Klarna-Gründer Sebastian Siemiatkowski hat das größte Unicorn Europas aufgebaut

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Es gibt Einhörner, und es gibt große Einhörner. Während das tschechische Start-up Rohlik erst kürzlich durch ein Investment in die Riege jener Start-ups aufgestiegen ist, die mehr als eine Milliarde Dollar wert sind (und die man in Fachkreisen als "Unicorns" bezeichnet), haben andere diesen Status schon lange zuvor erreicht. Zum Beispiel der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna, den man auch in Österreich von zahlreichen Websites kennt – und der hierzulande nun von der Arbeiterkammer (AK) geklagt wurde.

Mahngebühren als Klarna-Streitfall

Denn das Fintech Klarna bietet Kunden in Österreich zwar die Möglichkeit, Mahngebühren zu erlassen. Das reicht der AK aber nicht: Die Klarna-Geschäftsbedingungen seien rechtswidrig, heißt es hier. Daher brachte die AK am 12. Mai eine Klage beim Wiener Handelsgericht ein. Am 18. Mai wurden zwar die Stockholmer Behörden informiert, bisher war das Fintech darüber aber noch nicht im Bilde. 4.000 Beschwerden, fast 2.000 davon allein im ersten Halbjahr, sind bei der AK eingegangen, so "Die Presse".

"Wir stehen mit der Arbeiterkammer in regelmäßigem Austausch dazu, wie wir unsere Prozesse optimieren können", sagt eine Klarna-Sprecherin. Der schwedische Paymentspezialist mit Banklizenz wickelt Zahlungen für Händler online und an der Ladenkasse ab. Jetzt kaufen, später zahlen, so die Devise.

"Rechtswidrige Geschäftsbedingungen"

Zu den 250.000 Geschäftspartnern gehören unter anderem H&M, Media-Markt oder Nike. Derzeit entgegnet das Unternehmen den Beschwerden mit dem Erlass von Mahngebühren. Diese würde den österreichischen Kundinnen und Kunden einmalig erlassen, wenn sie die App herunterladen und einen Wissenstest machen. Bei App-Nutzern würden die Probleme seltener auftreten, erklärte Klarna der "Presse". Doch der AK reicht das nicht. "An unserer Kritik ändert sich nichts, denn es geht um bestimmte Praktiken und rechtswidrige Geschäftsbedingungen", sagt Gabriele Zgubic, Abteilungsleiterin der Konsumentenpolitik bei der AK Wien.

"Hauptbeschwerdepunkt war und ist noch immer, dass Klarna auf der Bezahlung der Ware besteht, auch wenn die Ware nicht geliefert, mangelhaft geliefert oder wieder ordnungsgemäß an den Onlinehändler, zum Beispiel nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag, retourniert wurde." Die Konsumentinnen und Konsumenten würden vom Kundenservice keine Antworten erhalten und sich "im Kreis" geschickt fühlen. Sie werden mit Mahnungen, Inkassobüro und Rechtsanwaltsschreiben allein gelassen.

Gegenstand der Klage sind sieben Klauseln und auch das Geschäftsmodell an sich. Die AK mutmaßt: Mahnungen gehören anscheinend zum Geschäftsmodell. "Die Klarna-Bank verwendet gezielt automatisierte Mahnverfahren, welche den Konsumenten durch rasch anwachsende Kosten für die einzelnen Mahnschritte dazu veranlassen sollen, auch tatsächlich nicht bestehende Forderungen zu bezahlen", erklärt die AK-Vertreterin. Häufig würden Konsumenten aufgeben und zahlen.

Das wertvollste Start-up Europas

Klarna ist nicht bloß ein Unicorn – es ist das wertvollste nicht-börsennotierte Start-up Europas. Diesen Titel schnappten sich die Schweden, als sie sich im März ein Investment in Höhe von einer Milliarde Dollar sicherten, was den Wert des Start-ups auf 31 Milliarden Euro anstiegen ließ.

Im Juni kam ein weiteres Investment in Höhe von 639 Millionen Dollar hinzu, wodurch die Bewertung weiter auf 46 Milliarden Dollar anstieg. Damit ist Klarna mehr wert als viele europäische Banken. Zum Vergleich: Die heimische Erste Group Bank AG ist an der Wiener Börse 13,36 Milliarden Euro wert.

Klarna kauft Hero

Und das Unternehmen wächst weiterhin, unter anderem durch Akquisitionen: Am Freitag gab Klarna bekannt, die auf E-Commerce-Technologie spezialisierte Hero Towers Ltd. übernommen zu haben. Der Kaufpreis beläuft sich einem Bericht des Wall Street Journal zufolge auf 160 Millionen Dollar. Klarna selbst nennt keine finanziellen Details. Jegliche der über 100 Hero-Angestellten werden zu Klarna wechseln, heißt es von den Schweden. (APA/Reuters/stm, 10.7.2021)