Gernot Blümel bei seiner letzten Befragung im Ibiza-U-Ausschuss

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Es war die erste Exekution eines höchstrichterlichen Erkenntnis bei einem Minister: In den vergangenen Wochen hatte das Straflandesgericht im Auftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen Daten im Finanzministerium und im Bundesrechenzentrum gesammelt. Der Verdacht der Opposition: Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) habe zuvor nicht ausreichend geliefert und damit ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs missachtet. "Die einen sagen so, die anderen sagen so", stellte Van der Bellen seine Lage dar – und deshalb blieb ihm keine Möglichkeit als die Exekution.

Am Freitag wurden die Akten nun durch das Landesgericht für Strafsachen an den U-Ausschuss geliefert. Im Gegensatz zur früheren Lieferung direkt aus dem Finanzministerium sollen alle Akten mit der geringsten Geheimhaltungsstufe belegt worden sein, bei Weitergabe droht also "nur" ein Ordnungsruf an den Abgeordneten oder die Abgeordnete. Derzeit liegen die Akten als PDF-Dateien in der Registratur des U-Ausschusses, durchsuchbar sind sie also noch nicht – das soll sich in den nächsten Tagen ändern.

Straflandesgericht ging ins Bundesrechenzentrum

Bereits eine erste Durchsicht ergab laut Opposition, dass signifikante E-Mails durch Blümel nicht geliefert worden waren. Dabei soll es sich auch um Nachrichten des langjährigen Kabinettschefs und Generalsekretärs im Finanzministerium und späteren Öbag-Chefs Thomas Schmid handeln. Der Verfassungsgerichtshof hatte entschieden, dass das Finanzministerium dessen E-Mail-Postfach sowie alle E-Mails an den U-Ausschuss liefern muss, die die tausenden Bediensteten des Finanzministeriums von Schmid und anderen Kabinettsmitgliedern und Abteilungsleitern erhalten hatten.

Das Finanzministerium ließ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre eigenen E-Mails sammeln, diese unterschrieben daraufhin Vollständigkeitserklärungen und übermittelten ihre Daten an eine dafür eingerichtete E-Mail-Adresse im Ministerium. Das Straflandesgericht ging anders vor: Es besorgte sich offenbar im Bundesrechenzentrum automatisiert alle von Thomas Schmid gesendeten E-Mails aus allen Postfächern der Finanz.

Lästern über Minister

Dadurch war der Opposition ein schneller Abgleich mit bereits gelieferten E-Mails möglich. Neu vorhanden und erst durch die Exekution geliefert wurden angeblich brisante E-Mails rund um unter Türkis-Blau angedachte (Teil-)Privatisierungen, etwa bei der Bundesimmobilien-Tochter ARE oder dem Bundesrechenzentrum selbst. Die bisher nicht gelieferte Kommunikation soll auf höchster Ebene stattgefunden haben, also unter Kabinettsmitarbeitern, Sektionschefs und Gruppenleitern – und daher jedenfalls stets klar als zu liefern gegolten haben, heißt es aus der Opposition. Teils handle es sich um E-Mails, in denen despektierlich über Mitglieder der Bundesregierung gesprochen werde.

Finanzminister Blümel hatte am Freitag in einer Pressekonferenz darauf verwiesen, dass er als Dienstgeber nicht in die Lieferung durch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingreifen kann und das Straflandesgericht andere Möglichkeiten haben. Auch würden für ihn als Dienstgeber andere arbeitsrechtliche und datenschutzrechtliche Maßstäbe gelten, was mehrere Gutachten bestätigten. Er wolle jedenfalls "Lehren" aus der Causa ziehen. (Fabian Schmid, 10.7.2021)