SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat mit ihrem Vorstoß für eine breite Einführung einer Viertagewoche eine Debatte losgetreten. Diese soll unbedingt geführt werden.

Foto: APA/Michael Gruber

Von ihrem Streit mit Hans Peter Doskozil überschattet ist die Debatte, die SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner mit ihrem Vorstoß für eine breite Einführung einer Viertagewoche losgetreten hat. Sie soll dennoch unbedingt geführt werden. Kürzere Arbeitszeiten liegen im Trend unserer Zeit und bringen zahlreiche Vorteile mit sich – von höherer Produktivität, mehr Lebensqualität bis hin zum Klimaschutz. Das belegen auch die beiden Feldstudien aus Island, über die zuletzt weltweit berichtet wurde.

Doch wenn es um die konkrete Umsetzung dieser Vision geht, dann wird es kompliziert. Es gibt zu viele Erwartungen, die an die Arbeitszeitverkürzung geknüpft werden, und sie schließen einander teilweise aus.

Rezept zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit

Jahrzehntelang galt eine gesetzlich verordnete Verkürzung der Arbeitszeit als Rezept zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit: Wenn es zu wenig Jobs gibt, muss man sie unter mehr Menschen aufteilen. Das hat sich – etwa in Frankreich – als Fehlschluss erwiesen: Es gibt keine feste Menge an Arbeit in einer Volkswirtschaft, und die Regulierungen, die mit einer verordneten 35-Stunden-Woche für Betriebe einhergehen, können mehr Jobs zerstören als schaffen.

Wenn Gewerkschaften in der Vergangenheit Arbeitszeitverkürzung verlangt haben, fügten sie "mit vollem Lohnausgleich" hinzu. Doch dies läuft auf eine kräftige Lohnerhöhung hinaus, die sich die meisten Unternehmen nicht leisten können. Wird mit der Stundenzahl jedoch auch der Lohn gekürzt, verlieren die Arbeitenden Einkommen und die Wirtschaft Kaufkraft. Auch das ist riskant.

Setzen auf Freiwilligkeit

Die SPÖ und Gewerkschaften haben daraus gelernt und setzen bei ihrem 32-Stunden-Modell auf Freiwilligkeit, gespickt mit Anreizen: Die Hälfte des Lohnverlusts soll vom Staat ersetzt, die andere Hälfte zwischen Arbeitgeber und -nehmer aufgeteilt werden. Das klingt vernünftig, allerdings muss man sich fragen, ob die Förderung oft gut verdienender Beschäftigter der beste Einsatz knapper Steuermittel ist.

Wie Umfragen zeigen, entspricht eine kürzere Arbeitswoche den Wünschen vieler jüngerer Arbeitnehmer und Frauen, denen die Work-Life-Balance wichtiger ist als mehr Gehalt. Vor allem eine Viertagewoche, die ein langes Wochenende ermöglicht, ist populär, weshalb die SPÖ ihr Modell unter diesem Titel verkauft. Doch Betriebe, die höhere Produktivität als Ziel setzen, sollten eher die Tagesarbeitszeit verkürzen; dann steigen Aufmerksamkeit und Effizienz der Belegschaft. Wie viele Teilzeitbeschäftigte wissen, laufen kürzere Arbeitszeiten oft auf Selbstausbeutung hinaus.

Keine staatliche Regelung

Ist Arbeitszeit nicht eine Sache, die den Betrieben und Mitarbeitern überlassen werden soll und – abgesehen von gewissen Grenzen – keine staatliche Regelung braucht? In Zeiten des Fachkräftemangels ist es nicht immer sinnvoll, dass hochqualifizierte Mitarbeiter weniger arbeiten, als sie eigentlich wollen. Deshalb war die Zulassung eines gelegentlichen Zwölf-Stunden-Tages durch die türkis-blaue Regierung ein richtiger Schritt. Dafür nimmt die Teilzeit Jahr für Jahr weiter zu, was die effektive Arbeitszeit in Österreich ohnehin verkürzt.

Der Staat kann noch einiges tun, um diesen Trend zu beschleunigen, etwa die steuerliche Begünstigung von Überstunden abschaffen. Die geförderte Kurzarbeit allerdings war ein Modell für die Krise und sollte auch in abgespeckter Form nicht zur Norm werden. (Eric Frey, 11.7.2021)