Am SPÖ-Parteitag gaben sich Hans Peter Doskozil und Pamela Rendi-Wagner noch einig – zumindest vor ihrer Wiederwahl.

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Es wird einfach nicht ruhig um die SPÖ und ihre Parteiführung. Zwar hatte der burgenländische Landeshauptmann und dortige SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil vor einiger Zeit angekündigt, er werde sich aus der von Pamela Rendi-Wagner geführten Bundespartei künftig heraushalten. Gelingen will ihm das aber nicht.

"Der plant irgendetwas", sagte ein roter Abgeordneter zuletzt in Bezug auf Doskozils jüngste Personalentscheidungen. Der Burgenländer hatte sich in den vergangenen Wochen rote Beraterprominenz ins Boot geholt – darunter der Campaigner Paul Pöchhacker oder Ex-Parteichef Christian Kern als Wirtschaftsberater. Und zuletzt liebäugelte nicht nur Niederösterreich sondern auch Wien mit dem burgenländischen Weg, pflegende Angehörige beim Land anzustellen.

Wo Corona eint und trennt

Die Wiener Genossen sitzen nun in der internen Streitfrage etwas zwischen den Stühlen. Die Hauptstadt-SPÖ unter Bürgermeister Michael Ludwig gilt klar als eine der mächtigsten roten Landesorganisationen. Aus den Streitereien zwischen dem Burgenland und dem Bund würde man sich jedoch am liebsten heraushalten. Nicht zuletzt weil Ludwig auch ein gewisser Hang zur Harmonie – zumindest innerhalb der Partei – nachgesagt wird. Fragt man in die SPÖ Wien hinein, heißt es, man wolle die Causa Doskozil nicht zu hoch hängen, sich lieber auf Inhalte konzentrieren, es gebe schließlich viel zu tun. Und: Die Zusammenarbeit mit dem Burgenland sei "einwandfrei".

Allerdings erhielt die Beziehung zwischen Wien und dem Burgenland zuletzt einen Dämpfer. Als der Burgenländer Doskozil den harten Corona-Weg des Wiener Bürgermeisters rund um Ostern frühzeitig verließ, war Ludwig alles andere als glücklich mit seinem Parteifreund. Für den Stadtchef ganz untypisch, ließ er sogar etwas Kritik an dem Burgenländer durchklingen – wenn auch nur zwischen den Zeilen einer Twitternachricht.

Gleichzeitig ließ die Corona-Pandemie Ludwig und Rendi-Wagner näher zusammenrücken, nicht zuletzt deswegen, weil beide auf der restriktiveren Seite der Corona-Maßnahmenpalette standen – ganz im Gegensatz zu Doskozil, der noch kurz vor Ostern über die Öffnung der Thermen fantasierte. Die Parteichefin soll sich mittlerweile eng mit dem Bürgermeister abstimmen, dieser gibt sich ihr gegenüber loyal und warb für Rendi-Wagners Wiederwahl. Und obwohl Rendi-Wagner mit rund 75 Prozent am Parteitag das historisch schlechteste Ergebnis bei einer Vorsitzwahl ohne Gegenkandidaten erzielte, heißt es aus Wien: "Gewählt ist gewählt." Es stünde schließlich jedem eine Kandidatur offen, niemand habe sich aber beworben.

Kickl und Hofer

Genau dieses Vorhaben unterstellte Rendi-Wagner zuletzt – wenn auch nur indirekt – dem Burgenländer: Doskozil sei ein Herbert Kickl, sie aber kein Norbert Hofer. Zuvor hatte Doskozil den Zustand der SPÖ mit der ÖVP unter Reinhold Mitterlehner verglichen; wer der Sebastian Kurz der SPÖ sei, ließ er offen.

Aus dem Burgenland heißt es wiederum, kein echter Sozialdemokrat würde es abschlagen, Vorsitzender zu werden. Doch dazu müsste wieder eine Bewegung rund um den Chefinnensessel entstehen.

Resignation als Reaktion

Das schlechte Ergebnis für Rendi-Wagner hätte das auslösen können, doch die Partei reagierte mit Resignation statt mit lebhaften Debatten. Während neben der Wiener SPÖ auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser an Rendi-Wagners Seite steht, ist in anderen Ländern viel Kritik an der Bundespartei zu spüren.

Für Unmut innerhalb der SPÖ sorgen aber auch die Zwischenrufe Dokozils: Etwa jener, dass der Landeshauptmann anprangert, die Bundespartei schaffe es nicht, sozialdemokratische Themen zu setzen, währenddessen öffentliche Kritik genau diese Inhalte verdränge. Zuletzt geschah dies beim Vorstoß zur Vier-Tage-Woche Rendi-Wagners.

Entbehrliche Debatte

"Ich halte öffentliche Debatten für entbehrlich", betont auch der Grazer SPÖ-Chef Michael Ehmann auf STANDARD-Nachfrage, "wohin sie führen, hat der Grazer Weg gezeigt." Die SPÖ Graz stürzte bei der Gemeinderatswahl 2017 auf historische zehn Prozent ab. Ehmann habe "fast eine Periode gebraucht, um die Partei zu einen". Dabei hatte die SPÖ einst mit Alfred Stingl 18 Jahre sogar den Bürgermeister gestellt.

Ehmann hatte sich schon im Vorfeld des Parteitages öffentlich für Rendi-Wagner ausgesprochen und erzählt, dass er versuchts habe parteiinterne Kritiker zu überzeugen, der Parteichefin die Stimme zu geben. Nun frage sich Ehmann, was es jetzt zu diskutieren gebe: "Die Kritiker Rendi-Wagners hätten ja einen Gegenkandidaten aufstellen können. Aber da gab es niemanden."

Genau das ist auch das größte Problem, das die internen Kritiker derzeit haben. Denn obwohl viele in der Partei Rendi-Wagners Kurs bemängeln, eine Alternative, jemanden, der oder die auch öffentlich Anspruch auf den Parteivorsitz stellt, gibt es derzeit noch nicht. (Oona Kroisleitner, Fabian Schmid, Colett M. Schmidt, 11.7.2021)