Der Schweizer Performer Daniel Aschwanden ist im Alter von 62 Jahren gestorben.

apa

Er gehörte zu jenen Kunstschaffenden, die über sich und ihre Karriere hinausdenken. Diese Eigenschaft verdankte Daniel Aschwanden seiner Weitsicht und seinem Willen, sich aktiv für gesellschaftliche Anliegen einzusetzen. Vergangenen Donnerstag ist der Choreograf, Performer, Urbanist und Universitätsdozent im Alter von 62 Jahren an einem Krebsleiden gestorben.

Daniel Aschwanden wurde am 21. Jänner 1959 in Santa Maria im Schweizerischen Graubünden geboren. Anfang der 1980er übersiedelte er aus der Schweiz nach Wien und etablierte sich als Performancekünstler. Seine aktivistische Ader zeigte er ab 1987, als er in Straßenaktionen auf die Situation von Geflüchteten aufmerksam machte. Im Jahr darauf gründete Aschwanden im Wuk das von ihm bis 1994 geleitete Festival Tanzsprache.

Mit Staatspreis ausgezeichnet

Ab 1993 etablierte er sein inklusives Projekt Bilderwerfer, in dem er mit behinderten und nicht behinderten Performerinnen und Tänzern zusammenarbeitete: Elisabeth Löffler, Cornelia Scheuer und Christian Polster gehörten zum fixen Team. Dafür wurden er und die Gruppe vom Bundesministerium für Kunst mit einem Staatspreis ausgezeichnet.

Das Credo der Bilderwerfer lautete: "Wider den perfekten Körper!" Da bereits damals eine wirtschaftliberale Körper-Ideologie aus Fitness-Chique, Körperstyling und Werbeästhetik vorherrschte, war das eine konkrete politische Ansage.

Parallel dazu begann sich Daniel Aschwanden neben seiner lokalen und internationalen künstlerischen Arbeit dafür einzusetzen, dass der Wiener Tanzszene Probe- und Aufführungsräume zugestanden werden sollten. Die Szene wusste, was sie an dem einsatzfreudigen und eloquenten Kollegen hatte, der sein Renommee in die Waagschale warf, um den Forderungen der Szene Nachdruck zu verleihen.

Alternative Experimente

Herausgekommen ist das Tanzquartier Wien, das im Vergleich etwa mit den großzügigen choreografischen Zentren in Frankreich bis heute eine Kompromisslösung ist. In der Folge versuchte Aschwanden – etwa im Kabelwerk – alternative Orte des künstlerischen Experiments einzurichten. Herausgekommen ist auch hier eine brave Schachtel (Werk X) als Beweis dafür, dass der pragmatischen Wiener Kulturpolitik Einhegung wichtiger waren als innovative Prozesse. Das hat Daniel Aschwanden immer maßlos aufgeregt.

In den 2000er Jahren wandte er sich als Künstler dem Verhältnis zwischen Körper, Kunst und Stadtraum zu und ging zahlreiche Arbeitspartnerschaften in Asien, Afrika und Europa ein. In Peking realisierte er 2006 mit dem deutschen Regisseur Peter Stamer das Stadtprojekt "Chinese Whispers". In Wien engagierte er sich ab 2010 bei Planung und Bau der Seestadt Aspern. Parallel dazu arbeitete er als Gastdozent an der Angewandten.

Daniel Aschwanden hinterlässt eine Frau, einen Sohn – und eine Lücke in der Wiener Tanz- und Performanceszene, die nicht zu schließen sein wird. (11.7.2021)