Man findet sie häufig auf alten Möbelstücken, Beschilderungen und Büchern: Eine "kantige" Schrift, die sich von unserer modernen Schreibweise von Buchstaben teilweise deutlich abhebt. Auch im Handel werden solche Schriften gerne eingesetzt, vor allem um den traditionellen Anspruch des Herstellers oder seines Produktes zu betonen. So auch geschehen bei einem beliebten, alkoholischen Getränk, wie Twitter-Userin "Sinnerella" dokumentiert.

Sie postete ein Meme, in dem Produkt und Preisschild für Apfelmost in einer Filiale des deutschen Händlers Real zu sehen sind. Die für die Preistafeln verantwortliche Person hatte sich vom "langen s" der Schrift irritieren lassen und mit einem "f" verwechselt. Das Ergebnis: "Apfelmoft". Garniert wurde die Aufnahme mit dem Foto einer Dinosaurier-Spielfigur mit massivem Überbiss.

"Apfelmoft" und "Hafferöder"

Die Panne sorgte für einige Erheiterung und bescherte dem Beitrag rund 12.000 Likes und über 1200 Shares sowie eine Reihe amüsierter Kommentare. In diesen fanden sich weitere Beispiele für vergleichbare Pannen. Offenbar hatte es auch das "Hasseröder Premium Pils" einmal erwischt ("Hafferöder").

Im Gegensatz zur Annahme vieler Beobachter handelt es eher nicht um Frakturschrift (15. Jahrhundert), sondern eher um eine Variante der sogenannten "gebrochenen Schriften", denen auch die deutsche Fraktur zuzuordnen ist, die bereits drei Jahrhunderte vorher aufkamen. Zweifelsfrei identifizieren lässt sich die Schriftart auf dem Foto nicht.

Gebrochene Schriften und gängiges Antiqua im Vergleich: Strassburg Fraktur, Schwaben Alt, Bertholdr Mainzer-Fraktur, Deutschische und Castlon Antiqua (v.l.n.r.). Alle zeigen ein kleines, weiches "s".
Foto: DER STANDARD/Pichler

Alte Schrift, moderne Panne

Die Verwechslung kommt generell öfter vor. Sie beruht darin, dass in vielen gebrochenen Schriften, inklusive der deutschen Fraktur, das kleine "weiche s" vertikal lang gezogen wird und im Vergleich mit modernem Schriftbild nach lateinischem Vorbild leicht für ein "f" gehalten werden kann. Manche gebrochenen Schriften beinhalteten aber bereits ein kleines "s", das weitgehend der modernen Gestaltung entspricht.

Im deutschsprachigen Buchdruck erfolgte die Ablösung der traditionellen Fraktur durch das modernere Antiqua mit lateinischen Lettern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ab etwa 1940 forcierte auch das deutsche NS-Regime diese Änderung zunehmend unter der Annahme, dass Deutsch künftig europaweit gesprochen werde und ein einheitliches, leicht zu lernendes Schriftbild dafür notwendig sei. Bis in die 1950er-Jahre war Frakturschrift aber noch häufiger in neuen Druckwerken anzutreffen.

Alle Jahre wieder

Aber auch die Motive des Bildes sind deutlich älter, als das Twitter-Posting. Das "Apfelmoft"-Foto aus dem Supermarkt kursiert seit mindestens 2017 im Netz, der Dinosaurier wenigstens seit 2014.

Letzterer ("Thyranathaurus Rexth") ist eine Variante des "Tuna the Dog"-Memes, bei dem es um einen Hund mit Überbiss geht, dem besagter Sprachfehler angedichtet wird. Der Chihuaha-Dackelmischling stieg 2011 über den Instagram-Account "Tuna Melts My Heart" zum Internetstar auf. (gpi, 11.7.2021)

Update, 16:15 Uhr: Erläuterungen zu gängigen f/s-Verwechslungen bei der Nutzung gebrochener Schriften hinzugefügt.