Der WM-Pokal wird Ende 2022 in Katar vergeben.

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Die Zuschauer der EM-Spiele konnten kaum übersehen, wer sie in knapp 500 Tagen zur WM fliegen möchte. Es dürften allerdings weniger die Werbebanden gewesen sein, die den Deutschen Fußball-Bund (DFB) auf Qatar Airways aufmerksam gemacht haben. Es ist wohl eher die Finanzkraft der Airline, auf die der Verband fliegt. Die Sponsoringverhandlungen sorgen allerdings dafür, dass der DFB mit Blick auf sein öffentliches Ansehen schon wieder eine Bruchlandung hingelegt hat.

"Der DFB muss sich der Außenwirkung solcher Verhandlungen deutlich bewusst werden. Auf dem grünen Rasen für Menschenrechte zu demonstrieren und dann Sponsorenverträge mit der staatlichen Airline eines Landes anzustreben, in dem die Menschenrechtslage äußerst fragil ist, passt schwerlich zusammen", sagte Gyde Jensen, die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, der Bild am Sonntag (BamS). Wie die FDP-Politikerin kann auch Cem Özdemir das Vorgehen des DFB nicht nachvollziehen. "Die EM hat gezeigt, wie weit sich der Fußball von der europäischen Wirtschaft entfernt hat", sagte der Bundestagsabgeordnete der Grünen.

Diffuses Bild

Über die Gespräche des Verbandes mit einem der wichtigsten Staatskonzerne des nächsten WM-Gastgebers hatte als Erstes die Süddeutsche Zeitung berichtet. Demnach sind die Verhandlungen schon so weit, dass demnächst eine Vorlage für das Präsidium erstellt werden könnte. DFB-Marketingchef Holger Blask ließ wissen, dass der Verband generell keine Gespräche mit aktuellen oder potenziellen Partnern kommentiere. Laut der BamS hat sich das DFB-Präsidium bereits dafür entschieden, den bis 2022 laufenden Vertrag mit der Lufthansa aufzulösen, weil die deutsche Fluggesellschaft ihre Zahlungen deutlich kürzen will. Wie Blask hüllt sich aber auch DFB-Interimsboss Peter Peters in Schweigen.

Es ist es an den Verantwortlichen des Verbandes vorbeigegangen, dass sowohl die Uefa als auch Bayern München für ihre Kooperationen mit Katar massiv in der Kritik stehen. Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß bezeichnete wenig überraschend die Debatte als "scheinheilig. Da dürfen wir mit China auch keine Geschäfte machen." Es passt ins diffuse Bild des führungslosen und von Skandalen erschütterten DFB, dass der Facebook-Auftritt seines Co-Chefs Rainer Koch nur so von Regenbogenfahnen wimmelt, während gleichzeitig mit dem Staatsunternehmen eines Landes verhandelt wird, in dem Homosexualität unter Strafe steht.

Dauerkritik

Die Menschenrechte dürften dem DFB doch nicht so wichtig sein, wie er es rund um das Länderspiel im März gegen Island (3:0) propagiert hatte. Der Schriftzug "Human Rights" war damals auf den T-Shirts der Spieler zu lesen. Die viel beachtete Aktion richtete sich an die Adresse Katars. Das Emirat wird seit Jahren wegen der Menschenrechtslage, der Situation der Gastarbeiter und der Korruptionsvorwürfe rund um die Vergabe heftig kritisiert. Doch mit Dauerkritik kennt sich auch der DFB bestens aus. (sid, red, 11.7.2021)