ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior wurde auch vor dem U-Ausschuss befragt

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In den Ermittlungen rund um Parteispenden aus der Gesundheitsbranche an die ÖVP sind widersprüchliche Aussagen getätigt worden. Julian H., Manager der Uniqa-Tochter Premiqamed und Beschuldigter im Verfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), gab in seiner Einvernahme an, dass ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior im Juli 2017 konkret die Spende einer bestimmten Summe angeregt habe. Melchior habe ihn "gefragt, ob 50.000 Euro an Spende durch die Premiqamed möglich wären", sagte H. vor den Ermittlern.

Die WKStA hatte Melchior wenige Tage zuvor bei dessen Einvernahme als Zeuge befragt: "Wie kam es zur Spende in der Höhe von 50.000 Euro? Auf wen geht die Höhe der Spende zurück?" Darauf antwortete Melchior: "Wann und wie jemand spendet, liegt immer beim Spender". Ähnliches hatten ÖVP-Politiker auch im U-Ausschuss immer betont: Höhe, Zeitpunkt und Stückelung der Überweisung seien eine Entscheidung der finanziellen Unterstützer.

Die Causa ist politisch auch deshalb brisant, weil dem Aufsichtsrat der Premiqamed damals der Uniqa-Manager Hartwig Löger vorsaß. Die Idee zu einer Spende an die ÖVP wurde in dieser Zeit gefasst; angeregt hat sie laut H. der Wiener Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck bei einem gemeinsamen Mittagessen mit H. und Löger im Mai 2017. "Meiner Meinung nach ist Walter Ruck mit der Frage, ob wir die Neue ÖVP unterstützen können, an mich herangetreten", sagte H. vor der WKStA.

Ruck widerspricht dem: "Präsident Ruck hatte beim Thema Spenden für die ÖVP keine aktive Rolle inne und von sich aus auch keine angenommen. Wenn er von Dritten auf dieses Thema angesprochen wurde, hat er an die ÖVP verwiesen", heißt es aus der Wirtschaftskammer Wien. Es habe sich auch um kein Mittagessen gehandelt, der Termin sei auf Wunsch von H. zustande gekommen. Melchior meinte in seiner Einvernahme, dass Ruck "kein Spendenkeiler" war, aber eine "wichtige Position im Wirtschaftsbund Wien" hatte und "im Zuge der Mobilisierung wird er möglicherweise mit Menschen über unsere Kampagne gesprochen haben."

Kontodaten am Tag der Angelobung übermittelt

Getätigt wurde die Spende jedenfalls erst, nachdem Löger Finanzminister geworden war. Am Tag der Regierungsangelobung, dem 18.12.2017, schickte ein Mitarbeiter Melchiors eine E-Mail mit den Kontodaten der ÖVP an H.s private E-Mail-Adresse. Danach erfolgte die erste Spende in Höhe von 25.000 Euro. Eine Verbindung zwischen den beiden Ereignissen sah Melchior in seiner Einvernahme nicht: "Ich sehe keinen Zusammenhang. (...) Wir haben auch nach der Wahl bis 2019, bis zur Änderung des Parteiengesetzes, auf Bundesebene noch laufend Spenden erhalten.":

Die Ermittler wollten wissen, ob die Premiqamed gezielt bis zur Angelobung der Regierung Kurz gewartet habe, bis sie überwies? "Das kann ich absolut ausschließen. Ich hätte niemals eine Spende zugelassen, die an eine Bedingung gekoppelt ist", antwortete Melchior.

Die zweite Spende wurde dann im Sommer 2018 überwiesen. H. gab an, dass die Idee zur Stückelung des Betrags die Premiqamed selbst gehabt hatte. Davor und danach habe man nie an eine Partei gespendet. Aus der ÖVP hieß es auf Anfrage des STANDARD, man äußere sich nicht zu Aussagen in aktuellen Verfahren.

Die Reform des Prikraf

Die Premiqamed profitierte von der Reform des Privatkrankenanstaltenfonds (Prikraf), der unter Türkis-Blau erfolgte. Lögers Anwalt Werner Suppan sagte dem STANDARD bei einer früheren Anfrage im Februar, dass Löger erst am 14.12.2017 mit der Möglichkeit, Minister zu werden, konfrontiert wurde, das Regierungsprogramm samt Prikraf also nicht mitverhandelt habe und bei der Premiqamed "auf das Erfordernis der Einhaltung der Compliance-Regeln des Konzerns" hingewiesen habe.

Wegen des Prikraf steht auch Heinz-Christian Strache vor Gericht, er soll dem Millionär Walter Grubmüller bei der Aufnahme seiner Privatklinik Währing in den Prikraf geholfen haben, laut WKStA im Gegenzug für Parteispende und Urlaube. Beide bestreiten das, es gilt die Unschuldsvermutung. Die zuständige Richterin hat den Prozess vertagt, Ende August werden weitere Zeugen befragt. (Fabian Schmid, 9.7.2021)