Ein Teil der bei neun Hausdurchsuchungen in vier Bundesländern sichergestellten Waffen und NS-Devotionalien.

Foto: Innenministerium

Am 1. Juli fanden Hausdurchsuchungen in Niederösterreich, Oberösterreich, Wien und im Burgenland in der Neonaziszene statt. Ermittelt wird von den Behörden seit Dezember 2020 "umfangreich" im Zusammenhang mit einem rechtsextremen Netzwerk, dass sich über Österreich und Deutschland erstreckt. Die Ermittlungen sind nicht zu Ende, doch es gibt eine Zwischenbilanz: NS-Devotionalien, Schusswaffen, darunter vollautomatische und halbautomatische, kistenweise Munition und Magazine wurden sichergestellt.

Gewehr, das Bundeswehr verwendet

Darunter antiquiertes, aber nicht ungefährliches Kriegsmaterial ebenso wie neuere Waffen, etwa ein Gewehr, wie es beim österreichischen Bundesheer zum Einsatz komme, wie DER STANDARD erfahren konnte. Eine "Miliz der Anständigen" wolle "das System kippen". In Wien und dem Burgenland wurden auch zwei Waffenverbote ausgesprochen. Ein Großteil der gefundenen Waffen sei in Österreich legal zu bekommen. Unter den Devotionalien fanden sich etwa unzählige Messer der Hitlerjugend.

Drogen, Waffen, Notebooks

Weiters wurden Suchtmittel, Mobiltelefone und Datenträger sichergestellt. Seit Dezember 2020 wurden bereits zahlreiche automatische Waffen und Sprengstoff sichergestellt. Es gibt 14 Verdächtige, gegen Weitere wird ermittelt. Das Netzwerk umfasst auch Teile des Bikermilieus. Bekannte Neonazis sind ebenfalls Teil der Gruppe.

"Der Kampf gegen jede Form von Extremismus ist notwendiger und aktueller denn je. Die Corona-Pandemie hat zu einer Radikalisierung an den extremen Rändern unserer Gesellschaft geführt", sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) in einem Statement zum Waffenfund. Er sei "zutiefst beunruhigt, wenn eine solche Gruppe vollautomatische Waffen oder Handgranaten in ihrem Besitz hat. Der pausenlose Einsatz unserer Sicherheitskräfte gegen Rechtsextremismus muss ohne Kompromisse fortgeführt werden".

Autokorso

Für Verwunderung sorgte indes am Sonntag ein Foto, das die Plattform Stoppt die Rechten auf Twitter teilte:

Es zeigt Polizisten in Uniform bei einem "Trauer-Autokorso" von Tulln nach Wien für das 13-jährige Tötungsopfer Leonie, zu dem Identitären-Chef Martin Sellner und rechtsextreme Medien aufriefen. Die Beamten halten darauf Fotos und Tafeln der Kundgebung in die Kamera. Rechtsextreme haben zu der Kundgebung aufgerufen, weil vier junge Männer aus Afghanistan tatverdächtig sind.

Eine STANDARD-Anfrage bei der Wiener Polizei, ob die Beamten privat oder dienstlich auf der Veranstaltung gewesen seien, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Da auf dem Foto Beamte aus Niederösterreich zu sehen sind, kommentierte die Landespolizeidirektion Niederösterreich die Anfrage am Montag: "Der Sachverhalt ist der Landespolizeidirektion Niederösterreich bekannt, dieser wird intern erhoben, und gegebenenfalls werden Maßnahmen ergriffen." Man versichere aber, "dass es zu keiner Zeit Absicht der Polizei war, ein Zeichen einer politischen Meinung zu setzen oder eine politische Gruppierung zu unterstützen". (Colette M. Schmidt, 12.7.2021)