Journalist Deniz Yücel bei der Solidaritätskundgebung für Erk Acarer

Foto: Colette Schmidt

"Ich kenne die Täter. Ich werde niemals vor dem Faschismus kapitulieren", stellte der türkische Journalist Erk Acarer am Mittwochabend auf Twitter klar, nachdem er vor seinem Haus im Berliner Bezirk Neukölln von drei Tätern überfallen und zusammengeschlagen wurde.

Erk Acarer war 2017 unter anderem mit Hilfe von Reporter ohne Grenzen mit seiner Familie nach Berlin geflohen. Er hatte zuvor als investigativer Journalist für die Zeitung "Birgün" unter anderem über islamistischen Terrorismus und den Krieg in Syrien geschrieben und war in der Türkei nicht mehr sicher. Bei dem Überfall am Mittwoch, bei dem Nachbarn das Schlimmste verhindern konnten und die Täter die Flucht ergriffen, wurde Acarer am Kopf verletzt und musste im Krankenhaus behandelt werden. Ein Täter habe geschrien, dass Acarer zu schreiben aufhören müsse. In einem Video auf Twitter sagte Acarer auch: "Dieser Angriff bestätigt alles, was wir über das faschistische, islamistische AKP-MHP-Regime gesagt und geschrieben haben."

Solidarität in Kreuzberg

In Berlin versammelten sich am Donnerstagabend etwa 200 Menschen zur "Demonstration in Solidarität mit Erk Acarer und allen anderen Exil-Journalistinnen und -journalisten aus der Türkei" am Kottbusser Tor in Kreuzberg. Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen sprach unter anderem von den tausenden Artikeln, die das Regime von Staatschef Erdogan in der Türkei löschen lasse und von den vielen Kollegen und Kolleginnen, die verfolgt würden. Mihr nahm auch Deutschland in die Pflicht: Es dürfe nicht sein, dass Journalisten und Journalistinnen in Deutschland nicht in Sicherheit leben könnten.

"Pressefreiheit kein Privatvergüngen"

Bevor die von Polizisten beschützte Demo zum Oranienburger Tor weiterzog, trat am Kottbusser Tor auch der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel auf, der von 2017 bis 2018 selbst ein Jahr wegen des Vorwurfs der "Terrorpropaganda" in der Türkei in Untersuchungshaft saß, was damals eine internationale Welle der Solidaritätsbekundungen auslöste. Yücel betonte, dass Solidaritätskundgebungen wie jene am Donnerstag in Berlin nicht nur die Adressaten in der Politik erreichen würden, sondern zuallererst die von Verfolgung bedrohten selbst. Zudem betonte Yücel, der für die Taz und die Welt schreibt: "Die Pressefreiheit ist kein Privatvergnügen von uns Journalisten, sondern ein Grundrecht von Euch allen!"

Der Überfall auf den 48-jährigen Erk Acarer wird vom für politisch motivierte Taten zuständigen Staatsschutz im Landeskriminalamt untersucht. (Colette M. Schmidt, 8.7.2021)