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Welchen Wert hat die Vorinstallation von Programmen im Hinblick auf deren Popularität? Eine Frage, die in den vergangenen Jahren immer wieder im Mittelpunkt kartellrechtlicher Auseinandersetzungen stand und doch bis heute ein äußerst umstrittener Punkt bleibt. Gibt es doch für jede erfolgreiche vorinstallierte App auch zahlreiche Programme, denen das recht wenig geholfen hat. Der Google-Friedhof ist zum Beispiel voll von Apps, die einmal unter Android verpflichtend vorinstalliert waren und denen das recht wenig gebracht hat – das gescheiterte soziale Netzwerk Google+ ist hier etwa ein Paradebeispiel. Und auch der Untergang des Internet Explorers konnte durch seine prominente Position auf Windows nicht verhindert werden.

Gleichzeitig ist unbestritten, dass Default-Einstellungen einen gewissen Wert haben. Immerhin entspringt es wohl kaum purer Nächstenliebe, dass Google jedes Jahr irgendetwas zwischen acht und zwölf Milliarden an Apple überweist, damit dort die Google-Suche von Haus aus genutzt wird. Da können die beiden Unternehmen noch so sehr betonen, dass es dabei rein um die Interessen der User geht.

Ranking

Nun bringt eine neue Studie weitere Datenpunkte in die Diskussion ein: Die Firma Comscore hat sich angesehen, welche Apps auf Android und iOS am meisten genutzt werden. Und das Ergebnis spricht eine ziemlich deutliche Sprache. Die Liste der Top-20-Apps wird nämlich – zumindest in den USA – komplett von Apple und Google dominiert.

Die Grafik spricht eine eindeutige Sprache.
Grafik: Comscore

Demnach ist unter Android die meistgenutzte App der Play Store – so weit wohl bei einem Smartphone nicht ganz überraschend. Dahinter folgen dann aber mit der Google-Suche, Youtube und Gmail weitere Apps, die auf allen Android-Smartphones verpflichtend zur Installation vorgeschrieben sind. Auf Platz fünf und sechs sind dann mit Facebook und Facebook Messenger die ersten externen Apps zu finden, allerdings auch welche, die selbst erst wieder von vielen Herstellern vorinstalliert sind, zumindest was die Haupt-Facebook-App betrifft. Dahinter geht es dann in dieser Tonart weiter: Es folgen Google Maps, Drive, Photos, Contacts und Camera. Etwas überraschend ist auch, dass die Amazon-App noch vor der ersten Samsung-App – dem Taschenrechner – zu finden ist und erst danach dann Instagram folgt.

Auf dem iPhone ist es noch eintöniger

Wer meint, das wäre schon eintönig, der sollte einen näheren Blick auf das entsprechende Ranking unter iOS werfen. Hier stammen nämlich gleich die ersten acht Einträge vom Hersteller selbst – also Apple. An der Spitze steht die Telefonie- vor der Wetter- und der Fotos-App. Die ersten Ausreißer sind Youtube auf Platz neun und Facebook auf Platz zwölf. Überhaupt finden sich in den Top 20 unter iOS nur vier Apps, die nicht von Apple sind.

Interessant ist diese Statistik vor allem, weil sie eben auch essenzielle vorinstallierte Apps einbezieht. Üblicherweise orientieren sich solche Zahlen eher an Downloadzahlen aus den jeweiligen App Stores – so weit diese verfügbar sind. Gleichzeitig könnte man dies aber auch als Schwäche der Untersuchung darstellen, finden sich darin doch viele Programme, die man durchaus als fixen Bestandteile des Systems verstehen könnte. Das gilt vor allem für die Apple-Seite, wo eben Telefon- und Uhren-Apps ganz oben zu finden sind. Zudem überrascht etwas, dass andere "essenzielle" Programme tatsächlich ausgenommen wurden, dazu gehören neben Assistenten wie Siri vor allem auch Browser.

Als Datengrundlage beruft sich Comscore auf Informationen, die man regelmäßig über eigene Apps und Webseiten sammelt. Zusätzlich wurden vergangenen Winter rund 4.000 Personen zu ihrer App-Nutzung befragt.

Interessenlage

Dann wäre da noch ein ebenfalls für die Betrachtung nicht ganz unerheblicher Fakt. Denn natürlich passiert bei diesem Thema nichts ohne eine gewisse Agenda. Im betreffenden Fall heißt dies, dass die Studie von Facebook finanziert wurde. Also einem Unternehmen, das zuletzt immer offensiver gegen die Macht der App-Stores angefahren ist, und da im speziellen gegen Apple. Auslöser waren dabei Maßnahmen Apples gegen Werbetracking. Insofern nutzt Facebook das Ergebnis nun wenig überraschend, um davor zu warnen, welch starken Einfluss vorinstallierte Apps auf das App-Ökosystem haben – und wie negativ dies für die Konkurrenz ist.

Bei Apple sieht man das naturgemäß anders: Gegenüber "The Verge" übt der iPhone-Hersteller Kritik an der Methodologie der Studie, diese sei von Grund auf verfehlt. Vor allem aber würden die Ergebnisse auch nicht mit Comscores anderen Rankings zu den meistgenutzten Apps übereinstimmen. Das ist zwar richtig, erklärt sich zum Teil aber dadurch, dass sonst eben viele vorinstallierte Apps nicht einbezogen werden. Bei Google will man sich zu der Studie hingegen gleich gar nicht äußern. (Andreas Proschofsky, 9.7.2021)