Japan ist die vor einem Jahrzehnt gerufenen und im Zuge der Pandemie zu Schreckgespenstern mutierten olympischen Geister nicht mehr losgeworden. Eine Absage der um ein Jahr verschobenen Sommerspiele, wie sie eine Mehrheit der Bevölkerung befürwortete, haben die Organisatoren schlussendlich nicht übers Portemonnaie gebracht. Wenigstens die gesundheitlichen Kollateralschäden sollen durch den Ausschluss von Zusehern von den Wettkämpfen ab 23. Juli so gering wie möglich gehalten werden.

Die lokalen Behörden haben damit verantwortungsvoller gehandelt als die Kolleginnen und Kollegen im fernen Großbritannien. Mehr als 67.000 Menschen wohnen am Sonntag im Londoner Wembley-Stadion dem finalen Akt der Fußball-Europameisterschaft bei. Einige Hundert neue Corona-Fälle dürften eingepreist sein – von Premierminister Boris Johnson, der keinesfalls als Spielverderber dastehen will. Und zum Nutzen des europäischen Fußballverbands Uefa, der seine Schäfchen ins Trockene zu bringen hat.

In Großbritannien kann mit mehr als 50 Prozent Vollimmunisierten argumentiert werden, während in Japan nur etwas mehr als 15 Prozent der Bevölkerung schon zweimal geimpft sind. Dafür liegt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell noch bei unter zehn, während sie in und um London fast 300 erreicht. Ein vergleichbares Szenario wäre nach Abzug der Geister auch mit genossenem olympischem Flair nicht zu rechtfertigen. (Sigi Lützow, 9.7.2021)