Das Hauptziel dieses Blogs ist es nicht, zu versuchen, die zahlreichen UAP-Sichtungen und mit ihnen verwandte Phänomene zu erklären oder zu interpretieren. Weder in Form einer Enthüllung oder Entlarvung ("debunking") mittels ausschließlich konventioneller Erklärungen – reichend von militärischer Geheimtechnologie über optische Täuschungen, Gerätefehler, Halluzinationen et cetera – bis zu von Regierungsseite her absichtlich gestreuten Desinformationen, um von anderen Themen abzulenken.

Noch in Form einer Betonung besonders esoterische Erklärungen – hier reichend von Außerirdischen, über Innerirdischen (parallel zu uns existierenden Zivilisationen dieser Erde, eventuell in den Tiefen der Meere), Zeitreisenden, Wesen aus Parallelwelten oder ähnlichem.
Und damit hätten wir noch nicht einmal an den tatsächlich wahnwitzigen Theorien echter UFO-Fanatiker gekratzt.

Um die Mehrzahl der Phänomene auf die eine oder andere Weise zu erklären, sind diese noch viel zu ungenau erforscht, es gibt viel zu wenige Belege, viel zu wenig definitive Erkenntnisse in welche Richtung auch immer.

Kurswechsel mit langem Wendekreis

Die Hauptabsicht dieses Blogs ist vielmehr, die neuen Entwicklungen rund um das Thema UAP und anderen bisher unerklärlichen Phänomenen zu beobachten. Denn hier hat sich einiges geändert und ändert sich derzeit rasant. Wo früher praktisch jeder seriöse Wissenschafter vor dem Thema zurückgeschreckt ist oder es nach kurzer Berührung wie die sprichwörtlich heiße Kartoffel wieder fallen gelassen hat, interessieren sich inzwischen immer mehr renommierte Forscher für die Problematik, wagen sich vorsichtig aus der Deckung und widmen sich dem Thema.

Wie unter anderem die Uni Würzburg, die im Rahmen der Professur für Raumfahrttechnik die Forschung zu UAPs als einen ihrer Schwerpunkte hat; Kevin Knuth, Professor für Physik an der University of Albany und Nasa-Mitarbeiter, der schon einige Artikel über mögliche Antriebsformen unbekannter Flugobjekte publiziert hat; Lex Fridman, Forscher am MIT für künstliche Intelligenz, der in seinem sehr populären und ursprünglich ganz anderen Themen gewidmeten Wissenschaftspodcast immer mehr Platz für die Suche nach und Berichten über bisher unbekannte Phänomenen einräumt; der bekannte Astronom Avi Loeb, der sich unter anderem in mehreren Artikeln in "Scientific America" mit den Möglichkeiten und Implikationen auseinandergesetzt hat, dass Ufo-Sichtungen auf außerirdische Fahrzeuge zurückzuführen sind. Dazu noch eine weitere Handvoll. Vielleicht nicht wirklich viele, aber vor ein paar Jahren wären es noch weniger gewesen – oder gar keine. Zuletzt hat sich auch der neue Chef der Nasa dafür ausgesprochen, dass sich seine Wissenschafter künftig mehr mit UAPs beschäftigen sollen. Das ist ein deutlicher Kurswechsel.

Immer mehr Berichte und Wissenschafter beschäftigen sich mit dem Thema Ufo.
Collage: Uni Würzburg/Pentagon/Scientific American/WMFE

Das Tabu

Denn obwohl es unerklärte Phänomene zweifellos gibt, wurden sie in den letzten Jahrzehnten, besser gesagt in den letzten 100 Jahren von der Forschung weitgehend ignoriert. Nach einer Periode des wissenschaftlichen Aufbruchs im 19. Jahrhundert, in der noch alles erforscht wurde, was nicht niet- noch nagelfest war, von Kontinentaldrift bis Odkraft (Lebenskraft der Seele), zog sich die Wissenschaft bald (aus naheliegenden Gründen) auf Gebiete zurück, die sich experimentell wiederholen ließen oder für die es handfeste physische, chemische oder zumindest mathematische Beweise gab.

Dinge, die nur 1. gelegentlich passierten, 2. anekdotisch berichtet wurden oder 3. kaum mit greifbaren Fakten belegt waren, schloss man dagegen zunehmend aus. Dieser Zugang hat sich ja auch sehr bewährt und wir konnten damit ferne Galaxien genauso entdecken wie subatomare Teilchen. Und natürlich spricht auch nichts dagegen, diesen Weg fortzusetzen.

Aber es spricht auch nichts dagegen sich zusätzlich Dingen zuzuwenden, die eben vielleicht nur 1. gelegentlich passieren, 2. anekdotisch berichtet werden oder 3. kaum mit greifbaren Fakten belegt sind – allerdings dennoch da sind. Hartnäckig. So wie Kugelblitze, die lange als Phantom und Thema non grata in der Wissenschaft angesehen wurden, aber mittlerweile doch als untersuchungswürdig angesehen werden, obwohl noch immer nicht klar ist, was sie sind und wie sie zustande kommen.

Freilich herrscht nach wie vor ein Tabu im Großteil der Wissenschaft (aber auch in der Politik und im Journalismus), sich mit solchen sporadischen Phänomenen wie Ufos ernsthaft zu beschäftigen. Außer in irgendwelchen Sensationsblättern wird kaum einigermaßen groß und regelmäßig berichtet, kein Politiker verbrennt sich die Finger, indem er etwa laut Nachforschungen über mysteriöse und theoretisch bedrohliche unbekannten Flugobjekte fordert, die den eigenen Luftraum penetrieren. Die meisten Wissenschafter halten sich ebenfalls bedeckt, aus – begründeter – Angst ihre Glaubwürdigkeit und/oder ihre Förderungen zu verlieren.

In einem TEDx-Vortrag hat Anfang 2020 ein prominenter Politikwissenschafter genau diese Problematik angesprochen und eine ernsthafte Erforschung des Ufo-Phänomens gefordert. Am Schluss seiner Rede erklärte er, wieso er glaubt, dass dieses Thema so lange tabu war. Er sieht die Lösung in der grundsätzlichen Bedeutung des Wortes. Mit einem Tabu wurde etwas belegt, vor dem man sich fürchtete. Und es ist eben Angst, die seriöse Menschen davon abhält, sich mit (scheinbar) unseriösen Phänomenen auseinanderzusetzen. Diverse Ängste um genau zu sein. Einerseits die Ängste rund um ihre eigene Glaubwürdigkeit, andererseits aber durchaus auch die Angst tatsächlich etwas zu finden. Etwas, das ihr Weltbild nachhaltig erschüttern könnte.

TEDx Talks

Der Paradigmenwechsel

Aber wie gesagt, derzeit ändern sich die Dinge. Die tröpfchenweise als authentisch bestätigten Videos und Fotos von Ufos durch das amerikanische Militär und Pentagon, die Aussagen von hochrangigen Generälen und Politikern lassen die steinerne Mauer des Schweigens und die Ablehnung, die bisher rund um dieses Thema geherrscht hat, langsam zerbröckeln. Sogar der ehemalige US-Präsident Barack Obama hat sich dazu geäußert, und zugegeben, dass es da "unerklärte Dinge" gibt. Im Juni hat der US-Kongress durch Militär und Geheimdienste berichten lassen, was diese über unbekannte Flugphänomene (UAPs – Unidentified Aerial Phenomena) wissen. Wie zu erwarten war, wurde dort nicht sofort alles auf den Tisch gelegt (jedenfalls nicht im dürren – netto sechsseitigen – öffentlichen Bericht) und keine abschließende Aufklärung der Phänomene präsentiert.

Der Bericht trägt das "vorläufig" sogar im Titel. Vielmehr wurde genau das gesagt, was Leute, die sich schon seit langem mit diesen Dingen beschäftigen, immer schon gesagt haben: Da ist etwas, aber wir wissen nicht was.

Der Paradigmenwechsel besteht nun allerdings darin, statt genau das zu sagen und anschließend zu ignorieren, genau das zu sagen und sich anschließend daranzusetzen, es zu erforschen. Was diese Erforschung ergeben wird? Abwarten.

Natürlich gibt es viel Schwachsinn, viel Scharlatane, viele Aluhüte und viele Lügner da draußen. Aber es gibt auch Daten, zigtausende, zehntausende sogar, die eigenartige und bisher unerklärte Phänomene belegen. Diese zu erforschen wird sicher oft ins Leere führen, aber würde sicher auch so einiges Neues, Spannendes und Verblüffendes ans Licht bringen. Wie auch all die Wagemutigen im Zeitalter der Forscher und Entdecker auf ihren Segelschiffen oft mit nichts nach Hause zurückkamen oder sogar Schiffe und Leben verloren. Oder aber neue Inseln entdeckten, neue Kontinente und sogar neues Leben.

Hinschauen statt wegschauen

Es wäre übrigens nicht der erste Paradigmenwechsel zu meinen Lebzeiten. Als ich in die Schule gegangen bin, dachte man noch, Tiere hätten keine Gefühle – haben sie, nach einer aktuellen Studie gibt es sogar mehrere hundert Arten, die lachen können; Elefanten und andere Tiere betrauern erwiesenermaßen ihre Toten und können sich an sie erinnern –, Tiere hätten keine echte Intelligenz und Sprache – haben sie und sie können sogar unsere lernen und über gedrückte Knöpfe benutzen; darunter nicht nur Primaten, Delphine und Krähen, sondern auch Hunde und Katzen –, es gäbe keine Homosexualität im Tierreich – wir kommen mit dem Zählen der Arten gar nicht mehr nach, die Homosexualität regelmäßig ausüben –, Fette sind für unsere Ernährung ungesund, Kohlenhydrate dagegen super – heute sehen das viele genau umgekehrt –, es gäbe vermutlich keine oder nur sehr wenig andere Planeten außerhalb unseres Sonnensystems – mittlerweile wissen wir, dass sie allein in unserer Galaxie in die hunderten Milliarden gehen, davon rund sechs Milliarden erdähnliche in habitablen Zonen rund um deren Sonnen, sogar ganz in unserer Nähe.

Also, was wäre da ein weiterer kleiner Paradigmenwechsel unter Freunden? Kurz gesagt, es wird Zeit aufzuhören, einfach wegzuschauen, weil einem Dinge nicht in den Kram passen, sondern die Ärmel hochzukrempeln und sich stattdessen endlich darum zu kümmern. Denn das ist das, was Wissenschaft tun sollte.

Übrigens wurde dem Pentagon vom US-Kongress eine 90-tägige Nachfrist gesetzt, um dem ersten vorläufigen Bericht eine genauere Einschätzung folgen zu lassen. Und die Mitglieder des Geheimdienstausschusses, Republikaner wie Demokraten, fordern eine konsequente, nachhaltige und fortlaufende Erforschung der Phänomene sowie öffentliche Hearings. Wie schon gesagt: Es bleibt spannend. (Harald Havas, 16.7.2021)