Soldaten unterstützen die südafrikanische Polizei bei der Eindämmung der Krawalle.

Foto: AFP / Marco Longari

Kapstadt – Nach tagelangen Ausschreitungen mit mindestens 32 Toten und zahlreichen Verletzten hat die Regierung in Südafrika Soldaten in zwei Provinzen entsandt. Er habe die Entsendung von Streitkräften in die Provinzen Gauteng und Kwazulu-Natal autorisiert, um die dortige Polizei zu unterstützen, sagte Präsident Cyril Ramaphosa am Montagabend in einer Fernsehansprache. Hintergrund der Ausschreitungen ist die Inhaftierung des früheren südafrikanischen Staatschefs Jacob Zuma.

Angesichts einer Überzahl von Plünderern schritt die Polizei an vielen Orten erst relativ spät ein. Es gab bisher insgesamt knapp 500 Festnahmen.

"Akte der Gewalt"

"In den vergangenen Tagen und Nächten hat es Akte der Gewalt von einer Art gegeben, die wir in der Geschichte unserer Demokratie selten erlebt haben", sagte Ramaphosa, der sich angesichts der Vorgänge "traurig" zeigte. Es war bereits der zweite Tag in Folge, an dem Ramaphosa in einer Rede an die Nation Stellung zu der Gewalt im Land nahm.

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Nach tagelangen gewalttätigen Protesten und Plünderungen hat das Militär in Südafrika in den betroffenen Regionen mit Patrouillen begonnen. Ein Bild aus Soweto.
Foto: REUTERS/Siphiwe Sibeko

In der Provinz Kwazulu-Natal seien insgesamt 26 Menschen ums Leben gekommen, erklärte der Regierungschef der Provinz, Sihle Zikalala, auf einer Pressekonferenz am Dienstag. Aus der Provinz Gauteng waren bereits am Montag sechs Tote gemeldet worden.

Zahlreiche Korruptionsvorwürfe

Der langjährige Präsident Zuma war Ende Juni vom Verfassungsgericht wegen Missachtung der Justiz zu einer 15-monatigen Haftstrafe verurteilt worden, die er vergangene Woche antrat. Während viele Südafrikaner die Inhaftierung des Ex-Staatschefs als Erfolg für die Rechtsstaatlichkeit des Landes feierten, gingen Unterstützer Zumas auf die Straße. Zuma muss sich vor einer Untersuchungskommission wegen diverser Korruptionsvorwürfe während seiner Amtszeit von 2009 bis 2018 verantworten, war aber einer Vorladung nicht gefolgt.

Die Proteste schlugen vielerorts in Gewalt um. Am Montag wurden den vierten Tag in Folge vor allem in Kwazulu-Natal, der Heimatprovinz Zumas, Gebäude in Brand gesetzt und Häuser geplündert. Demonstranten legten in einem Einkaufszentrum in der Provinzhauptstadt Pietermaritzburg Feuer. In Eshowe, einer Stadt in der Nähe von Zumas Wohnort Nkandla, eröffnete die Polizei das Feuer, um die Menschenmenge auseinanderzutreiben.

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Durban.
Foto: AP Photo/Andre Swart

In der besonders stark betroffenen Hafenstadt Durban teilte die Stadtverwaltung am Dienstag mit, dass es wegen der Proteste bei den städtischen Versorgungsdiensten – etwa der Wasserversorgung – zu Problemen kommen könne. Dringende Reparaturarbeiten könnten nicht ausgeführt werden.

Krawalle und Plünderungen

Chaotische Szenen spielten sich auch in Johannesburg ab: Dutzende Autos wurden angezündet, Fensterscheiben von Geschäften eingeschlagen. In wohlhabenderen Vierteln schlossen viele Läden vorzeitig. Ein Wachmann eines Einkaufszentrums im wohlhabenden Vorort Rosebank sagte der Nachrichtenagentur AFP, das Einkaufszentrum sei aufgrund von Informationen über sich nähernde Plünderer frühzeitig dichtgemacht worden.

Ein Polizeihubschrauber kreiste über dem Johannesburger Vorort Soweto, wo ebenfalls Plünderer unterwegs waren. Sie trugen teilweise riesige TV-Sets und andere Elektrogeräte wie Mikrowellen aus Geschäften.

In seiner Fernsehansprache warnte Ramaphosa, die Ausschreitungen hätten wichtige Lieferketten unterbrochen, was Südafrika innerhalb weniger Wochen "einem großen Risiko von Lebensmittel- und Medikamentenunsicherheit aussetzten" könne. Besonders während der Corona-Pandemie könne das lebensbedrohliche Folgen haben.

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Johannesburg.
Foto: AP Photo/Themba Hadebe

Zerstörte Impfzentren

Auch Experten warnten, dass die Ausschreitungen die Corona-Impfkampagne in Südafrika beeinträchtigen könnten. Bereits jetzt seien Impfzentren "zerstört oder geplündert" worden. Ramaphosa sagte, die gerade in Fahrt gekommene Impfkampagne sei "ernsthaft gestört" worden. Südafrika ist das am schwersten von der Corona-Pandemie betroffene Land auf dem afrikanischen Kontinent. Die Pandemie hat das Land in eine schwere Wirtschaftskrise gestürzt und die Arbeitslosenzahlen nach oben schnellen lassen.

Vor allem bei ärmeren Südafrikanern ist der 79-jährige Zuma auch nach zahlreichen Korruptionsaffären immer noch beliebt. Der frühere Kämpfer gegen die Apartheid war 2009 als Hoffnungsträger der Armen an die Macht gekommen. Bei vielen Südafrikanern verspielte er durch seine zahllosen Korruptionsaffären aber jegliche Glaubwürdigkeit. Anfang 2018 kam der skandalumwitterte Präsident mit seinem Rücktritt einer Absetzung zuvor.

Am kommenden Montag soll Zuma erneut vor Gericht erscheinen. In dem noch laufenden Verfahren geht es um einen Rüstungsskandal aus dem Jahr 1999; Zuma war damals Vizepräsident. Im Zusammenhang mit dem Skandal ist er unter anderem wegen Betrugs, Bestechung und organisierter Kriminalität angeklagt. (APA, AFP, Reuters, red, 13.7.2021)