Wie wirkungsvoll der von den Sozialpartnern kreierte und in der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse angesiedelte Bauarbeiter-Ausweis gegen Lohndumping sein wird, ist offen. Die Teilnahme erfolgt freiwillig.

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Wien – Die Kritik an den am Mittwoch und Donnerstag im Nationalrat anstehenden Gesetzesbeschlüssen reißt nicht ab. Wohl wurden den Änderungen in Kartell- und Wettbewerbsrecht sowie im Lohn-und-Sozialdumping-Betrugsbekämpfungsgesetz einige Giftzähne gezogen, es finden sich allerdings immer noch ausreichend problematische Passagen.

Die berüchtigte Berichtspflicht, die der Bundeswettbewerbsbehörde BWB seitens des Wirtschaftsministeriums auferlegt wird, wurde entschärft, aber möglicherweise nicht ausreichend. Sie umfasst zwar wie berichtet nur noch "die Gegenstände der BWB-Geschäftsführung" und müssen seitens des Wirtschaftsministeriums schriftlich erfolgen. "Anfragen zu laufenden oder bevorstehenden Hausdurchsuchungen sind vom Auskunftsrecht nicht erfasst", heißt es nun im Entwurf zur Novelle des Wettbewerbsrechts.

Durch die Hintertür

Allerdings: Abgeschlossene, also bereits durchgeführte, Razzien sind von dieser Einschränkung nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs nicht ausgenommen. Genau das sehen Kartellrechtsexperten kritisch, weil die BWB unverändert auf Verlangen des Ministers in angemessener Frist Anfragen zu beantworten hat, "soweit dies nicht laufende Ermittlungen gefährdet". Bei einer abgeschlossenen Hausdurchsuchung sei möglicherweise (noch) nicht abschätzbar, ob die Ermittlungen durch die Herausgabe von Informationen gefährdet wären.

Zudem wird eine Berichtspflicht quasi durch die Hintertür eingeführt, denn die BWB muss künftig nicht nur Zusammenschlüsse melden, sondern bereits die Anmeldungen von Unternehmenszusammenschlüssen, und zwar inklusive Beilagen. Das ist heikel, denn es geht dabei um Geschäftsgeheimnisse, die der Öffentlichkeit mit gutem Grund vorenthalten werden müssen.

Protektionismus

Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker alteriert sich darüber hinaus darüber, dass ein Einfallstor für Protektionismus aufgemacht werde. Problematische Zusammenschlüsse, die zur Marktbeherrschung führen und gemäß Fusionskontrolle untersagt werden müssten, können vom Kartellgericht künftig genehmigt werden, sofern "die volkswirtschaftlichen Vorteile die Nachteile des Zusammenschlusses erheblich überwiegen". Damit werde die Fusionskontrolle aufgeweicht – offenbar um die Bildung von "European Champions" zu ermöglichen, wie einst von Siemens und Alstom im Eisenbahnsektor gegen die Konkurrenz aus China angestrebt. Diese Bahnfusion wurde von der EU-Wettbewerbskommission allerdings mit so hohen Auflagen belegt, dass der deutsch-französische Bahnriese das Vorhaben aufgab. Alstom hat sich inzwischen mit Bombardier verbündet – ebenfalls mit EU-Auflagen. Eine Stärkung der nationalen Kartellbehörden, wie mit der EU-Richtlinie explizit angestrebt, sehe anders aus, kritisiert man auch in der SPÖ.

Mildere Strafen

"Begünstigung von Lohnraub" sieht die Arbeiterkammer durch die Novelle zum Lohn- und Sozialdumping Betrugsbekämpfungsgesetz, die ebenfalls zur Beschlussfassung im Nationalrat liegt. Darin ist vorgesehen, dass die Strafen für Unternehmen nicht nur bei Administrativdelikten wie fehlenden Arbeitszeitaufzeichnungen bei 400.000 Euro gedeckelt werden, sondern auch bei systematischer Unterentlohnung. Letzteres allerdings nur, wenn die Minderbezahlung mehr als 40 Prozent ausmacht.

Auch die Verhältnismäßigkeit bezüglich der Zahl der betroffenen Dienstnehmer entfällt künftig – so, als machte es keinen Unterschied, ob zwei Arbeitnehmer zu niedrig entlohnt wurden oder 2000. Hier sei eine betragsmäßige Deckelung nicht gerechtfertigt und könne auch aus dem EuGH-Urteil nicht abgeleitet werden, auf das sich die Regierung bei den Änderungen berufe, sagen namhafte Arbeitsrechtsexperten. Wer mit den Behörden kooperiert, darf ebenfalls mit Milde rechnen. Vorenthaltener Lohn muss Dienstnehmern im Gegenzug übrigens nicht nachgezahlt werden. Steuer- und Abgabenschulden hingegen schon.

Ausweis freiwillig

Der in der Baubranche heftig umstrittene Bauarbeiter-Ausweis, mit dem Schwarzarbeit und Unterentlohnung am Bau bekämpft werden sollen, dürfte ein Torso werden. Zwar darf die Finanzpolizei die von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) verwalteten Daten künftig kontrollieren, es werden aber nicht alle Betriebe an Bord sein, denn die Teilnahme ist freiwillig, (Luise Ungerboeck, 7.7.2021)