Am Bordcomputer stand als Langzeitwert 8,8 l / 100 km. Mit 7,9 Litern unterboten wir den Wert in unserem Testzeitraum merklich, trotz artgerechter Haltung. Für den GTI gilt ja dasselbe wie für den Golf: Ein GTI ist ein GTI ist ein GTI. Seit 45 Jahren im Dienste des mobilen Volkssports.

Trotz sportlicher Attribute bleibt der GTI eine dezente Erscheinung, der man die sportliche Potenz kaum ansieht. 245 PS leistet er nunmehr, als Clubsport gar 300.
Foto: Stockinger

In achter Golf-Generation bietet der Spaßmacher sich wie folgt dar: 4,29 m – 58 cm länger als der 1er-GTI, neun mehr als der erste Passat (1973); 1463 kg Leergewicht – immerhin: 57 kg leichter als der BMW. 245 PS. Zum Geburtstag gönnt VW sich und seiner Klientel einen GTI Clubsport 45 mit 300 PS. Von da ist es nicht mehr weit bis zum Ende der sportlichen Golf-Fahnenstange, zum R mit 320 PS.

Eben frage ich mich, ob VW das Thema GTI auch im ID.3 bringen wird, ITI.3 vielleicht, aber da rühren wir an die im Titel aufgeworfene Frage. Darf ein Auto in immer bierernsteren Zeiten noch Spaß machen? Darf jemand in Zeiten, da asoziale Medien – in der abendländischen Kunst dargestellte – nackte Leiber verhüllen, zensieren wie zur Hochblüte der Gegenreformation, Spaß haben an der nackten Möglichkeit zu flotter Mobilität? Der Markt sagt ganz klar: ja. Sonst würde so was keine(r) kaufen, und damit zurück zum GTI.

Foto: Stockinger

Seine Schwachstelle ist die aller aktuellen VWs. Der Unfug mit diesem Berührungsbedienkonzept vermiest einem etwas die Laune. Es kann stets Unerwartetes passieren. Du greifst links neben dem Volant zur Lüftungsdüse, um sie zu verstellen – Pech, der Näherungssensor im Bedienfeld drüber hat daraus den Wunsch nach maximalem Gebläse abgelesen. Huch, schnell rechts rüber ins Hauptklima, zurücktatschen in die Grundeinstellung. Überhaupt: Die Düsen sitzen zu tief. Fünf Zentimeter höher, und sie würden, wie im Passat, gleichmäßiges Raumklima bewirken. So aber, wenn du aus der Hochsommerhitze kommst, kann es passieren, dass deine Hände im Kühlluftstrom am Lenkrad schon klamm werden, derweil dein Kopf noch glüht.

Das war’s. Der Rest ist helle Freude. Die Sitze: halten dich fest und sicher. Das Head-up-Display: hält deinen Blick dort, wo er hingehört, am Verkehrsgeschehen. Die Lenkung: führt den GTI exakt dorthin, wo du ihn haben willst. Die vielen Pferde: zerren nicht in der Lenkung. Der Motor: toller, passend sonorer Sound, eine Oktave nach oben schafft er akustisch locker, wenngleich er natürlich weit weg bleibt vom Stimmumfang eines Ivan Rebroff, Bass bis Falsett, ist ja schließlich kein Ferrari. Performance: ta.del.los. Ein echtes Spaßmobil. Das sich, wenn man es nicht darauf anlegt, und das wird der überwiegende Fall sein im normalen Verkehrsalltag, problemlos fährt wie jeder Golf.

Foto: Stockinger
Grafik: Der Standard

Fahrwerk: Eine gute Fee hatte beim Testwagen die adaptive Fahrwerksregelung DCC angekreuzt, kostet einen knappen Tausender, zahlt sich aus. So unspektakulär er außen daherkommt, der GTI tut das immer schon, so spektakulär – immer unter dem Gesichtspunkt eines von der Großserie abgeleiteten Fahrzeugs – lässt er sich fahren. Dank DCC strafft er sich im Sport-Modus spürbar, mit deutlich weniger Federweg (und flotterem Ansprechverhalten), aber souverän abgestimmt. Kann auch nicht jeder. Asphaltkleber: wurde mitgeliefert. Pickt auf der Straße, der GTI.

So. Alle Klischees erfüllt? Fast. Benno Zelsacher, geschätzter Ex-Kollege vom Sport-Ressort, GTI-Mann früher Stunde, hätte seine Freude damit. Leider haben wir verabsäumt, ihn zu kontaktieren. Das holen wir beim Clubsport 45 nach. Hier jedenfalls gilt: Es wird die Spaßfrage gestellt. Und seriös beantwortet.

Kommen wir zum BMW. Wem die 306 PS aus der M-Version ein wenig zu dick aufgetragen sind, der wird mit den 265 PS im 128ti glücklich werden, zumal dies womöglich das ehrlichere, weil direktere Auto ist: Die M-Version steht ein wenig im Verdacht, ein emotionsloses, übertechnologisiertes Geschoß zu sein, in dem man eher Passagier als Pilot ist. Der 128ti hingegen ist zwar ebenfalls ein kraftstrotzender Pinkel, aber einer, der gebändigt werden will, kein Allradantrieb, sondern Vorderradantrieb, hier arbeitet noch der Fahrer selbst. Wobei: Über Frontantrieb kann man streiten. In einem BMW. In einem sehr sportlich angelegten BMW. Heckantrieb wäre natürlich noch besser und böser und mehr BMW.

Auf die richtigen Akzente kommt es an: Mit diesem BMW kann man sich sogar in Italien sehen lassen, wo für den 128ti gern ein "bella macchina" vergeben wird. 265 cavalli!
Foto: Völker

Dennoch: Der 128ti ist der Wolf im Wolfspelz, das Auto schaut recht finster drein – und ist es auch. Der böse Blick, die scharfen Kanten, die roten Konturen an der Flanke und in der Front signalisieren schon: Alarm, hier will einer vorgelassen werden. Und er wird eher nicht Bitte sagen.

Es ist eher auch kein Familienauto. Schaf kann der 128ti nicht so gut. Es wird nicht geblökt. Er steht dazu: Wolf. Wir haben die Probe auf Exempel gemacht und die Familie reingepackt, trotz Warnungen. Die entsprechenden Rückmeldungen von der hinteren Bank lassen den Schluss zu, dass es dort nicht so rasend gemütlich ist: Der Wagen ist hart und sehr direkt, das Fahrwerk meldet jede Bodenunebenheit recht unvermittelt weiter. Das spürt man auf der Rückbank besonders, und von dort wird es dann auch gern direkt nach vorn an den Fahrer gemeldet, verbal vielleicht sogar etwas vulgär, das kann man nicht ausschließen, manchmal fliegen sogar Sachen, die sind der Empörung geschuldet. Dabei ist ja die böse Bodenwelle schuld, nicht der ohnedies so brave Fahrer.

Foto: Völker

Da hilft es auch nicht, in den gemütlichen und sehr zurückhaltenden Eco-Mode zu wechseln, hart bleibt hart. Allerdings peitschen die Gänge nicht so ins Genick, das ist jedenfalls schon einmal ein Entgegenkommen an die mitfahrende Familie. Was die vielleicht auch freut: der Verbrauch. Im Brav-Modus sind sechs Liter drin, da muss man aber schon wirklich sehr brav sein.

Grafik: Der Standard

Schlimm sein dann bitte eher allein oder mit einem enthusiasmierten Beifahrer, auch -fahrerin, die genau das sucht. Das präzise Fahrwerk ermöglicht ein scharfes Anschneiden der Kurven, die Beschleunigung ist herzerfrischend, die knackigen Gangwechsel in der Achtstufen-Automatik sind das pure Vergnügen. Wichtig: Atmen nicht vergessen. Bei 250 km/h wäre übrigens Schluss, aber das ist sowieso ein Thema für die Rennstrecke oder die deutsche Autobahn.

Was positiv auffällt: Der kleine BMW ist trotz der breiten Schultern kein Krawallstoppel. Der Sound ist sehr verhalten, vielleicht ein bisschen zu verhalten, aber wir sind ja keine Angeber, die ihr Umfeld alles mithören lassen müssen. Auch im intensiven Spiel der Drehzahlorgel: Der BMW gurgelt und gluckst, aber brüllt und schreit nicht.

Das Kürzel "ti" steht für "Turismo Internazionale", das hat durchaus Brisanz. Früher stand dieser Zusatz für extra Temperament bei BMW. Ein Beispiel wäre der ikonenhafte 2002 ti.

Der Vergleich mit dem GTI ist schwierig, das ist eher von der weltanschaulichen Seite anzugehen. Oder über den Preis: Der 128ti ist einen Hauch teurer als der Golf GTI, dafür bekommt man auch BMW und nicht VW. Die einen mögen so, die anderen so, die fünf Tausender werden da nicht den Ausschlag geben. (Michael Völker, Andreas Stockinger, 30.7.2021)