Die Delta-Variante ist laut Angaben der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) in Österreich mittlerweile dominant.

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Wien – Nun ist es also offiziell, was von Fachleuten prognostiziert worden ist – und es ging noch schneller als gedacht: Laut den neuen Daten der Ages bestimmt die Delta-Variante in Österreich das Covid-Infektionsgeschehen.

Die Sequenzierungen für die 25. Kalenderwoche (bis zum 27. Juni) zeigen, dass von den 421 bisher untersuchten Proben bereits 234 auf die Delta-Variante entfielen. Das sind 55,6 Prozent. In 186 Proben konnte die zuletzt monatelang dominante Alpha-Mutation festgestellt werden. Die bisher für die 26. Kalenderwoche (bis zum 4. Juli) sequenzierten Proben bestätigen den Trend: Für diesen Zeitraum entfielen bereits 66 Prozent (konkret: 163 von 247) auf die ansteckendere Virusvariante, die sich vermutlich als erste Mutante global durchsetzen dürfte.

Rückgang der Alpha-Variante

Die lange dominante Alpha-Variante wurde vergleichsweise nur noch in 83 Proben bestätigt. Gamma (P.1) wurde in dieser Kalenderwoche bis 4. Juli nur noch einmal bestätigt. Beta (B.1351) ist praktisch verschwunden: Seit Mitte Juni gab es keinen einzigen bestätigten Fall mit dieser Mutation mehr. So gut wie 100 Prozent aller in Österreich sequenzierten Proben entfallen auf "Variants of Concern", also die "besorgniserregenden" Mutanten Alpha oder Delta.

Großteil betrifft Ostösterreich

Insgesamt wurden in Österreich bislang 970 wahrscheinliche und bestätigte Fälle mit der Delta-Variante, basierend auf PCR-Testverfahren oder per Sequenzierung, festgestellt. Der überwiegende Großteil betrifft Ostösterreich. Möglicher Hintergrund dafür: In Wien werden auch die meisten PCR-Tests durchgeführt. In Wien waren es 617 Delta-Fälle, gefolgt von Niederösterreich (139), Tirol (55), Vorarlberg (38), Salzburg (37), Steiermark (34), Oberösterreich (24), Burgenland (21) und Kärnten (5).

In Niederösterreich ist die Zahl der Neuinfektionen mit Delta zuletzt um weitere 24 Fälle angestiegen. Das gab das Büro von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) am Mittwoch bekannt. Unter den neuen Fällen seien auch vier Reiserückkehrer aus Russland, Spanien und Ungarn. Das Durchschnittsalter jener Personen in Niederösterreich, die mit dieser Variante infiziert sind, beträgt fast genau 30 Jahre.

Der Genomforscher Ulrich Elling (Institut für Molekulare Biotechnologie der ÖAW), der mit einem Team am Vienna Bio-Center für die meiste Sequenzierungen in Österreich zuständig ist, warnt angesichts der Rücknahme fast aller Maßnahmen, dass es in Österreich früher oder später zu einem "exponentiellen Delta-Anstieg" kommen und uns die Variante im schlimmsten Fall "überrollen" könnte. Denn ab jetzt seien etwa wegen der Öffnung der Nacht-Gastronomie auch Superspreading-Events wieder möglich.

Im internationalen Vergleich vorne dabei

Die sequenzierten Fälle werden der internationalen Genomdatenbank Gisaid gemeldet, was in den verschiedenen Ländern unterschiedlich konsequent gemacht wird. Im europäischen Vergleich liegt Österreich bei der relativen Verbreitung der Delta-Variante zumindest laut den Gisaid-Daten im Spitzenfeld.

Nimmt man die letzten vier Wochen, dann beträgt der Delta-Anteil in Österreich 55 Prozent. Höher ist er nur in Großbritannien mit 97 Prozent und Portugal mit 73,7 Prozent. Deutlich hinter Österreich folgen Schweden (38,2 Prozent) , Dänemark (34,4 Prozent) und Deutschland mit 27,8 Prozent. (David Krutzler, Klaus Taschwer, 7.7.2021)

Anm. der Red.: Der Text wurde um 15:00 um die Stellungnahme von Ulrich Elling und die internationalen Vergleichszahlen ergänzt.