FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz wehrte sich auch bei der Nationalratssitzung am Mittwoch vehement gegen den Vorwurf, Hafenecker habe verantwortungslos gehandelt und andere angesteckt.

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339 Personen sind laut der Wiener Gesundheitsbehörde (Stand Mittwoch, 17 Uhr) dem U-Ausschuss-Cluster zuzurechnen, wie das Ö1-"Morgenjournal" am Donnerstag berichtete. Die Zahl beinhaltet auch die angegebenen Kontaktpersonen, die Mehrheit machen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Landesversammlung der oberösterreichischen Grünen aus – der positiv getestete Abgeordnete David Stögmüller nahm an der Versammlung teil. Sie gelten aber als K2-Kontaktpersonen, damit gilt für sie keine Quarantänepflicht. 30 Personen sind als K1-Kontaktpersonen eingestuft, für sie gilt eine zweiwöchige Quarantäne. Und neun Personen – darunter neben Stögmüller auch Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper und FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker – wurden positiv getestet.

Kritik an Hafenecker

Weil Hafenecker am Montag der Erste war, der seine Corona-Infektion meldete – vom positiven Test erfuhr er bereits am Freitag –, wird er von manchen Abgeordneten, vor allem von der ÖVP, als Ausgangspunkt des Clusters gesehen. Seit Bekanntwerden der Infektion wird der Freiheitliche wegen des späteren Informierens über den positiven Test kritisiert. Das sei "verantwortungslos", sagte etwa ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger, außerdem werde die Drei-G-Regel, die für alle Bürgerinnen und Bürger gelte, offenbar nicht von einem Parlamentarier angewandt. Allerdings: Maskenpflicht und Drei-G-Regel gelten für die Parlamentarier nicht, ebenso wenig muss der Infizierte seine Kontaktpersonen informieren.

Am Donnerstagmittag informierte Hafenecker via Twitter, dass bei ihm die Delta-Variante nachgewiesen wurde – inklusive Seitenhieb auf Hanger: "Ich hoffe, man sieht mir nach, dass ich das schon eine Stunde weiß. Info ergeht weiters an #EUkomission #UNO."

FPÖ wehrt sich

Die FPÖ wehrt sich nun gegen den Vorwurf, Hafenecker sei ein Superspreader. Denn Hafenecker wies am Freitag einen CT-Wert von fast 34 auf, wie es in einer Aussendung von FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz heißt. "Über 35 wäre der Test negativ gewertet worden. Im Befund werden Werte über 30 wörtlich als 'schwach positives PCR-Ergebnis' bezeichnet." Ergo: Es ist "extrem unwahrscheinlich", dass Hafenecker der Ausgangspunkt des Clusters ist. Erst am Montag lag der Wert bei 17, da befand sich Hafenecker aber bereits in Quarantäne und hatte über die Ansteckung informiert.

Es sei eigentlich "an sich unerheblich, von wem die Infektionen im Parlament ausgegangen sind. Denn wer infiziert oder krank ist, ist nicht schuldig", so Schnedlitz. Die "anhaltende Hetze" gegen Hafenecker, der auch Drohbriefe erhalte, mache es erforderlich, diese Gesundheitsdaten zu veröffentlichen, argumentiert Schnedlitz.

Auch Teilimmunisierte müssen in Quarantäne

Schnedlitz betonte auch, dass die positiv getesteten Personen in den anderen Klubs großteils bereits zumindest eine Impfung erhalten hätten. "Möglicherweise trägt eine dieser Personen das Virus schon länger in sich, ohne es zu bemerken, und hat so die anderen – auch Hafenecker – angesteckt", sagte Schnedlitz. Denn Hafenecker habe sich in den Tagen vor dem Zeitpunkt seiner festgestellten Infektion beim Bundesheer durchgehend unter getesteten Personen und eben im U-Ausschuss aufgehalten.

Apropos geimpfte Personen: Solche sind auch unter den K1-Kontaktpersonen des U-Ausschuss-Clusters, was eigentlich ungewöhnlich wäre – wäre da nicht die Delta-Variante: Aufgrund dieser können nun auch einmal geimpfte Personen als K1-Personen eingestuft werden und müssen in Quarantäne. Bis vor kurzem wurden Personen 22 Tage nach dem ersten Stich automatisch als K2 qualifiziert.

Verlängerung des U-Ausschusses erneut abgelehnt

Im Nationalrat ist Mittwochnacht zum Abschluss der Sitzung ein weiteres Mal ein Oppositionsantrag zur Verlängerung des Ibiza-U-Ausschusses abgelehnt worden. ÖVP und Grüne überstimmten einmal mehr das Ansinnen der Opposition. Der U-Ausschuss hat damit am 15. Juli seinen letzten Befragungstag. Die Debatte dazu verlief emotional.

ÖVP und Grüne wollten die Aufklärung abdrehen, das sei unerhört, meinte etwa Katharina Kucharovits von der SPÖ. Ihre Parteikollegin Nurten Yılmaz warnte davor, dass nun alle Akten vernichtet werden müssten. "Ich weiß, Sie haben eine erotische Beziehung mit dem Schreddern", höhnte sie in Richtung ÖVP. Weniger Verständnis zeigte sie für die Grünen: "Was ist mit euch?"

Kai Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, macht auf Twitter darauf aufmerksam, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) Yılmaz nach ihrer Rede einen Rausch unterstellte – am Donnerstag habe er sich entschuldigt, das sei laut Krainer aber nicht genug. Er fordert einen Rücktritt Sobotkas.

Maurer: "Kein Abdrehen"

Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer erklärte erneut, dass die Opposition jede Möglichkeit habe, einen neuen Ausschuss einzusetzen. Es sei kein Abdrehen, wenn einer Verlängerung nicht zugestimmt werde. Unter der alten Rechtslage sei dies hingegen mit Fristsetzungsanträgen möglich gewesen, und auch SPÖ-Fraktionsführer Krainer habe einst beim Abdrehen eines U-Ausschusses mitgestimmt. Sie sei jedenfalls gespannt, welchen U-Ausschuss-Antrag die Opposition im September einbringen werde. (Lara Hagen, APA, 8.7.2021)