Bild nicht mehr verfügbar.

Eine aktuelle Studie untersuchte die Rolle von Alkohol bei Gewalt gegen Frauen nach Fußballmatches.

Foto: Reuters/LEE SMITH

"Zeig häuslicher Gewalt die rote Karte." So heißt eine im Jahr 2020 lancierte Kampagne, die auf eine der dunklen Seiten von Fußballgroßereignissen hinweist. Bereits 2014 konnte eine Studie der Universität Lancaster anhand von drei Weltmeisterschaften zeigen, dass Meldungen wegen Gewalt gegen Frauen während und nach den Fußballspielen anstiegen. Die Anzeigen erhöhten sich um 26 Prozent, obwohl die Nationalmannschaft gewonnen hat oder das Spiel unentschieden endete. Wenn sie verlor, stiegen die Meldungen bei der Polizei und bei Gewaltschutzeinrichtungen um insgesamt 38 Prozent an.

Eine im Juli dieses Jahres publizierte Studie des Centre for Economic Performance hat sich nun den Zusammenhang von häuslicher Gewalt gegen Frauen und Fußball anhand von rund 523.000 Fällen von häuslicher Gewalt in Greater Manchester angesehen und festgestellt, dass Alkohol eine besonders große Rolle bei häuslicher Gewalt im Zuge von Fußballspielen spielt. Untersucht wurden Fälle von Gewalt in zeitlicher Näher zu Spielen von Manchester City und Manchester United. Insgesamt waren es 780 Spiele, deren Details und deren Verlauf die Forscherinnen und Forscher untersucht haben.

Kein Anstieg bei Nüchternen

Für die Studie wurden auch Wettdaten hinzugezogen. So versuchte man herauszufinden, inwiefern etwa enttäuschte Erwartungen oder Frust über ein Spiel ausschlaggebend für Gewalt waren. Genau darauf spielen auch Kampagnen wie "Zeig häuslicher Gewalt die rote Karte" an, in der es etwa heißt: "Win or lose, there’s no excuse."

CannockChaseDC

Laut Studienautor*innen spielt der Faktor Alkohol aber eine weitaus größere Rolle als Emotionen wie enttäuschte Hoffnungen an einem Fußballabend. Denn im Vergleich zu den trinkenden Fans gab es bei jenen, die keinen Alkohol im Verlauf und nach den Spielen konsumiert hatten, keinen signifikanten Anstieg von Gewalt. Diese Informationen erhielten die Forscher*innen von den Gewaltopfern, die das Verhalten des Täters beschrieben.

Die Forscherinnen und Forscher eruierten auch, wann die Anrufe bei der Polizei wegen häuslicher Gewalt stiegen: Begann etwa ein Spiel um 15 Uhr, gab es einen Anstieg der Anrufe bei der Polizei und Notrufnummern gegen 19 Uhr. Doch die höchste Anzahl der Meldungen gab es noch um einiges später, nämlich zwischen eins und drei Uhr morgens. Das konnten die Forscher*innen mit einem anhaltenden Alkoholkonsum in diesen Stunden in Zusammenhang bringen. "Spiele, die für Mittags oder Nachmittag geplant sind, ermöglichen den Tätern, früh mit dem Trinken zu beginnen und es den ganzen Tag fortzusetzen", sagt Ria Ivandic, Dozentin für Politische Ökonomie an der University of Oxford und dem Centre for Economic Performance. Das führe am späten Abend zu einem Höhepunkt der häuslichen Gewalt.

Zeit zu trinken reduzieren

Dass Sportereignisse zu einem Anstieg von häuslicher Gewalt führen, ist nicht neu. Auch während und nach Spielen von American Football konnte bereits in den 1980er-Jahren etwa für den US-Bundesstaat Virginia ein Anstieg von weiblichen Gewaltopfern in den Notaufnahmen beobachtet werden. Eine andere Studie aus Australien konnte dies im Zusammenhang mit Rugby zeigen. Deren Autor*innen, wie auch jene der aktuellen Studie des Centre for Economic Performance, verwiesen darauf, dass es helfen würde, wenn man Alkohol als ständigen Begleiter von Sportereignissen zurückdrängen würde.

Im Jahr 2014 initiierte in Großbritannien das "National Centre for Domestic Violence" das erste Mal eine Kampagne, um auf den Anstieg von häuslicher Gewalt im Rahmen von Fußballspielen aufmerksam zu machen. Geht es nach den Studienautor*innen der aktuellen Untersuchung, müsste bei solchen Kampagnen allerdings der Faktor Alkohol stärker berücksichtigt werden. Ihre Ideen gehen auch über gutes Zureden hinaus: Sie schlagen Beschränkungen des Verkaufs von Alkohol in Stadien vor. Ebenso könnte man Spiele verstärkt an Wochentagen oder später am Abend stattfinden lassen, um endlose Trinkgelage zu verhindern. (beaha, 12.7.2021)