Gehört zur Kunstsammlung Hans Dichands: das Gemälde "Danae" von Gustav Klimt (1907/08). Öffentlich zu sehen war es zuletzt im Rahmen einer Klimt-Schau 2008 im Belvedere.

Foto: Repro Wvz, Taschen-Verlag

Die mediale Auswertung der Chat-Protokolle des Ex-Öbag-Chefs Thomas Schmid, die aus Sicht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Umfeld der Entstehungsgeschichte der Staatsholding von "abstrakter Relevanz" sind, nimmt kein Ende. Unter dem Titel "Der Dichand-Krimi" thematisierte "Österreich" in seiner Wochenendausgabe nicht nur einen "Äthiopien-Luxusurlaub" im Frühjahr 2019, sondern auch eine mutmaßliche "Steuer-Causa" im Umfeld der Familie Dichand, die im Zusammenhang mit der legendären und an die 300 Millionen Euro schweren Kunstsammlung des 2010 verstorbenen Hans Dichand stehen soll.

Dem STANDARD vorliegenden Informationen zufolge handelte es sich bei der Äthiopienreise um einen Privaturlaub, für den Schmids Sekretärin die Tickets buchte und teilweise privat in Vorkasse trat. Mit von der Partie waren, wie berichtet, das Medienmanagerehepaar Christoph und Eva Dichand sowie Martin Böhm, Chef des 2001 unter Karl-Heinz Grassers Regie unter Schwarz-Blau privatisierten Auktionshauses Dorotheum.

Private Spende

Böhm gehört auch zum prominenten Kreis der ÖVP-Spender: 2017 ließ er 100.000 Euro springen, 2019 weitere 20.000 Euro. Namens des Dorotheums und somit steuerlich absetzbar? Nein, widersprach Böhm auf STANDARD-Anfrage im Sommer 2019 vehement, die finanzielle Unterstützung sei "rein privater Natur" gewesen.

Seine Verbindung zur Familie Dichand datiert noch aus Jugendtagen, wenngleich man bis heute auch geschäftlich miteinander verbandelt ist: Eva und Christoph halten über ihre Bertha-Privatstiftung einen Anteil von 15,98 Prozent am Dorotheum, Aufsichtsratsmitglied Johanna Dichand einen von 13,65 Prozent. Man teilt also das Interesse an Kunst und das lukrative Business mit selbiger.

Die Dichand-Kinder sind damit aufgewachsen: Vater Hans gehörte zu einem der ambitioniertesten Sammler mit einem erklärten Schwerpunkt auf die Epoche der Klassischen Moderne heimischer Herkunft. Darunter klingende Namen von Kreateuren vom Range eines Gustav Klimt, Egon Schiele, Oskar Kokoschka, auch Carl Moll, Albin Egger-Lienz oder Alfred Kubin.

Zollfreilager

Als Leihgaben gastieren die wertvollen Dichand-Schützlinge nur selten bei Ausstellungen. Zu den prominentesten Beispielen gehört Gustav Klimts wertvolles und zwischenzeitlich wohl an die 50 Millionen Euro teure Gemälde "Danae" (1907/08), das 2008 im Rahmen einer Klimt-Ausstellung im Belvedere gezeigt wurde. 2019 konnte man wiederum im Leopold-Museum im Zuge der großen Kokoschka-Schau einen Blick auf das mehr als vier Meter breite, einst für Alma Mahler-Werfels Villa am Semmering geschaffene Wandbild werfen. Hans Dichand hatte es 1993 erworben und 1995 bei der Kunstmesse Art Basel um 16 Millionen Schilling angeboten. Es blieb unverkauft und in Familienbesitz.

Physisch lagerte es wie unzählige andere Gemälde über Jahrzehnte in einem Zollfreilager. Dafür hatte der Sammler und Teilzeitgalerist (Galerie Würthle) gute Gründe: Einer davon war wohl die bis 1993 in Österreich gültige Steuer auf Inlandsvermögen in der Höhe von zwei Prozent des Schätzwertes. Dazu fürchtete Dichand etwaige Probleme mit dem Bundesdenkmalamt: für wichtige Werke der heimischen Kunstgeschichte, die er im Ausland erworben hatte und denen bei einer Einfuhr nach Österreich ein Unterschutzstellungsverfahren drohte.

Im Detail ist die Sammlung Dichand, die teilweise auch auf Privatdomizile in Österreich und im europäischen Ausland verteilt ist, für Außenstehende über die Jahre ein großes Mysterium geblieben. Nach Dichands Ableben im Juni 2010 hat sie im bis zum Herbst 2018 dauernden Verlassenschaftsverfahren eine Rolle gespielt. Zu welchen Anteilen die Sammlung seiner Witwe und den drei Kindern Michael, Christoph und Johanna übertragen wurde, ist unbekannt.

Einfuhrumsatzsteuer

"Österreich" zitiert einen "Insider aus dem Finanzministerium": Demnach habe die Familie jene Teile der Kollektion nach Österreich zurückzuholen versucht, die zuletzt in Zollfreilagern im Ausland lagerten. Dafür wäre eine Einfuhrumsatzsteuer angefallen: in der Höhe von 13 Prozent und nicht 20, wie von dem "Insider" behauptet.

Die Familie habe diese Steuer nicht zahlen wollen, Thomas Schmid sollte eine "konstruktive Lösung" dafür finden, schreibt "Österreich". Eine Erklärung dafür, warum die Familie künftig auf die Vorzüge eines Zollfreilagers verzichten und die Kunstwerke partout nach Österreich transportieren wollte, hatte der Informant nicht parat. Dem Vernehmen nach soll es gar keinen Re-Import gegeben haben. Vonseiten der Familie Dichand gibt es keine offizielle Stellungnahme.

Parlamentarische Anfrage

Ob im Finanzministerium überhaupt eine Steuercausa im Zusammenhang mit der Kunstsammlung bekannt ist, war nicht in Erfahrung zu bringen: Es gilt die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht. Den Nationalratsabgeordneten Christian Hafenecker (FPÖ) tangiert derlei nicht. Er hat am letzten Donnerstag eine parlamentarische Anfrage zur "Causa Dichand – mögliche Steuererlässe durch Intervention des damaligen Generalsekretärs Thomas Schmid im Jahr 2018" eingereicht. (Olga Kronsteiner, 13.7.2021)