Kogler hat sich angesehen, "welche Menschenrechte durch den Sport gefährdet sind, aber auch gefördert werden können".

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Tote Arbeiter in Katar, verhaftete Oppositionelle im EM-Spielort Aserbaidschan, LGBTQI-Unterdrückung in Ungarn – kaum ein internationales Sportereignis kommt mehr ohne Menschenrechtsdebatten aus. Das liegt freilich zuallererst an der Vergabepolitik der Welt- und Kontinentalverbände, betrifft zwangsläufig aber auch hiesige Verbände, Funktionäre und Athleten.

Diesen will Österreichs Sportministerium nun mit einem Handbuch das Leben erleichtern: Auf 84 A4-Seiten soll mehr und auch minder Interessierten erklärt werden, was es rund um Menschenrechte zu beachten gilt. Man sehe "bei der Euro aktuell wie nie", dass sich in der Thematik etwas bewegen könne, sagte Sportminister Werner Kogler bei der Vorstellung am Montagabend. Er sagte aber auch: "In Wahrheit haben die Sponsoren den Ausschlag gegeben."

Ausgearbeitet hat das Handbuch der Menschenrechtsexperte Martin Kainz von der Fairplay-Initiative des Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC), er koordiniert seit 2017 die Arbeitsgruppe Sport und Menschenrechte. Das Heft blickt nicht nur auf internationale Events, es gibt auch Empfehlungen und Good-Practice-Beispiele für die Ausrichtung heimischer Veranstaltungen.

"Wenn man in Österreich ein Sportereignis durchführt, sind Menschenrechte gefährdet", sagte Kainz und fragte: "Sind Sportstätten für Behinderte gut zugänglich? Wie werden Reinigungskräfte angestellt und entlohnt?" Er habe sich angesehen, "welche Menschenrechte durch den Sport gefährdet sind, aber auch gefördert werden können". Dem STANDARD sagte Kogler: "Da sind Dinge, die man gerne übersieht, sonst bräuchte man ja kein Handbuch. Da geht mehr, als man glaubt, vor allem was die Frage der Lieferketten betrifft." Es gehe aber auch darum, "wie Verbände international auftreten".

Boykott?

In diesem Kontext wurde auch das rund um die WM in Katar hochgekochte Thema eines Boykotts diskutiert. Sylvia Schenk von Transparency International betonte abermals, dass eine Verweigerung keine Lösung sei – was auch für Olympia 2022 in Peking gelte. Sie empfahl: "Hinfahren, aber schauen, was ich da machen kann. Der Sport hat Verantwortung, die muss er systematisch wahrnehmen."

Judo-Verbandspräsident Martin Poiger, der auch im Vorstand des europäischen Judoverbandes sitzt, nannte das Kind angesichts vergangener Judo-WMs in Russland, Aserbaidschan und Ungarn beim Namen: "Natürlich spielt das Geld und Budget da eine sehr große Rolle." Er betonte anhand des Konflikts um die israelische Flagge bei einem Grand Slam in Abu Dhabi, dass der Sport auch etwas bewegen könne: Nachdem das Emirat 2017 noch verweigert hatte, wurde die Flagge 2018 gehisst. Genau dabei soll das auch online verfügbare Handbuch helfen. (Martin Schauhuber, 6.7.2021)