Rendi-Wagner und Doskozil bei einem seltenen gemeinsamen Auftritt im Frühjahr 2020

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"Der plant irgendetwas", meint ein roter Abgeordneter mit Blick auf Hans Peter Doskozil und dessen Personalentscheidungen. Tatsächlich hat sich der burgenländische Landeshauptmann in den vergangenen Wochen Stück für Stück rote Berater-Prominenz ins Boot geholt: Zuerst den langjährigen Campaigner Paul Pöchhacker, der nach der Causa Silberstein in Ungnade gefallen war. Dann wurde TV-Physiker Werner Gruber zum Forschungskoordinator, schließlich Ex-Parteichef Christian Kern Wirtschaftsberater. Der schwärmte öffentlich gleich von der Aussprache mit Doskozil, mit dem es in der gemeinsamen Regierungszeit immer wieder gekracht hat.

Umgekehrt machen burgenländische Ideen plötzlich auch in anderen Bundesländern Karriere: Nicht nur der niederösterreichische Parteichef Franz Schnabl will pflegende Angehörige beim Land anstellen – was wohl angesichts der Machtverhältnisse in St. Pölten nur ein Wunsch bleibt; auch die viel mächtigere SPÖ Wien plädiert nun dafür.

Von Kickl und Mitterlehner

Kann das also doch noch etwas werden mit Hans Peter Doskozil und dem Vorsitz der Bundespartei? Parteichefin Pamela Rendi-Wagner attestierte dem Burgenländer jedenfalls indirekt solche Ziele: Doskozil sei ein Herbert Kickl, sie aber kein Norbert Hofer; sagte sie am Freitag bei einer Pressekonferenz. Zuvor hatte Doskozil den Zustand der SPÖ mit der ÖVP unter Mitterlehner verglichen; ohne freilich zu verraten, wen er als Sebastian Kurz der SPÖ sieht.

Aus dem Burgenland heißt es, kein echter Sozialdemokrat würde es abschlagen, Vorsitzender zu werden. Doch dazu müsste wieder eine Bewegung rund um den Chefinnensessel entstehen. Das schlechte Ergebnis für Rendi-Wagner am Parteitag, als sie mit nur 75 Prozent wiedergewählt wurde, hätte das auslösen können, doch die Partei reagierte eher mit Resignation als mit lebhaften Debatten.

Wie denkt Wien?

Eine Schlüsselrolle spielt dabei auch Wien. Die Bundeshauptstadt ist die unbestrittene Machtbasis der Sozialdemokratie, Bürgermeister Michael Ludwig wird immer stärker als mächtige Stimme in der gesamten Partei wahrgenommen. Bislang stand die SPÖ Wien, genau wie der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, an der Seite von Rendi-Wagner – vielleicht nicht überglücklich, aber loyal. Der Parteitag soll jedoch Ängste ausgelöst haben, dass man "gemeinsam mit Rendi-Wagner Macht verliert", wie es ein Insider formuliert.

Aus den anderen Bundesländern war viel Kritik am aktuellen Kurs der Partei spürbar. Dort entstanden auch die vergangenen, stets gescheiterten Parteicoups. Schon im November 2019 war es äußerst eng, bisherige Mitarbeiter legten ihr öffentlich den Rücktritt nahe. Doch Rendi-Wagner biss sich weiter durch. Rund um die Corona-Pandemie wollte man der Expertin die Chance geben, durch ihr Sachwissen zu punkten; doch der erhoffte Aufstieg in den Umfragen blieb für viele deutlich zu gering.

Strategiewechsel

Wo Rendi-Wagner mit Passivität und fehlender Einbindung der breiten Funktionärsmasse auffiel, tat dies Doskozil mit Zurufen und Aggressivität. Auch er gilt für viele nicht als Idealkandidat, weil er mit seinem migrationskritischen "Law and Order"-Kurs vor allem junge Genossinnen und Genossen vergraulen könnte. Allerdings häufen sich in der Partei die Stimmen jener, die Verluste in Richtung Grüne akzeptieren, um dafür bei der bisherigen ÖVP- und FPÖ-Wählerschaft punkten zu können.

Viel darauf wetten, dass Rendi-Wagner Spitzenkandidatin bei der nächsten Nationalratswahl wird, will in Hintergrundgesprächen jedenfalls keine und keiner. Die Frage sei eher, wann und wie die Vorsitzende abgelöst werde. Es könnte für die SPÖ also ein Sommer der Selbstbeschäftigung werden. (Fabian Schmid, 10.7.2021)