Einfach eine gute Rheingold-Aufführung: Brigitte Fassbaenders Sichtung von Richard Wagners Oper.

Foto: Xiomara Bender

Die Spektakuläre zuerst: Festspielgründer Gustav Kuhn war da. Nicht am Pult, nicht im Publikum, aber bei einer Probe. Ihn interessierte sicher, was Brigitte Fassbaender aus "seinem" Ring geformt hat. Schließlich wurde Kuhns Interpretation der Tetralogie, die er seit dem Start des Festivals 1997 beständig weiterentwickelte, Kult. Kulminationspunkt: der 24-Stunden-Ring des Nibelungen.

Kuhns Erscheinen ist ja insofern interessant, als er in Erl abgelöst wurde. Es gab Vorwürfen sexueller Belästigung und Debatten zur Unterbezahlung der Künstler. Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner engagierte sodann den Intendanten Bernd Loebe, dessen Frankfurter Oper regelmäßig prämiert wird. Akzente konnte er bereits setzen, doch der Ring ist wohl die Herausforderung, da Kuhn musikalisch Maßstäbe gesetzt hatte.

Regenbogenbrücke

Brigitte Fassbaender, die übrigens mit der "Nachtigall" für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde (vom Preis der deutschen Schallplattenkritik), gelingt eine charmante, wunderbar komische Inszenierung. Wir erleben eine Familie von heute; als Riese trägt man einfach einen großen Zylinder, als Zwerg eine wilde Frisur. Und die Urmutter Erda (Judita Nagyová) glänzt vokal und szenisch als elegante Mahnerin. Obergott Wotan? Er meditiert über sich selbst, Gattin Fricka (exzellent Dshamilja Kaiser) und den geplanten Umzug nach Walhall.

Haselsteiner hat die Schatullen seiner Familienstiftung weit geöffnet und dem Passionsspielhaus neue Seitenwände spendiert. Diese begrenzen den Riesenraum, was dem Kammerspielcharakter der Inszenierung guttut. Auch dienen sie als Projektionsflächen für Videos (Bibi Abel): Es geht ins oder ans Wasser, in Alberichs Unterwelt, am Schluss schimmert die berühmte Regenbogenbrücke.

Bei den Töchtern landen

Auf die weitere Entwicklung dieser Wagner-Familie darf man gespannt sein – auch im Vokalen: Simon Baileys Wotan könnte mit seiner schönen Stimme noch eine Schippe drauflegen, wie auch Ian Koziaras als Loge. George Vincent Humphrey gefiel als Mime, wie auch Craig Colclough als Alberich. Letzterer will bei den Rheintöchtern landen, die als Bardamen gerade die Tafel mit goldenem Geschirr decken. Als sie ihn verschmähen, räumt er aus Frust den Tisch ab ...

Alles in allem also viel Glanz beim neuen Erler Rheingold? Nicht ganz. Denn am Pult des Festspielorchesters agiert Eric Nielsen mit klarer, sicherer Hand. Was (ihm) jedoch fehlt, ist das Kreieren jener magischen Momente, die einen bei Kuhn nahe an die Sesselkante brachten. Und auch szenisch bleibt ein Manko: Kuhn und seine Mitstreiter haben immer Einwohner aus Erl und Umgebung miteinbezogen – einen (echten) Schmied, Kinder in Tracht, die lokale Feuerwehrkapelle (als Statisten). Genau das war ein wesentlicher Reiz des Festivals.

Diese Zeiten sind nun wohl vorbei. Wer jedoch einfach eine gute, einfache Wagner-Aufführung erleben möchte, ist in Erl diesen Sommer genau richtig.