Christian Hafenecker (FPÖ) erhielt am Freitag ein positives Testergebnis und informierte darüber am Montag – was derzeit für Aufregung sorgt. Rein rechtlich hat er allerdings in Ordnung gehandelt. Für Abgeordnete gelten Maskenpflicht und auch die Drei-G-Regel nicht, außerdem müssen sie im Fall einer Erkrankung die Parlamentsdirektion nicht informieren.

Foto: APA/Pfarrhofer

Im Fall mehrerer positiver Corona-Tests rund um den Ibiza-U-Ausschuss gehen die Wogen derzeit hoch: Von absolut unverantwortlichem Handeln durch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker ist da die Rede, etwa durch den ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger. In sozialen Netzwerken fordern manche sogar eine Anzeige. Ob der FPÖ-Mann moralisch verpflichtet gewesen wäre, bereits am Freitag, nachdem er ein positives Gurgeltest-Ergebnis bekommen hat, die Mitglieder des Ausschusses zu informieren, ist die eine Frage. Eine andere ist, wozu Hafenecker tatsächlich verpflichtet war.

Ablauf nach positivem Gurgeltest

Die Geschichte beginnt vergangenen Donnerstag – Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war als Auskunftsperson an einem der letzten U-Ausschuss-Tage geladen. Am Abend fand ein Umtrunk statt, an dem Vertreter der FPÖ, der Grünen, der Neos und der SPÖ teilnahmen – die ÖVP war nicht eingeladen, was derzeit zusätzlich für Verstimmungen sorgt. Laut Parlamentsdirektion hatte Hafenecker an besagtem Tag ein gültiges negatives Testergebnis. Am Freitag wurde er dann über ein positives Testergebnis informiert.

Bei "Alles gurgelt" erhält man in diesem Fall eine Mail. Darin werden die Betroffenen aufgeklärt, dass die Gesundheitsbehörden über den positiven Test informiert wurden und sich melden werden. Bis dahin solle man sich in "Selbstisolation" begeben. Konkret meldet "Alles gurgelt" den positiven Test in das Epidemiologische Meldesystem (EMS) – darauf haben die Gesundheitsbehörden aller Bundesländer Zugriff. Anhand der Postleitzahlen erkennen sie, welche Fälle ihr Gebiet betreffen. Im Falle Hafeneckers ist das spätestens am 3. Juli – also am Samstag – passiert, wie der Sprecher von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) auf Twitter ausführte.

Über eine Aufklärung von möglichen Kontaktpersonen ist in der "Alles gurgelt"-Mail nichts angegeben, das übernimmt die Gesundheitsbehörde – in Wien die Magistratsabteilung 15, in den anderen Bundesländern ist die zuständige Behörde in der jeweiligen Bezirkshauptmannschaft angesiedelt. Diese kann auch einen weiteren PCR-Test vornehmen.

Behörden informieren Kontaktpersonen

Hafenecker gibt an, den Anweisungen von "Alles gurgelt" gefolgt zu sein, eine Behördenreaktion habe es aber bis Montag nicht gegeben, weswegen er dann das Parlament über den positiven Test informiert habe. Jene Personen, die "eng mit mir zusammen waren, also unter eineinhalb Meter, länger als 15 Minuten und ohne Maske", habe Hafenecker Samstagvormittag informiert, da habe er auch die ersten Symptome gespürt, sagte er im Ö1-"Mittagsjournal".

Weil Hafenecker Niederösterreicher ist, ist die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld in dem Fall zuständig. Nichtsdestotrotz hätten auch die Wiener Contact-Tracer versucht, Hafenecker zu erreichen – allerdings vergeblich. Weil mehrere K1-Kontaktpersonen von Hafenecker in Wien gemeldet sind, müssen die Niederösterreicher die Behörden in der Hauptstadt informieren, die übernehmen in der Folge dann den Kontakt. Das ist am Montagnachmittag passiert.

Grundsätzlich sind positiv getestete Personen nicht dazu verpflichtet, die Kontaktpersonen zu informieren. Das sei vor allem aus dem Grund gut, weil Infizierte dazu neigen würden, ihre Kontakte überzubewerten, heißt es. Wer als K1-Kontaktperson gilt und somit in Quarantäne muss und wer nicht, entscheiden ebenfalls die Behörden. Für all jene, die im Ausschuss eine Maske getragen haben oder bereits geimpft sind, dürfte das nicht gelten, sie werden als K2-Kontaktpersonen eingestuft und müssen damit auch nicht in Quarantäne. Allerdings schauen sich die Gesundheitsbehörden den konkreten Einzelfall jeweils an und entscheiden dann, wie sie einstufen.

Maskenpflicht und drei G gelten für Abgeordnete nicht

Apropos Maske: Grundsätzlich gilt im Parlament und damit auch im Ausschuss Maskenpflicht – seit den letzten Lockerungen reicht ein Mund-Nasen-Schutz aus. Allerdings nicht für Abgeordnete. Als Grund dafür wird oft das freie Mandat genannt, das garantieren soll, dass sie ihr Mandat unbeeinflusst von rechtlichen Bindungen ausüben können. Die eigentliche Begründung, warum Abgeordnete keine Maske tragen müssen, liegt laut Parlamentssprecher Karl-Heinz Grundböck aber im passiven Wahlrecht. Vereinfacht gesagt: Weil man gewählt wurde, soll man Positionen in den politischen Diskurs einbringen. Niemandem darf aufgrund dessen, dass er oder sie keine Maske trägt, der Zugang zu diesem Diskurs verwehrt werden. Eine Maskenpflicht würde die Ausübung des passiven Wahlrechts also einschränken – das ist auch die Rechtsmeinung des parlamentarischen Legislativdiensts.

Auch geimpft ist Hafenecker nicht, anders als einige der anderen aktuell erkrankten U-Ausschuss-Teilnehmerinnen beziehungsweise -Teilnehmer – Infektionen sind ja auch trotz Impfung möglich. Das kann bei einem positiven Covid-Test auch ein Vorteil sein: Wenn genügend Antikörper vorhanden sind, kann die Quarantäne frühzeitig beendet werden.

Keine Meldepflicht von Erkrankungen

Rein rechtlich dürfte Hafenecker auch deswegen nichts vorzuwerfen sein, weil es im Falle einer Covid-Erkrankung keine Meldepflicht an die Parlamentsdirektion gibt. Das gilt nicht nur für Covid-Infektionen, sondern ganz allgemein für Erkrankungen. Laut Grundböck gebe es zwar eine Art Übereinkommen, dass es gut wäre, zu informieren – eine Pflicht aber nicht. Grundböck kann deswegen auch nicht sagen, wie viele Covid-erkrankte Abgeordnete bisher die Parlamentsdirektion kontaktierten. Allerdings wisse man aus einer Nachbetrachtung, dass es Fälle gab, wo sehr rasch informiert wurde. Andererseits habe es auch Fälle gegeben, wo die Parlamentsdirektion aus den Medien über Covid-Erkrankungen von Abgeordneten erfuhr.

Kann man in dem aktuellen Fall eigentlich von einem Cluster sprechen? Grundsätzlich ist alles über zwei Infizierte hinaus ein Cluster – allerdings müssen die Contact-Tracer erst herausfinden, ob das Cluster nicht ein Seitenarm eines anderen ist. Derzeit sei jedenfalls noch nicht klar, ob Hafenecker überhaupt der Auslöser war. Dafür müssen zunächst die K1-Kontaktpersonen und deren K1-Kontaktpersonen getestet werden. Mit den CT-Werten kann man sich dann einer Antwort annähern.

Corona im Ausschuss auch Thema im Nationalrat

Auch bei der Nationalratssitzung am Mittwoch waren die Corona-Fälle im Ausschuss Thema. Die Freiheitlichen plädierten für eine Debatte zum Anti-Terror-Paket statt wie geplant zum Ökostromausbau. Schlussendlich rutschten beide Themen nach hinten, weil Hanger eine Debatte zur Corona-Erkrankung von Hafenecker anstieß. Der FPÖ gehe es nur um ein Ablenkungsmanöver, damit man nicht über Hafenecker spreche, so Hanger in seiner Rede. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz rückte zur Verteidigung aus: Hafenecker sei nur schwach positiv und somit nicht ansteckend. Dass das hier im Nationalrat insinuiert werde habe mit der Würde des Hauses nichts zu tun. Und weil Hanger nicht zum Thema gesprochen habe, solle Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka eingreifen, forderten die Freiheitlichen. Letzterer musste wegen der Aufregung kurzfristig die Sitzung unterbrechen. (Lara Hagen, 7.7.2021)