Das neue Modell der Switch wird in zwei Farben erscheinen: Weiß und Schwarz.

Foto: Nintendo

Am Montag kündigte Nintendo ein neues Modell seiner Hybrid-Konsole Switch an, die seit 2017 sehr erfolgreich auf dem Konsolenmarkt besteht. Viele Spieler erhofften sich ein stärkeres Modell – ein Pro-Modell, damit aktuelle und künftige Spiele etwas flüssiger laufen, als sie das aktuell tun. Geworden sind es lediglich ein besseres Display und ein verstellbarer Standfuß. Enttäuschung ist allerdings fehl am Platz, wenn man die Geschichte des japanischen Konsolen- und Videospielherstellers kennt.

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Größer und heller

Die auffälligste Neuerung des neuen Modells ist der namensgebende OLED-Screen. Dieser ist mit sieben Zoll etwas größer als bei den bisherigen Switch-Modellen, die einen 6,2 Zoll großen Bildschirm hatten. Bei der Auflösung sind leider weiterhin nur maximal 720p möglich. 1080p oder gar 4K unterstützt das Display nicht – 1080p sind aber zumindest dann sichtbar, wenn man die Konsole an einen passenden TV anschließt. Die Lautsprecher am Gerät selbst wurden verbessert, der interne Speicher von 32 auf 64 GB erweitert. Und man kann jetzt auch ein LAN-Kabel an die mitgelieferte Docking-Station anstecken, was vorher nicht ging. Bei näherer Betrachtung der Rückseite fällt außerdem der neue Standfuß auf, der den Namen auch verdient und sogar in mehreren Stufen für unterschiedliche Blickwinkel fixiert werden kann.

Nicht verändert haben sich die internen Spezifikationen, die technische Leistung des OLED-Modells gleicht jenen der bisherigen Modelle. Es ist weiterhin der X1-Tegra-Prozessor von Nvidia verbaut, der schon Antriebsmotor der Switch war. Praktisch: Die Joycons haben zwar kein Update erhalten, sind dafür aber weiterhin kompatibel mit den bisherigen Joycons. Ob man an der Qualität der kleinen Controller gefeilt hat, lässt uns Nintendo nicht wissen. Nach zahlreichen Drift-Problemen mit der aktuellen Generation wäre hier ein Nachjustieren in jedem Fall wünschenswert.

Keine Überraschung

Obwohl das Netz mit seiner Gerüchteküche schon seit Monaten ein Pro-Modell mit besserer Technik herbeigesehnt hat, ist der Schritt von Nintendo aufgrund der eigenen Geschichte keine Überraschung. Zunächst einmal hat Nintendo bis zur Ankündigung am Montag kein Wort über einen möglichen Nachfolger verloren, geschweige denn Versprechungen in irgendeine Richtung gemacht.

Die Joycons werden weiterhin dieselbe Größe haben und sind zwischen den verschiedenen Modellen kompatibel.
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Wer schon auf eine längere Beziehung mit Nintendo-Konsolen zurückblicken kann, wird wissen, dass Nintendo selten innerhalb des Lebenszyklus einer Konsole große Sprünge gewagt hat. Vom Gameboy zum Gameboy Color brauchte es eine Zwischenstufe mit dem Gameboy Pocket. Der GBA bekam mit dem SP ein neues Design verpasst, und der DS kam als Lite-Variante, genau wie der 3DS eine XL-Version spendiert bekommen hat. Verbesserungen in Sachen Technik waren selten und wenn, dann sehr marginal. Meist wurde am Design geschraubt oder das Display erneuert, wie auch jetzt im Falle der Switch. Der New Nintendo 3DS XL, der tatsächlich mehr Leistung bot, bekam nur eine Handvoll eigener Titel und gilt deshalb nicht als Vorzeigeobjekt für eine neue Nintendo-Strategie.

Mit der Hardware während eines Konsolenzyklus zu große Sprünge zu machen würde dem Hersteller wenig bringen, da man so die Spielerbasis entzweien würde. Sony hat mit der PS4 Pro und Microsoft mit der Xbox One X jedoch gezeigt, dass man Hardware sehr wohl technisch updaten kann und so den Spielern, denen Technik etwas wert ist, die Möglichkeit für ein besseres Spieleerlebnis bieten kann. Das scheint für Nintendo aber weiterhin kein gangbarer Weg zu sein. Tradition verpflichtet offenbar.

Kaufentscheidung

Für interessierte Neukunden ist die Sache klar. Am besten bis zum Release am 8. Oktober warten und dann für 350 Euro zuschlagen. Zwar kostet das aktuelle Modell 50 Euro weniger. Doch bedenkt man den größeren Speicher, den besseren Standfuß und das neue Display, ist der Aufpreis für fast jeden Spielertyp gerechtfertigt. Komplizierter wird es, wenn man bereits eine Switch besitzt.

Besitzt man das Erstmodell von 2017, das noch mit dem 20-nm-Chip gefertigt wurde, ist mit Sicherheit mittlerweile eine reduzierte Akkuleistung spürbar. Wen das stört beziehungsweise wer die obengenannten Vorteile für sich als relevant ansieht, der kann ebenfalls mit gutem Gewissen zuschlagen. Wer das neuere Modell von 2019 zu Hause liegen hat, wird sich mit einer Entscheidung wohl schwerer tun, hat er doch bereits die überarbeitete 16-nm-Tegra-Plattform verbaut, wie sie im OLED-Modell zu finden ist, und damit bereits einen stärkeren Akku.

Der Standfuß verdient diesmal seinen Namen. Das "Füßchen" des ersten Modells war eine wackelige Angelegenheit.
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Besitzer der Switch Lite, die sich nicht mit dem TV verbinden lässt, sondern eine reine Mobilkonsole ist, sind ohnehin eine andere Zielgruppe und werden, sofern sich das Spielverhalten nicht drastisch verändert hat, das OLED-Modell ebenfalls ignorieren.

Wohin die Reise geht

Wirklich zu rechnen war mit einem großen technischen Sprung zwar nicht, dennoch hätte man sich zumindest ein Chip-Update erhofft. Speziell deshalb, weil aktuelle Spiele wie Links Awakening oder Hyrule Warriors mit Framerate-Problemen zu kämpfen haben, die man 2021 eigentlich nicht mehr erleben möchte. So wird man auch künftige Titel wie etwa Breath of the Wild 2 sicher nicht mit konstanten 30 Bildern pro Sekunde, geschweige denn mit den von anderen Plattformen bekannten 60 Bildern pro Sekunde genießen dürfen.

Sollte Cloud-Gaming für Nintendo in den nächsten Jahren spannend werden – einzelne Spiele wie etwa Resident Evil 7 unterstützen die Möglichkeit ja bereits –, ist der neue Ethernet-Port für ein LAN-Kabel sicher eine sinnvolle Erweiterung. Auch das OLED-Display wird mit seinen besseren Kontrastwerten und klareren Farben für eine Steigerung der Gaming-Qualität sorgen. Am Ende sind das allerdings nur minimale Verbesserungen, die nach vier Jahren auf dem Markt ein paar enttäuschte Gesichtsfalten erlauben.

Im Handel gibt es ab Oktober drei Switch-Modelle: das ursprüngliche, die Lite-Version, die nur mobil genutzt werden kann, und das neue OLED-Modell.
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Den kritischen Worten zum Trotz macht Nintendo aktuell dennoch alles richtig. Seine Switch-Hardware, allein in den USA in den letzten 30 Monaten durchgehend die bestverkaufte Konsole, hat seit ihrem Start keine Preisreduktion erfahren müssen. Spiele wie Animal Crossing und Pokèmon sorgen für Verkaufsrekorde, während man mit Mario Golf und Mario Party laufend für Nachschub aus dem eigenen Hause sorgt. Auch im Indie-Sektor werden laufend Spiele nachgeliefert, etwa das Vorjahreshighlight Hades.

Pro-Modell ausgeschlossen

Sieht man sich die durchschnittliche Lebensdauer einer Nintendo-Konsole an, ist nach rund fünf Jahren in der Regel eine neue Konsole am Zug. Das wäre im Falle der Switch im kommenden Jahr 2022. Nach dem OLED-Modell in diesem Jahr ist es deshalb nicht unwahrscheinlich, dass wir kommendes Jahr zumindest die Ankündigung einer Switch 2 für das Jahr 2023 erwarten dürfen. Dem Erfolg der bestehenden Hardware wird das keinen Abbruch tun.

Reisen ist seit diesem Sommer wieder möglich, und auch Berufstätige werden spätestens ab 2022 wieder vermehrt im Flieger oder im Zug sitzen. Hier gibt es außer Smartphones keine Konkurrenz zur Nintendo Switch, und die wird es voraussichtlich auch so bald nicht geben. Solange man die starken Eigenmarken hat, die es sonst nirgends zu spielen gibt, werden auch die nächsten 30 Monate der Nintendo Switch gehören. Ob als Standard-, Lite- oder OLED-Modell. (Alexander Amon, 9.7.2021)