstellen", zitieren ihn lokale Medien.

Ein Priester hat den georgischen Journalisten Rati Tsverava im Schwitzkasten.

Premierminister Irakli Garibaschwili kritisierte die Organisatoren der Kundgebung: Es sei verantwortungslos, eine Parade zu veranstalten, die "ein großer Teil der georgischen Gesellschaft ablehnt". Er warf der "radikalen Opposition" und dem in Abwesenheit zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilten Expräsidenten Michail Saakaschwili vor, hinter der Pride-Parade zu stecken.

Präsidentin Salome Surabischwili hingegen besuchte verletzte Journalisten im Spital und erklärte auf Twitter, das sei "nicht das Georgien, das ich kenne".

Botschafter aus 16 EU-Staaten, Großbritannien und den USA veröffentlichten eine gemeinsame Protestnote, in der die Angriffe verurteilt werden.

Die österreichischen Grünen mahnten noch während der Gewalt den Schutz der Aktivisten durch den georgischen Staat ein, "bevor Blut fließt". "Ich bin schockiert über das tatenlose Zusehen seitens der georgischen Regierung", erklärte die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, in Reaktion auf die Ereignisse in Tiflis in einer Aussendung.

Laut Ernst-Dziedzic befinden sich die angegriffenen Räumlichkeiten der Aktivisten in einem Uno-Gebäude. Zudem seien österreichische Staatsbürger an Ort und Stelle gewesen. "Ich fordere auch die österreichische Botschaft auf, sich umgehend einzuschalten (...)", so die grüne Nationalratsabgeordnete. Auch die internationale Staatengemeinschaft müsse aktiv werden. "Die Polizei hätte viel früher einschreiten müssen", kritisierte Ernst-Dziedzic die georgischen Behörden.

Gesetz nicht umgesetzt

Für die EU-Annäherung hat die frühere Sowjetrepublik Georgien zwar ein umfassendes Anti-Diskriminierungs-Gesetz beschlossen, das aber laut Aktivisten nie umgesetzt wurde. Bei Pride-Kundgebungen ist es in der Vergangenheit mehrmals zu Gewalt gekommen. Deswegen wurde Georgien auch schon vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt. 2019 gab es auch Proteste gegen den georgischen Film "And Then We Danced" über die Liebe zweier schwuler Tänzer.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte sich erst jüngst auf Betreiben der EU mit seinen Amtskollegen aus Litauen und Rumänien zu einem Besuch in Georgien aufgehalten. Danach hatte es indirekte, aber klare Signale der Südkaukasus-Mission der Außenminister Richtung Russland gegeben, dass die EU künftig in der Region stärker präsent sein will. "Wir werden die Region nicht anderen Akteuren überlassen", hatte Schallenberg in Tiflis erklärt. (red, APA, 6.7.2021)