Die Allianz-Arena in München unterliegt auch 2024 dem Diktat der Uefa – und damit auch ihre nächtliche Illumination.

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Das Finale am Sonntag konnte Philipp Lahm noch entspannt genießen, doch die hochgesteckten Ziele fordern vom Cheforganisator der nächsten Fußball-EM bald vollen Einsatz. "Die Euro 2024 hat sich vorgenommen, Grenzen zu überschreiten und Brücken zu bauen", sagte der Turnierdirektor: "In unserem Land soll wieder ein Gemeinschaftsgefühl entstehen – 18 Jahre nach 2006 und mit einer neuen Generation, die erstmals ein solches Heimturnier erleben darf."

Pausenfüller

Doch bei aller Hoffnung, die der Weltmeister von 2014 von Amts wegen auch zuletzt wieder in einem Kicker-Interview verbreitete, stehen große Fragezeichen hinter der Endrunde. Spielt die Corona-Pandemie noch eine Rolle? Und wie steht es um den Stellenwert der kontinentalen Meisterschaften angesichts der WM-Pläne im Zweijahresrhythmus? Die EM wird von der Strategieabteilung des Weltverbands, angeführt vom ehemaligen Arsenal-Coach Arséne Wenger, zum künftigen "Pausenfüller" abgestempelt. Beim Fifa-Kongress stimmten 166 der 209 Verbände für eine diesbezügliche Machbarkeitsstudie.

Dazu kommt das schwindende Vertrauen in den krisengeschüttelten Deutschen Fußball-Bund (DFB) und die heftig kritisierte europäische Fußballunion (Uefa) – gepaart mit der wachsenden Ablehnung von Großveranstaltungen.

Zehn Spielorte

Das alles lässt kaum etwas übrig von der Freude, die es am 27. September 2018 gegeben hatte, als sich Deutschland bei der Abstimmung des Uefa-Exekutivkomitees mit 12:4 gegen den Mitbewerber Türkei durchgesetzt hatte. Was trotz aller Unwägbarkeiten im Vorfeld der zweiten EM in Deutschland nach 1988 feststeht, sind also lediglich die anvisierten Rahmenbedingungen.

Gespielt werden soll im Juni und Juli in zehn Städten. Zu diesem Zweck müssen die Arenen in Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Gelsenkirchen, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart teilweise renoviert werden – rund 300 Millionen Euro soll das kosten. Insgesamt könnten dann 2,78 Millionen Zuschauer die 51 Partien in den Stadien erleben.

Die Auslosung der sechs Vierergruppen ist für Dezember 2023 in der Hamburger Elbphilharmonie geplant. Alle Spiele werden frei empfangbar im TV zu sehen sein. ARD und ZDF übertragen 34 Partien, RTL 17. Alle Begegnungen laufen zudem bei Rechteinhaber Magenta TV.

Neu hinzu kommt bei der nächsten EM der Umweltaspekt. Deutschland soll sich nach dem Willen des DFB für die Dauer der Endrunde komplett klimaneutral präsentieren. Für die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens will der Verband die Politik und die Gesellschaft mobilisieren.

Steuerprivilegien

Die Allgemeinheit wird aber nicht in der Form von der EM profitieren, wie das Kritiker verlangen. Schließlich hat die Bundesregierung der Uefa umstrittene Steuererleichterungen zugesagt. Dabei handelt es sich um Nachlässe bei der Einkommens- und Körperschaftssteuer, über deren genaue Höhe mit Verweis auf das Steuergeheimnis geschwiegen wird. Dass die Stadien wieder unter der Hoheit der Uefa stehen, versteht sich von selbst.

Dass die Steuergeschenke an die Uefa von vielen Seiten kritisch gesehen werden, überrascht nicht. Schließlich plant der Verband bei der laufenden Endrunde mit Einnahmen von knapp zwei Milliarden Euro – ohne Corona wären es sogar deutlich mehr gewesen. Der Gewinn dürfte bei 800 Millionen liegen.

Zwei Jahre vor der EM 2024 muss allerdings erst der Weltverband Fifa beweisen, dass die von Korruptionsvorwürfen überschattete und wegen der Menschenrechtsfrage heftig kritisierte Vergabe der WM-Endrunde nach Katar doch richtig war. In knapp 500 Tagen startet die Winter-WM im Emirat, bei der am vierten Advent der neue Weltmeister gekrönt wird. (sid, lü, 12.7.2021)